1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

boah, Gerechtigkeit. Schwieriges Thema.

Ich bin der Meinung, dass wir ohne Gesetze in eine Anarchie verfallen würden.... ohne "Verhaltensrichtlinien" würde der Großteil der Menschen nicht so harmonisch zusammen leben, wie es augenblicklich passiert - meine feste Überzeugung.

Verstößt jetzt jemand gegen die Gesetze, ist er zur Verantwortung zu ziehen. Die Kunst, hierbei "Gerechtigkeit" zu schaffen, obliegt den Richtern, die eben nicht nur objektive Tatbestände sehen und bei jeder Straftat gleich urteilen, sondern die subjektive Tatentscheidung und die äußeren Umstände mitberücksichtigen und würdigen.

Ein Beispiel: Ich bin reich, will aber reicher sein und stehle dir deswegen 5 €.

Der andere leidet Hunger und stielt zwei Sandwiches im Wert von 5€

Hier wäre es nicht gerecht, beide gleich zu bestrafen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Seit über 15 Jahren Polizeivollzugsbeamter
Libere123 
Fragesteller
 28.12.2021, 18:27

Danke für die Antwort. Wäre es noch möglich zu drei Zitaten, die ersten Zwei von Blaise Pascal (16.Jh.), Stellung aus der Sicht eines Vollzugsbeamten zu nehmen? Mir ist bewusst dass ein Vollzugsbeamter kein Richter - nicht die Judikative ist, aber immerhin der verlängerte Arm der Exekutive, jemand der das Recht vollzieht und so nochmal eventuell einen anderen Blick hat.

Zitat 1: "Gerechtigkeit, Macht. – Es ist richtig, dass der Gerechtigkeit gehorcht wird; es ist notwendig, der Stärke zu gehorchen. Gerechtigkeit ohne Macht ist hilflos; Macht ohne Gerechtigkeit ist tyrannisch. Gerechtigkeit ohne Macht wird widerlegt, denn es gibt immer Täter; Macht ohne Gerechtigkeit wird verurteilt. Wir müssen dann Gerechtigkeit und Macht vereinen und zu diesem Zweck das Gerechte stark oder das Starke gerecht machen."

Zitat 2: "Gerechtigkeit ist umstritten; Macht ist leicht zu erkennen und wird nicht bestritten. So können wir der Gerechtigkeit keine Macht verleihen, denn die Macht hat der Gerechtigkeit widersprochen und erklärt, dass sie selbst gerecht ist. Und da wir nicht in der Lage sind, das Gerechte stark zu machen, haben wir das Starke gerecht gemacht.“

Zitat 3: "Das Gesetz beschütz die Leute nicht. Die Menschen beschützen das Gesetz. Die Menschen haben immer das Böse verachtet und haben nach einer gerechten Lebensweise gesucht. Die Gefühle, die Anhäufung der Gefühle der Menschen sind das Gesetz. Sie sind weder Bestimmungen, noch das System selbst. Sie sind das fragile und unersetzliche Gefühl, dass alle im Herzen tragen."

Wäre nicht schließlich die Anarchie das höchste Maß von Gemeinschaftlichkeit, wenn es nicht mehr notwendig ist vom Gesetz gemaßregelt zu werden, sondern als soziales Individuum selbst soziales Handeln als Natürlichkeit erachtet, worauf das Gesetz beruht?

Michael Sandals 1982 'Liberalismus und die Grenzen von Gerechtigkeit': "Die Höchste Priorität sei nicht die Freiheit oder das Gerechte, sondern 'das Gute'."

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Dommie1306  28.12.2021, 18:59
@Libere123

Zu Zitat 1:

So ist es. Macht ist in dem Fall meiner Meinung nach eben die Möglichkeit, Fehlverhalten zu sanktionieren, also das Gewaltmonopol des Staates. Aber nur Macht, ohne für "das Richtige" einzusetzen, führt zur Willkür und eben zur Tyrannei.

Zitat 2: Sehe ich anders. Die Macht ist nicht per se gerecht. Das Zitat legt nahe, dass "Macht" bzw. "das Starke" gerecht gemacht wurde. Aber das sehen wir ja, dass dem nicht so ist. Sonst müsste ja "die Macht" keine gesetzlichen Grenzen unterliegen.

Zitat 3: Klar, ein Gesetz ist nur so lange gültig, wie es von den Menschen beachtet wird. Wenn von heute auf morgen alle sagen, dass Beleidigungen okay sind, wird es keine Straftat "Beleidigung" mehr geben. Die Werte und Normen, welche in der jeweiligen Bevölkerung vorherrschend sind, fließen ja über kurz oder lang in die Gesetzgebung mit ein.

Abschließend: Wenn eine Anarchie klappen würde, wäre sie vermutlich wünschenswert. Da dies aber einfach nur im Faustrecht enden und der Stärke den Schwächeren unterdrücken würde, bin ich kein großer Fan von dieser Idee ;-)

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KittyCat2909  28.12.2021, 23:50
@Dommie1306

"nullum crimen sine lege".

Das gilt (leider? ^^) auch für Anarchie. Anarchie ist nichts anderes : Jeder ist sich selbst der Nächste. Eine funktionierende Gesellschaft gäbe es nicht mehr- damit auch kein Miteinander.

Ohne Regeln- die eben zu geltenden Gesetzen gemacht wurden, um ein faires und halbwegs gutes Miteinander leben zu können, würde es letztendlich vom totalen Chaos zu Vernichtung kommen bzw nur noch wenige übrig bleiben.

Anarchie hätte vielleicht einmal vor vielen vielen Jahren funktionieren können, als es nicht so viele Menschen gab- in der modernen Welt wie der heutigen, ist dies schier unmöglich.

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Dommie1306  29.12.2021, 06:11
@KittyCat2909

Genau das, danke für die Ergänzung. Wenn es Anarchie geben könnte - eine friedliche - wäre das wohl das Paradies...

So ähnlich rede ich übrigens über die Partei "Die Linke": Wären wir in einer vollkommenen Welt, würde ich sofort die Linken wählen! Leider müssen wir uns mit unserem status quo abgeben und da sind mir die Pläne von den Linken einfach zu unrealistisch (ich sag nur mal: Keinerlei Überwachung des Internet. Ja klar! Lasst und Kinderpornographie und Kreditkartenbetrug de facto legalisieren, ist bestimmt ein super Plan!).

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