Schumann Mondnacht Fragen?

1 Antwort

Hallo,

habs grad gelesen. Bevor ich mich damit weiter beschäftige: Dieses absolut wunderbare Stück ist nicht von SCHUBERT, sondern von SCHUMANN, Robert Schumann, 1810-1856...

"Der Liederkreis Op. 39 ist ein Zyklus von Robert Schumann (1810–1856) aus zwölf Vertonungen von Gedichten Joseph von Eichendorffs (1788–1857) für Singstimme und Klavier, der im Jahr 1840 entstand und 1842 in einer ersten Druckfassung veröffentlicht wurde. Schon bald danach erfreuten sich einzelne Lieder des Werkes großer Beliebtheit. Den vollständigen Zyklus in seiner endgültigen, zweiten Fassung führte Julius Stockhausen erstmals am 21. Oktober 1862 im Kölner Gürzenich-Saal auf.[1] Heute bildet der Liederkreis einen wichtigen Teil des romantischen Kunstliedrepertoires." (Wikipedia)

Ich bringe die Infos von Wikipedia, weil der Liederzyklus hier in Köln im Gürzenich uraufgeführt wurde :-), der "Till Eulenspiegel" von Richard Strauss und die 5. Sinfonie cis moll von Gustav Mahler ebenfalls, um das berühmteste zu nennen.

Ich bin Pianist, Dirigent und Arrangeur. Als Pianist bin ich vorwiegend Klavierbegleiter, also im klassischen Sinne Kammermusiker. Das bedeutet in meinem Fall vorwiegend Konzerte mit Sänger*Innen, ebenso wenn ich mal dirigiere ("Zauberflöte"-"Land des Lächelns")...

Hier die Antworten:

  • Grundtonart Des Dur (bei Musik der romantischen Epoche kann man sich eigentlich darauf verlassen, dass die Vorzeichnung auch der Haupttonart entspricht (die parallele Molltonart wäre, wenn man nur auf die Vorzeichen schaut, auch möglich, B moll, was natürlich nicht heißt, dass entweder der eine ODER der andere Akkord vorkommt. In diesem überirdisch schönen Engelsgesang kommen alle möglichen Akkorde vor.) Aber Gewißheit erlangt man am Schluss, da haben wir die Haupttonart, mit der ja Milliarden Stücke zumindest ENDEN.
  • Die Dominanttonart/akkord ist daher As Dur,
  • und damit beginnt das Lied auch, ABER: die wie Aerosole (kleiner Scherz) herabschwebenden Sechzehntel beinhalten die None des Akkordes (B) und im Einsatz der linken Hand die Septime Ges. Das dem Akkord theoretisch zugrunde liegende As ist da noch garnicht zu sehen/zu hören. Das macht aus dem Gebilde einen verkürzten Dominant-Sept-Nonen-Akkord. Das ganze noch nacheinander langsam gespielt, wie eine verträumte Harfe, verleiht einen schwebenden Charakter, wie er kaum genialer der dichterischen Textvorlage Eichendorffs entsprechen könnte. Dieses Schweben, welches sich im Gedicht wörtlich zusätzlich z.B. durch fliegen, Wogen und Luft manifestiert, habe ich noch mal in Fettdruck angezeigt, überhaupt alle Wörter, welche den Charakter und den Sinn ausmachen:

(Eichendorff) (synoptische Anmerkung)

Es war, als hätt’ der Himmel Im Himmel wird ja geflogen (siehe auch

Engel)

Die Erde still geküßt,

Daß sie im Blütenschimmer hat sicher auch was schwebendes

Von ihm nun träumen müßt'. Träume schweben sicher zu den

Menschen herab, oder als Wunsch zum

Himmel hinauf

Die Luft ging durch die Felder, Luft- ist klar.......

Die Ähren wogten sacht, wogende Bewegung durch Luft

verursacht

Es rauschten leis’ die Wälder, rauschen auch...

So sternklar war die Nacht. Sterne im HImmel, "in der Luft"

Und meine Seele spannte

Weit ihre Flügel aus, ist klar

Flog durch die stillen Lande,

Als flöge sie nach Haus.

Wenn man mit der analytischen Lupe herangeht, so entdeckt man zwar im 2. Takt auch einen Des Dur Akkord, aber er erscheint quasi indirekt, synkopisch fast versteckt, auf einer 2. Zählzeit UND als Sextakkord, also noch nicht mal der Grundton ist unten UND es gibt auch keinen tiefen Bass, der die Haupttonart hier kennzeichnet-und das auch gar nicht soll! So wie Schumann den Anfang gestaltet hat, werden wir gleichsam wie schwerelos mitgenommen in diesen einmaligen Musiktraum (der Mensch hat wahrscheinlich seit es ihn gibt vom Fliegen ohne weitere Hilfsmittel geträumt)

Wort-Ton-Verhältnis 7-13:

Wir haben in jedem Takt einen anderen Akkord, bis dann in 10 die Haupttonart sich in immer tiefer sinkenden Bässen, wie die sich über die Felder legende Nacht, ausbreitet, gefolgt von ihrer nicht minder uns umhüllenden Dominante As-Dur. In 7 haben wir einen Zwischendominant Septimakkord (B7), der sich folgerichtig nach es moll auflöst, dann folgt das gleiche Prinzip auf As7 mit Auflösung ins bereits beschriebene Des Dur. Das Stufen Schema:

VI (7) - II - V(7) - I - I - V - V - Die Bindestriche sind gleichsam die Taktstriche

3 3 die 3 bedeutet Terz des Akkordes in der Unterstimme

harmonische Kombinationen, die sich wiederholen, aber auf unterschiedlichen Stufen, nennt man Sequenzen. Also, Stufe (römisch) 6 zu Stufe zwei ist ein Quintfall (B7-es moll), dann folgt ein weiterer (As7-Des Dur), also eine Quintfallsequenz. Die beiden Sequenzen liegen einen Ton im Sinne der Tonleiter voneinander entfernt, die zweite Sequenz steht einen Ton tiefer. So nennt man diese dann auch Sekundfallsequenz. Warum geht´s also "runter"? Das Wort "Himmel" ist bei Schumann als Quint gestaltet, diese Stellt im gesamten Liederzyklus so was wie ein Leitmotiv dar. Es steht für im weitesten Sinne positives. Der Himmel küsst die Erde, er neigt sich also herab, so wie die Nacht auf Felder und Städte fällt oder sich senkt. Diese Interpretation zeigt sich in der harmonischen Sequenz, allerdings dermaßen subtil und ohne jede Holzhammerdemonstration. Und DAS ist die große Kunst gerade der sogenannten Kunstlieder. Und hier kommt SchuBERT wieder ins Spiel (1797-1828, armer Kerl, Syphilis..). Viele halten Schubert gerade in dieser Hinsicht für das unübertroffene Genie. Aber dennoch, oder gerade deswegen, höre Brahmslieder, Lieder von Hugo Wolf und-unbedingt- Richard Strauss (besonders die sog. "vier letzten LIeder" -mit Orchester). Gerade diese Komponisten zählen außer Schumann zu den größten Liedkomponisten.

(morgen gehts weiter)

ThomasManke 
Fragesteller
 15.06.2020, 08:47

Vielen Dank bis jetzt!!!

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