Hinweise auf Tod: Wanderer, kommst du nach Spa?

2 Antworten

Ich versuche diese Frage mal weniger auf medizinischer als vielmehr auf literarischer Ebene zu beantworten, auch wenn sie für den damaligen Fragesteller sicher nicht mehr relevant ist. Aber diese zeitlose und geniale Kurzgeschichte wird sicher noch viele weitere Schülergenerationen beschäftigen:

1) An einer Textstelle ist meiner Erinnerung nach zu lesen: "Aber ich war noch nicht tot", was impliziert, dass der Tod etwas später durchaus eintreten wird, auch wenn diesbezüglich die Wahl der Ich-Perspektive etwas kurios ist. Die Wirkung dieses Verfremdungseffekts ist allerdings umso erschütternder.

2) Der Protagonist sieht sich selbst in der konvexen Glühlampe verkleinert als Embryo. Wenn man diese Rückentwicklung logisch weiter denkt, wäre er sehr bald nicht mehr existent, also tot.

3) Die eigentliche Pointe am Ende besteht darin, dass sich der ehemalige, weitgehend angepasste Schüler selbst, ohne es zu ahnen und zu beabsichtigen, vorab seine eigene Grabinschrift schreibt, die in Fortsetzung gemäß antikem Vorbild in etwa lautet: "..., du habest uns liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl." Schließlich hat die spezielle Schulform des sog. "Humanistischen Gymnasiums" laut Böll genau diese Begeisterung für einen Heldentod gefördert (siehe Ahnengalerie). - Der junge Schwerstverwundete liegt nun auf dem provisorischen OP-Tisch im Zeichensaal unter seiner eigenen "Grabinschrift", die sich auf der Schwenk-Schultafel über ihm befindet, welche im "Lazarett" als Sichtschutz fungiert. Ob sich der Protagonist genau über diesen "Zufall" erschreckt oder nur über seine eigene Handschrift, ist zwar nicht ganz eindeutig, aber diese besondere Pointe verfehlt ihre Wirkung ganz sicher nicht....

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Zuvorderst sind seine zwanghaften Gedanken zu nennen; sie weisen auf einen durch Schmerzen und Blutverlust hervorgerufenes Fieber hin, das in Ableben münden kann.
  Hieran fügt sich die vermeintliche Erkennung "Birgelers", welcher dem Ich-Erzähler nach als Feuerwehrmann an seinem Krankenbett steht. Infolge des Fiebers bilden sich Wahnvorstellungen, worunter dies gefasst werden kann.
  Zudem trugen die Helfer den Kameraden zuvor verletzt hinter das Betttuch, worauf sie ihn, nun ruhig und reglos, auf einer Bahre aus dem Raum schleppten; davor trat zutage, die Toten sollten zu einem anderen Ort getragen werden; dies legt den Schluss nahe, der Kamerad starb auf dem Krankenbett, wohl durch die gleiche Spritze, die der Arzt dem Ich-Erzähler verabreicht.
  Des Weiteren weisen "sah nur noch" sowie die schwindenden Sinne des Ich-Erzählers auf ein Abdriften hin, das sowohl in tiefe Ohnmacht als auch den Tod führen kann.

Gruß.