Warum spricht man bei Beuteltieren und Säugetieren von einem Musterbeispiel für die konvergente Evolution?

2 Antworten

Erstens muss man festhalten, dass die Beuteltiere ebenfalls zu den Säugetieren gehören. Gemeinsam mit den höheren Säugetieren, auch Plazentatiere (Placentalia oder Eutheria) genannt bilden die Beutelsäuger (Marsupialia) die Gruppe der Theria. Die Theria wiederum stehen als Schwestergruppe den Eierlegenden Säugetieren (Monotremata) gegenüber, die eine heute nur noch aus wenigen Arten bestehende Gruppe recht ursprünglicher Säugetiere vertreten. Zu letzteren gehören unter anderem das Schnabeltier sowie die verschiedenen Lang- und Kurzschnabeligelarten.

Darum muss die Frage ein kleines bisschen anders gestellt werden: warum spricht man bei Beuteltieren und Placentalia von einem Musterbeispiel für konvergente Evolution?

Das lässt sich durch einen Blick in die Vergangenheit beantworten. Ursprünglich waren sämtliche Landmassen zu einem großen Kontinent (Pangaea) vereint, der mit der Trias begann, allmählich in einen Nord- (Laurasia) und einen Südkontinent (Gondwana) zu zerfallen. Laurasia bestand im Wesentlichen aus Nordamerika, dem heutigen Europa und großen Teilen Asiens; Gondwana aus den Landmassen, die heute Südamerika, Afrika, Antarktika, Australien, Madagaskar und den indischen Subkontinent bilden.
Nun ist es so, dass Australien sich recht früh von den anderen Landmassen Gondwanas abtrennte, etwas später folgte Südamerika nach. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Plazentatiere noch nicht auf dem südlichen Kontinent ausgebreitet, weshalb in Australien (und zunächst auch in Südamerika) lediglich Beuteltiere lebten - sieht man mal von Fledertieren und Wassersäugetieren ab. Es folgte eine lange Zeit der Isolation, während der vor allem in Australien die Beuteltiere eine starke Radiation erfuhren.
Im Rest der Welt wurden die Beuteltiere nach und nach jedoch von den Plazentaliern verdrängt. Als Nord- und Südamerika sich miteinander verbanden, wanderten schließlich auch dort Placentalia ein. Bis heute gibt es in Südamerika zwar noch Beuteltiere und eine einzige Art, das Virginiaoppossum, hat sogar den Sprung von Süd nach Nord geschafft, die Artenvielfalt in Südamerika ist im Vergleich mit der Beuteltierfauna Australiens und Ozeaniens jedoch ziemlich glein und auch die Formenvielfalt ist ziemlich gering.

Während also beispielsweise in Europa die Höheren Säugetiere die verschiedensten Lizenzen ihrer Umwelt nutzten und so ökologische Nischen bildeten; taten es ihnen in Australien die Beuteltiere gleich - wo es ja nie Konkurrenz durch Höhere Säuger gegeben hat.
Und weil ähnliche ökologische Bedingungen (Lizenzen) ähnliche Anpassungen (Valenzen) bedingen, kam es zur konvergenten Entwicklung, also unabhängig voneinander zu ähnlichen anatomischen Anpassungen. Ein paar Beispiele:

  • an Stelle der grasfressenden Wiederkäuer mit einem mehrhöhligen Magen stehen die Känguruhs, die ebenfalls mehrere Magenkammern haben
  • Gleitbeutler übernehmen die Rolle eurasischer Gleithörnchen
  • Beutelmarder ersetzen in Australien Kleinraubtiere wie Katzen, Waschbären oder Marder
  • der Beutelwolf (heute ausgestorben) trat an die Stelle der Spitzenprädatoren (Wolf in unseren Breiten)
  • der Beutelmull führt eine ähnliche Lebensweise wie unser Maulwurf
  • usw.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
wiebkevibes  20.09.2020, 14:15

Mhhh kriegt man das auch in einem Oder zwei Sätzen zusammengefasst😂

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