Was ist mit dem Einrahmungskonzept gemeint?

1 Antwort

Der Zusammenhang, auf den sich die in der Frage gemeinte Einrahmung bezieht, fehlt leider.

Wahrscheinlich ist aber eine versuchte Strategie autoritär-konservativer Kräfte gegenüber den Nationalsozialisten im Jahr 1933 gemeint.

Sie bildeten zusammen mit den Nationalsozialisten die Regierung und verhalfen ihnen so zur Macht. Insgesamt 3 Nationalsozialisten im Kabinett standen 8 Konservative (darunter kamen 5 Minister aus der Deutschnationalen Volkspartei [DNVP]) gegenüber. Ihre Absicht war, die Nationalsozialisten für ihre Zwecke zu verwenden und durch eine Übermacht im Kabinett zu kontrollieren („Zähmung“). Sie vertrauten auf die Eingriffsmöglichkeiten des Reichspräsidenten Paul vom Hindenburg und ihre eigene gesellschaftliche Stellung.

http://www1.bpb.de/themen/1JTI8Q,2,0,Beginndernationalsozialistischen_Herrschaft.html: „Formierung der Diktatur

Kaum etwas deutete am Morgen des 30. Januar 1933 darauf hin, daß mit der Ernennung Hit[...] zum Kanzler des Deutschen Reiches und der Vereidigung der neuen Regierung tatsächlich ein neues Kapitel in der deutschen Geschichte aufgeschlagen wurde. Vizekanzler Franz von Papen war zufrieden mit seinem politischen Geschick und vertraute auf die Macht des Reichspräsidenten. "Was wollen Sie denn? Ich habe das Vertrauen Hindenburgs", antwortete er auf die skeptische Frage eines konservativen Kritikers. Auch Reichspräsident Hindenburg war zufrieden, sah er doch im neuen Kabinett vor allem vertraute Gesichter, den Reichsaußenminister Konstantin von Neurath, Reichsfinanzminister Lutz von Schwerin von Krosigk und Reichsjustizminister Franz Gürtner. Als der eigentliche starke Mann im neuen Kabinett galt fast allen Beobachtern der neue "Wirtschaftsdiktator", der Parteiführer der DNVP Alfred Hugenberg, der Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium gleichzeitig übernahm und kommissarisch auch für die entsprechenden preußischen Ministerien verantwortlich war. Um das Konzept der Einrahmung zu vervollständigen, wurde der Führer des "Stahlhelms" Franz Seldte zum Reichsarbeitsminister ernannt. Zudem war vor dem übrigen Kabinett bereits der künftige Reichswehrminister Generalleutnant Werner von Blomberg vereidigt worden, um die Sonderstellung der Reichswehr zu unterstreichen. Als weitere Bastion gegen die Nationalsozialisten wurde Vizekanzler von Papen zum kommissarischen preußischen Ministerpräsidenten ernannt.

Unterschätzung der NSDAP

Die wenigen Nationalsozialisten schienen tatsächlich von Repräsentanten der alten Machtgruppen eingerahmt zu sein: Neben dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler saßen lediglich Wilhelm Frick als Reichsinnenminister und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich und kommissarischer preußischer Innenminister im Kabinett. Hinzu kam, daß keines der Kabinettsmitglieder der NSDAP über eine größere Regierungs- und Verwaltungserfahrung oder über eine längere parlamentarische Erfahrung verfügte, wenn man von der kurzen Amtszeit Görings als Reichstagspräsident (seit den Juliwahlen 1932) einmal absah. Hitler hatte zuvor den Reichstag nie betreten, und seine Unterführer hatten die Parlamente in Reich und Ländern nur als Bühne für ihr agitatorisches Auftreten benutzt.

[…]

Waren sich die Mehrheit der politischen Verbündeten und auch der Gegner darum einig, daß die Nationalsozialisten im für sie ungewohnten Regierungsgeschäft bald politisch abwirtschaften würden, so sollte sich bald das Gegenteil herausstellen. Im April 1933 berichtete der französische Botschafter André François-Ponçet nach Paris: "Als am 30. Januar das Kabinett Hitler/Papen an die Macht kam, versicherte man, daß in der Regierung die Deutschnationalen [...] Hitler und seinen Mitkämpfern Paroli bieten würden, daß die Nationalsozialisten mit der Feindschaft der Arbeiterklasse zu rechnen haben und daß schließlich die Katholiken der Zentrumspartei die Legalität verteidigen würden. Sechs Wochen später muß man feststellen, daß all diese Dämme, die die Flut der Hitler-Bewegung zurückhalten sollten, von der ersten Welle hinweggespült wurden."

Daß die Dämme nicht hielten, hatte viele Gründe: Sicherlich war einer davon die Dynamik der nationalsozialistischen Bewegung, die nun endlich ihre Chance zur Abrechnung mit dem politischen Gegner, zu Aufstieg und Macht gekommen sah. Auch die propagandistischen Verführungskünste der Nationalsozialisten zusammen mit den nationalen Erlösungs- und Veränderungserwartungen des Publikums spielten eine Rolle. Ebenso entscheidend war auch die Schwäche der Dämme in Politik, Verwaltung und Gesellschaft selbst, die äußerlich zwar nach wie vor mächtig wirkten, innerlich schon längst unterminiert waren und an Selbstvertrauen verloren hatten.“

Albrecht  29.11.2009, 21:39

http://www.jaecker.com/2001/04/die-machtergreifung-der-nsdap/: „Erst eine Initiative des ehemaligen Reichskanzlers von Papen brachte Hitler zur Jahreswende 1932/33 wieder ins Spiel. Von Papen - offenbar nicht besonders glücklich damit, dass nun von Schleicher Kanzler war, versuchte Hindenburg umzustimmen. Gestützt auf Absprachen mit DNVP-Führer Hugenberg und anderen Fürsprechern in der Umgebung des Reichspräsidenten machte er den Vorschlag: Hitler wird Reichskanzler, er selbst wollte Vizekanzler werden. Hindenburg stimmte schließlich zu und Hitler wurde Reichskanzler einer sogenannten „Regierung der nationalen Konzentration”. Die bestand aus drei Nationalsozialisten und acht deutschnationalen oder parteilosen konservativ-nationalen Ministern. Von Papens Plan war, durch diese starke „Einrahmung” der nationalsozialistischen Regierungsmitglieder Hitler und seine Partei zu zähmen. Auf Hitler gemünzt war sein Ausspruch: „Wir haben ihn uns engagiert” und selbstsicher behauptete er: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht.“

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HellnHeaven 
Fragesteller
 30.11.2009, 15:52
@Albrecht

Kam leider etwas spät, aber trotzdem danke für die Mühe! :)

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