Ist Abuitur/Matura noch sinnvoll?
Derzeit läuft in Österreich die Matura (Abitur).
Ich muss gleich vorweg zugeben, dass ich es nicht als sinnvoll erachte, einem Schüler, der sich 12 Jahre in der Schule bewährt hat und alle Lehrveranstaltungen positiv abgeschlossen hat, am Ende noch einmal eine große Hürde in den Weg zu legen. Ich kenne die Matura-Mathematik Aufgaben der letzten Jahre alle im Detail, da ich Kinder habe und mit ihnen lerne. Ich stelle fest, dass man hier zwar keine großartigen mathematischen Leistungen erbringen muss, stattdessen aber den Text der Aufgaben penibelst lesen und interpretieren muss. Viele Mitschüler meines Kindes haben gerade hier große Schwierigkeiten: Sie haben es im Unterricht einfach nie gelernt und sollen es dann plötzlich können. Die einen schaffen es nicht, Texte zu interpretieren, die in einer etwas "mathematischen" Sprache verfasst sind, die anderen schmeißen einfach die Nerven weg und übersehen Kleinigkeiten, die dann zu einer negativen Note führen. Hier hätte man vorher ausieben müssen, aber nicht am Ende. Und Schüler, die es bis dahin geschafft haben, haben ja nicht bloß Daumen gedreht...
Das Abi macht aber doch keinerlei Aussage darüber, ob jemand in Zukunft erfolgreich in einem Beruf oder Studium sein wird. Nur weil jemand an einem Tag ein schlechtes Nervenkostüm hat, muss man nicht seine gesamte weitere Zukunft vermasseln, denn es kommt wohl nicht immer darauf an, ob jemand in kurzer Zeit unter Stress Leistung erbringt, sondern oft auch auf die Phantsie und Problemlösungskompetenz im Umgang mit Aufgaben und Menschen. Ist es daher gerechtfertigt, dass man Schüler 12 Jahre lang lernen lässt und dann am Ende alles alles umsonst war? Ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendwelche Integrale ausrechnen kann und dieses Wissen drei Wochen nach dem Abitur wieder vergisst, ist für mich (der Mathematik sogar studiert hat) komplett irrelevent und sagt Null aus. Diese Art eines Abschlusses ist für mich nicht mehr zeitgemäß und vernichtet bloß Schüler-Existenzen. Vielleicht hätte meine Tochter gerne irgendwas studiert, wo sie nie im Leben mehr Mathematik benötigt. Schafft sie den Abi Abschluss nicht, kann sie sich das abschminken - also wozu diese Hürde?
Wie denken andere darüber?
1 Antwort
Ein hoher Bildungsabschluss hat immer Sinn, denn er öffnet Türen und schafft Möglichkeiten.
Klar gibt es inzwischen andere Wege, auch ans Ziel zu kommen und klar gibt es auch Möglichkeiten ohne Abitur gut durch's Leben zu gehen... aber je höher die Einstiegsqualifikation, desto diverser die Möglichkeiten, darauf aufzubauen.
Daher hat es immer Sinn, sich so lange man noch jung ist und nicht den Zwängen des Lebens unterworfen ist (Miete zahlen, Geld verdienen etc.) so gut es geht für möglichst viele Optionen aufzustellen. Besser Optionen haben und nicht brauchen als sie brauchen und nicht zu haben.
In der Realität ist das so. In der Betrachtung der Lehranstalten aller Art dann doch wieder.
Du bekommst ohne halt einfach keinen Zugang zu diesen oder wenn doch, dann nur mit erschwehrten Bedingungen und musst daher andere Wege gehen um dir das Wissen anzueignen und jemanden zu finden, der's dir bescheinigt. Dass das auch funktioniert - ganz sicher, da spreche ich aus Erfahrung... Ist es leichter, diesen Weg zu nehmen - ganz sicher nicht... auch das habe ich so erlebt. In einem System, was Zertifikate über Wissen stellt muss man nun mal mitspielen.
