War Achill das Vorbild Alexanders des Großen?

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König Alexander (griechisch: Ἀλέξανδρος [Alexandros]; lateinisch: Alexander) III. (»der Große«) von Makedonien hatte Achilleus (griechisch: Ἀχιλλεύς; lateinisch: Achilles; deutsche Kurzform: Achill) als ein gewisses Vorbild. Er kannte seit seiner Kindheit die »Ilias«, in der Achilleus ein Hauptheld ist. Alexanders Mutter Olympias kam aus der Dynastie der Aiakiden, der Königsfamilie der Molosser (eines epirotischen Stammes), als derer Vorfahr/Ahn (über seinen Sohn Neoptolemos/Pyrrhos und Andromache) Achilleus galt. Achilleus konnte durch sein kriegerisches Leben, sein Streben nach Ruhm und herausragende Leistungen als Vorbild passend erscheinen.

Das einzige Vorbild war Achilleus nicht. Unter den Personen der Mythologie waren Herakles (galt als Vorfahr/Ahn der Familie seines Vaters Philipp II., der Argeaden) und Dionysos weitere Vorbilder. Herakles hatte nach Erzählungen der Mythologie große Taten vollbracht und war bis zu den Grenzen der Welt vorgestoßen, Dionysos hatte einen siegreichen Zug nach Indien unternommen.

Darstellungen über Nachahmung eines Vorbilds Achilleus in literarischen Quellen können durch Ausschmückung übersteigert sein. Möglicherweise eine spätere Stilisierung ist, wie das Verhältnis zwischen Alexander und Hephaistion als Paralelle zum Freundespaar bzw. sogar Liebespaar Achilleus und Patroklos dargestellt wird.

Nach der Überlieferung (Plutarch, Alexander 15, 7 – 9; Arrian(os), Anabasis 1, 12, 1 – 2; 7, 14, 4; Diodor(os), Bibliotheke historike (Βιβλιοθήκη ἱστορική; Historische Bibliothek; lateinischer Titel: Bibliotheca historica) 17, 17, 3; Klaudios Ailianos/Claudius Aelianus, Poikile historia [Ποικίλη ἱστορία; Bunte Geschichte/Vermischte Forschung; lateinischer Titel: Varia historia] 9, 38; 12, 7) hat Alexander zu Beginn des Krieges gegen das Perserreich einen Kranz auf das Grabmal des Achilleus in Ilion/Troia einen Kranz gelegt, sein Freund Hephaistion einen Kranz auf das Grabmal des Patroklos. Der Krieg gegen das Perserreich kann so als eine Anknüpfung an den Troianischen Krieg der Griechen gegen die Troianer erscheinen.

Plutarch, Alexander 15, 7 – 9

Plutarch, Große Griechen und Römer. Eingeleitet und übersetzt von Konrat Ziegler und Walter Wuhrmann. Band 5. Zürich ; Stuttgart : Artemis-Verlag, 1960 (Die Bibliothek der alten Welt : Griechische Reihe), S. 23:

„Mit solcher Gesinnung und geistigen Vorbereitung überschritt er den Hellespont, zog nach Ilion hinauf, opferte der Athena und spendete an den Gräbern der Heroen. Das Grabmal des Achilleus salbte er mit Öl, rannte, wie es der Brauch ist, mit den Gefährten nackt hinauf, bekränzte es und pries ihn glücklich, daß er im Leben einen treuen Freund und nach seinem Tode einen mächtigen Herold seiner Taten gefunden habe. Als ihn beim Umhergehen und Betrachten der Sehenswürdigkeiten der Stadt jemand fragte, ob er auch die Lyra des Alexander sehen wolle, erklärte er, auf sie lege er nicht den mindesten Wert, aber die des Achilleus' suche er, zu der er den Ruhm und die Taten der tapferen Männer besang.“

Arrianos, Anabasis 1, 12, 1 – 2

Arrian, Der Alexanderzug. Indische Geschichte. Griechisch und deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Wirth und Oskar von Hinüber. München ; Zürich : Artemis-Verlag, 1985 (Sammlung Tusculum), S. 45:

„Andere berichten, daß Alexander auch das Grab des Achilleus bekränzte, und von Hephaistion heißt es, er habe das gleiche am Grabe des Patroklos getan. Berichten zufolge aber hat Alexander Achill gepriesen, weil ihm in Homer ein Verkünder seines Ruhmes bei der Nachwelt zuteil geworden sei.“

Klaudios Ailianos/Claudius Aelianus, Poikile historia [Ποικίλη ἱστορία; Bunte Geschichte/Vermischte Forschung; lateinischer Titel: Varia historia] 9, 38

Ailianos, Vermischte Forschung : Griechisch-Deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Kai Brodersen. Berlin : De Gruyter, 2018 (Sammlung Tusculum), S. 264 – 265:

„Alexandros (d. Gr.) kam nach Ilion (Troia). Als er es sorgfältig besichtigte, kam einer der Troër hinzu und zeigte ihm die Lyra des Alexandros (Paris; vgl. Homer, Ilias 9.186). Er aber sagte: »Ich würde lieber die des Achilleus sehen!« Sehr gut sagte dies Alexandros! Er wollte nämlich den Besitz eines guten Soldaten sehen, auf dem jener den Ruhm tapferer Männer besungen hatte. Was aber hat die Lyra des Paris gespielt, wenn nicht verführerische Lieder, mit denen er Frauen eroberte und betörte.“

Hans-Ulrich Wiemer, Alexander der Große. 2., neu bearbeitete Auflage. München : Beck, 2015 (C.-H.-Beck-Studium), S. 80 – 81:

„Das Lesen lernte man an den Dichtungen Homers, vor allem der «Ilias», dem Epos vom Kampf der Griechen gegen Troja, in dessen Zentrum der griechische Held Achill steht. Diese Lektüre hat Alexander tief beeindruckt; Achill, dessen Wahlspruch lautete, immer der beste zu sein und die anderen zu übertreffen («Ilias» 6,208), wurde ihm zu einem leuchtenden Vorbild, dem er nacheifern wollte. Für Alexander war Achill keineswegs eine bloß literarische oder mythische Figur; da die molossische Königsfamilie, die Aiakiden, sich auf Achill, den Sohn des Aíakos, zurückführte, betrachtete er den Helden als seinen leibhaftigen Vorfahren. Diese Orientierung an Gestalten, die für uns dem Mythos angehören, ist in ihrer Bedeutung für Alexander kaum zu überschätzen. Denn zu dem homerischen Helden Achill, mit dem Alexander von Mutterseite verwandt zu sein glaubte, trat von der Vaterseite her der Zeus-Sohn Heraklés, der sich nach gemeingriechischer Anschauung durch übermenschliche Taten einen Platz im Olymp verdient hatte: Da die Argeaden sich als Nachfahren des Heraklés, als Herakliden, betrachteten, sah Alexander in Heraklés einen Ahnen väterlicherseits, der vorgemacht hatte, was Sterbliche zu erlangen vermögen: die Aufnahme in den Kreis der Götter.“

eine Internetseite zum Thema:

http://www.oddblog.de/alexander/