Schweizer Uhren - Mido - Commander?
Mido scheint ja in Europa eine eher untergeordnete Rolle bei Schweizer Uhrenherstellern (ich verwende hier bewusst nicht Manufakturen) zu spielen. Qualitativ halte ich sie jedoch für das angezielte Preissegment deutlich besser.
Anfang des Jahres habe ich mir eine Commander II (mit Chronometerzertifizierung) für deutlich unter 900 Euro zugelegt und bin mehr als zufrieden. Zunächst wollte ich sie nur als Dresser - mittlerweile ist sie mein Daily Driver geworden. Bis zur Sommerzeitumstellung ging sie etwa 3 Sekunden nach einem Monat vor - bei der Normalzeitumstellung im Oktober (nach 7 Monaten) 6 Sekunden.
Ich bin relativ ahnungslos, was die Ganggenauigkeiten bei hochwertigen Kalibern angeht - aber die COSC gibt ja deutlich weitere Toleranzen vor.
Hab ich da einfach nur ein richtig gutes Kaliber erwischt oder ist meine Traggewohnheit einfach die richtige?
Ich trage sie meistens an 5-6 Tagen in der Woche für etwa 14 Stunden, lege sie dann zur Nacht mit Zifferblatt nach oben ab. An manchen Wochenenden trage ich sie gar nicht (mit Hausarbeit will ich sie nicht belasten) und dann liegt sie auch mal gelegentlich mit Zifferblatt unten oder (ganz bewusst) mit Krone unten.
Kann es sein, dass ich die liebgewonnene Zwiebel einfach nur richtig ablege und sie deswegen so genau geht?
hier noch ein Foto:
2 Antworten
MIDO ist auch keine Manufaktur. Die Uhrenmarke gehört zur schweizer Swatch Group. Hier werden ähnlich günstige Uhren produziert, wie von Hamilton, Tissot oder Certina, die auch alle zur Swatch Group gehören. Trotzdem ist es eine durchaus weltbekannte Uhrenmarke.
Die Uhrenwerke kommen hier meist von ETA (ebenfalls zu Swatch gehörend). Bei deiner Uhr wurde das ETA Powermatic 80 eingebaut. Es heißt nur bei MIDO anders, ist aber genau das gleiche Werk. Normalerweise haben diese Powermatic 80 Werke mit 21.600 Halbschwingungen etwas schlechtere Gangwerte. Das ist halt der Kompromis zu der langen Gangreserve von 80 Stunden.
Seit einigen Jahren ist es aber gelungen, einige dieser Powermatic 80 Laufwerke mit einer Unruhfeder aus Silizium zu versehen. Und somit konnten nun auch trotz der hohen Gangreserven auch Gangwerte mit Chronometer-Eigenschaften erzielt werden. Die Werke mit Silizium-Feder werden üblicherweise von der COSC als Chronometer zertifiziert. Das ist auch bei deiner Uhr der Fall.
Eine Gangabweichung von nur 3-6 Skunden pro Monat ist nahezu sensationell. Als Chronometer sollte sie nicht mehr als 1-2 Sekunden pro Tag abweichen. Das wird bei einer Automatikuhr auch immer wieder schwanken. Hier haben wechselnde Temperaturen in Sommer und Winter sowie die Lage der Uhr (Zifferblatt nach unten läuft sie schneller, schräge Lage auf der Krone läuft sie langsamer) immer wieder Einfluß.
Aus eigener Erfahrung (besitze selbst eine Uhr mit diesem Laufwerk) kann ich dir sagen, dass die Ganggenauigkeit auch stark abnimmt, je weniger Reserve noch die Aufzugsfeder verfügbar hat. Die Gangreserve von 80 Stunden ist für mich daher nur relativ zu sehen. Das sollte man nicht zu stark ausreizen.
Dass eine Uhr mit mechanischem Uhrwerk gewisse Gangabweichungen haben muß, erklärt sich schon rein physikalisch. Und du kannst es natürlich schon auch bewußt mit deinen persönlichen Trage- und Ablagegewohnheiten beeinflussen. Das muss man einfach ausprobieren. Halte sie fern von magnetischen Einflüssen.
Da ich eine Uhr maximal zwei Wochen lang trage und dann eine andere um mache, achte ich mittlerweile gar nicht mehr so genau auf die Gangwerte.