Klar... das Wissen selbst nimmt dir keiner, egal wo's herkommt...
aber wenn du kein anerkanntes Dokument hast, was es bescheinigt musst du dich immer wieder von Null auf Ziel beweisen und kannst dich halt nicht auf anerkannte Stellen berufen, die's dir bestätigt haben. Und konkurrierst dabei auch noch mit denen, die eben so einen bunten Zettel vorweisen können.
aber wenn du kein anerkanntes Dokument hast, was es bescheinigt
Ja, nur müsste meiner Meinung nach der positive Abschluss einer höheren Schule dafür ausreichend sein. Den bekommt man auch auch nicht geschenkt und sagt mehr aus, als das Zufallsergebnis eines einzigen Tages, was dir dein ganzes weiteres Leben versauen kann, nur weil du vielleicht Regelschmerzen hattest oder Migräne oder einfach höllische Angst. Hast du das Abi einmal versaut, gibts kein Zurück mehr - es ist gelaufen. Meine Tochter hat nun die letzten 5 Jahre umsonst in der Schule verbracht. Damit ist ihr Leben ruiniert.
Müsste ist ja das eine... gebe dir da völlig Recht... Am Ende zählt hat der Abschluß, nicht der Weg auf dem man ihn erreicht hat. Aber man kann sich's halt leichter oder schwerer machen. Und darum hat es ja - gerade wenn man noch am Anfang des Lebens steht und sich nicht um Miete, Job und dergleichen mühen muss - durchaus Sinn, eine gute Einstiegsbasis für was auch immer zu schaffen.
Davon kann sich meine Tochter aber nichts mehr abschneiden. Sie war an dem Tag nicht gut drauf und nun kann sie alle ihre Zukunftspläne einmargerieren. Ihre "Einsteigsbasis" ist gescheitert. Es tut weh, wenn als Vater sieht, dass ein Kind fünfJahre umsonst gelebt hat.
umseonst gelebt doch wohl kaum... und auch nicht umsonst gelernt... und das Bildungssystem gibt jedem "Durchfaller" doch mehr als eine chance, sich von schlechten Tagen zu erholen und das zu wiederholen.
naja, immerhin gingen wohl 90% ihrer Zeit in den letzten Jahren fürs Lernen drauf. Das ist jetzt umsonst - sie hat keinen Abschluss (außer das Abschlusszeuignis der Schule, was aber Null zählt). Hätte sie irgendwas gemacht, wo sie sich mit Freunden trifft, hätte sie mehr davon gehabt.
Sieh's mal so... auch wenn's nicht für die Prüfung gereicht hat hat sie ja doch Wissen erworben... und damit ist es nie verschwendet...
Und sie könnte ja durchaus eine Wiederholungsprüfung beantragen.
Und was kann sie damit werden? Klofrau..wer nimmt jemanden, der eine höhere Schule gemacht hat und dann das Abi nicht geschafft hat- niemand.
Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist... aber wenn du selbst schon sagst, dass sie ohne das Zeugnis nur "klofrau" werden kann gibst du mir ja recht, dass es eben doch einen Wert hat bzw. sinnvoll ist, sowas zu erwerben.
ja - nur ist es zu spät. Ich hab ja nicht gesagt, dass Ausbildung sinnlos ist. Aber am ende zählt der Abi-schein. Sonst nichts. Was nützt es ihr, dass sie beispielweise Kostenrechnung und Projekt-Management gelernt hat? Sie wird das nie verwerten dürfen.
Naja, ist ja bei der Berufsausbildung oder im Studium auch nicht anders... Am Ende zählt halt, dass man die Abschlußprüfung auch besteht und damit erhält man dann eben den "Zettel", der bestätigt, dass man das Ziel des Ausbildungsganges erreicht hat. Ohne hat man das eben nicht.
Ohne hat man das eben nicht.
Damit gibst du mir aber Recht, dass die komplette 5 Jährige Ausbildung umsonst war.
Bildung ist aber nicht gleichzusetzen mit "ich lerne für einen Tag und vergessen dann wieder alles..."