Warum gibt nach Aristoteles eine zweitbeste Lebensform?

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Aristoteles unterscheidet mehrere Lebensformen und die zweitbeste Lebensform ist eine, die im Verhältnis als nicht so gut wie ein bestimmte Lebensform beurteilt wird, aber besser als alle anderen.

Mit der Vernunft (griechisch: νοῦς [nous] haben die Menschen etwas, das Aristoteles ein Stück weit als göttlich verstehtt

Allerdings ist ein Leben, das ausschließlich der besten Lebensform (Theoretische Betrachtung) gewidmet ist, für Menschen kaum führbar, weil sie nicht ganz göttlich sind, aus Körper und Geist/Vernunft zusammengesetzt und in gewissem Ausmaß von äußeren Gütern und Mitmenschen abhängig bleiben.

Angestrebtes Ziel (griechisch: τέλος [telos]) und höchstes Gut der Menschen im Bereich der Handlungen ist nach Auffassung von Aristoteles das Glück/die Glückseligkeit (griechisch: εὐδαιμονία [eudaimonia]), gleichgesetzt mit einem guten Leben und Wohlergehen.

Aristoteles unterscheidet drei Lebensformen, in denen Glück gesucht wird, unterschieden nach dem besonderen Tätigkeitsbereich, in dem Glück(seligkeit) gesucht wird:

1) Leben der Philosophie (theoretische Lebensform; griechisch: βίος θεωρητικός [bios theoretikos]): Die Tätigkeit besteht in theoretischer Betrachtung/Forschen/Denken.

Das Glück der theoretischen Lebensform ist das vollendete Glück.

Die Tätigkeit der theoretischen Lebensform ist am dauerhaftesten, weil sie am leichtesten anhaltend ausgeübt werden kann.

Die Genüsse der theoretischen Lebensform sind von wunderbarer Reinheit und Beständigkeit.

Bei theoretischem Betrachten/Denken ist die Autarkie (Selbstgenügsamkeit) am größen. Die theoretische Lebensform bedarf am wenigsten äußerer Güter und Umstände. Der Weise ist am meisten sich selbst genug, auch wenn die Mitarbeit anderer das Denken noch verbessern kann.

Das theoretische Betrachten/Denken wird um seiner selbst willen geliebt.

Die Vernunft (griechisch: νοῦς [nous]) ist das, was bei Menschen am meisten etwas Göttliches ist, das Leitende, Vornehmste und Beste. Das theoretische Betrachten/Denken ist die göttliche Lebensform. Menschen sind aus Leib und Seele (mit Fähigkeit der Vernunft) zusammengesetzte Wesen, nicht ganz göttlich, aber sie sollen sich bemühen, möglichst stark dem Göttlichen in ihnen als dem wahren Selbst nachzuleben.

2) Leben des Politikers (politische Lebensform;griechisch: βίος πολιτικός [bios politikos] bzw. praktische Lebensform; griechisch: βίος πρακτικός [bios praktikos]). Die Tätigkeit ist vor allem Handeln in einer Gemeinschaft (nach Aristoteles, Politik 1, 2, 1253 a 2 -3 ist der Mensch ein von Natur aus/seinem Wesen nach politisches/ein auf eine politische Gemeinschaft ausgerichtetes/bezogenes Lebewesen [φύσει πολιτικὸν ζῷον (physei politikon zoon]).

Die Lebensweise wird als gut beurteilt.

Klugheit/praktische Vernunft kann eingesetzt werden.

Die Autarkie (Selbstgenügsamkeit) ist geringer, weil mehr Abhängigkeit von äußeren Umständen besteht (z. B. Mitwirkung von Freunden und Mitbürgern).

3) Leben des Genusses (griechisch: βίος ἀπολαυστικός [apolaustikos]). Die Tätigkeit besteht darin, sinnliche Genüsse anzustreben und sich zu verschaffen. Lust ist das Ziel.

Aristoteles hält die Lust für einen Glücksbestandteil und etwas, was um seiner selbst willen liebenswert ist. Die Lust ist aber nach Aristoteles nicht das höchste Gut. Nicht jede Form der Lust ist an sich wählenswert. Nicht jede Lust gilt Aristoteles als ein Gut. Das Lustvolle kann ein wirkliches Gut oder nur ein täuschendes Scheingut sein.

Ein bloß auf sinnliche Lust beschränktes Leben hat nach Auffassung des Philosophen Aristoteles den geringsten Rang, weil kein Streben nach Vollkommenheit geschieht, Menschen sich knechtisch und ohne Einsicht und Besonnenheit verhalten und nicht über Tiere herausragen

Nebenbei wird eine weitere Zielsetzung getadelt: Lebens getadelt. Ein bloßes Erwerbsleben mit einem Streben nach Reichtum um seiner selbst willen verfehlt ein gutes Leben und ist nicht der richtige Weg zum Glück.