Übrigens, hatte ich vergessen zu schreiben - das ist eine sehr schöne Uhr. Da wirst du sehr lange dran Freude haben.
Und vielen Dank für den Stern :-)
@Bluemie:
Den Stern hast du dir verdient ... und auch die bisher beste Antwort.
Du sagst, es sei eine sehr schöne Uhr - vielen Dank: ich "hab's ihr ausgerichtet und sie verspricht, diese Unvergänglichkeit einer 'Commander' nie zu verlieren" :)
Ich hatte bis zur Commander auch nie so sonderlich auf die Gangwerte geachtet - mit der COSC-Zertifizierung wollte ich allerdings doch mal genauer schauen und war positiv überrascht.
Bisher waren meine Uhren zwar keine Chinaböller (bis auf eine "Tag Häuer" vom Strand für einen Zehner rein wegen der Neugier, die aber nicht mal durch den Zoll musste, weil sie vorher auseinander gefallen und im nächsten Papierkorb gelandet ist. Dennoch war da nix richtig herausragendes dabei. Im übernächsten Absatz aber ein wenig mehr zu "richtigen" Uhren.
Kannst du dich noch an deine erste eigene Uhr erinnern? Ich nicht ... und das find ich schade. Ich weiß, dass es irgendein digitaler Quarzer aus Japan oder China war. Zwei Drücker ... für Licht und für 12/24-Stunden-Anzeige + Datum - sonst nix. In der Grundschule (3. oder 4. Klasse - also 1975/76 herum) hatte jemand einen LED-Quarzer. Die Uhr war schon interessant --- aber letztendlich nix schönes daran.
Zum bestandenen Abi 1988 hab ich von meinem Opa seine Laco-Fliegeruhr bekommen - die ist in all den Wirren meines Lebens leider nicht mehr da. Die war aufwändig und wirklich schön.
Zur Hochzeit mit meiner Frau 1995 hab ich uns zwei Tissot PRC gekauft, nach ihrem Tod 2006 beide Uhren zusammen mit den Ringen ins Urnengrab gegeben (frag nicht warum - es war damals wichtig).
Seitdem hatte ich eine Dugena Nautica mit einem Miyota-Laufwerk, die mich dann auch gelegentlich an unseren Tauchurlaub erinnert hat (Neuanfang halt) und einen "Daily Driver" von Festina.
Anfang diesen Jahres (2022) hab ich mich dann mal doch wieder durchgerungen, einen ordentlichen Zeitmesser anzuschaffen. Preislimit war €2000, DayDate war Pflicht, ebenso Stoppsekunde und natürlich Automatikkaliber.
Die Mido Commander war einfach nur schön für mich ... hätte zwar gerne ein Milanese-Armband gehabt, aber gabs halt nicht :/
Viele Grüße :)
Zum bestandenen Abi 1988 ... sollte 1986 heißen
Kannst du dich noch an deine erste eigene Uhr erinnern?
Das war irgend ein billiger Casio Digital-Quartz-Wecker. Gab es wahrscheinlich gratis zu jeder dritten Ferrero-Dublo-Packung.
Es scheint, du hast die Firma Mido unterschätzt, und die Uhr ist einfach sehr gut.
Vielen Dank, Bluemie.
Die Geschichte und die Hintergründe von Mido sind mir bekannt - auch, dass Mido halt die (höherwertigen) ETA-Kaliber verbaut.
Was mich gewundert hat, waren die extrem geringen Gangabweichungen (auch gegenüber Manufakturkalibern), und meine Frage zielte schon genau darauf ab, ob es einfach an meinen Trag- und Ablagegewohnheiten liegt.
Wenn ich mal hin und wieder täglich auf die Abweichung schaue, liegt die schon oft im deutlichen +/- ein-bis-drei-Sekunden-Bereich. Über die Woche oder den Monat gleicht sich das aber wieder aus.
Ich hatte mich daher nur gewundert, ob die mittlerweile von mir bewusst gewählte Ablage in verschiedenen Lagen von etwa 10 Stunden Dauer so einen deutlichen Einfluss auf die "Selbstkorrektur" einer gut laufenden und zertifizierten Automatik hat?
Nichtsdestotrotz - beste Antwort und vielen Dank, Bluemie :)