Handelt es sich um Homologie oder Analogie?

1 Antwort

Moin,

bei der Frage, ob Strukturen zueinander homolog oder analog sind, geht es im Grunde darum, ob beiden Gebilden eine gemeinsame genetische Information zugrunde liegt.

Bei Aufgabe 5 kannst du zum Beispiel folgendermaßen argumentieren:

Ein Außenskelett aus Chitin (Insekten) ist etwas völlig anderes als ein Innenskelett aus Knochenmaterial (Säugetier). Darum gehen diese beiden Stützstrukturen mit ziemlicher Sicherheit nicht auf eine gemeinsame Erbinformation zurück. Sie sind jedoch analog zueinander, weil sie beide die gleiche Funktion haben (den Körper zu stützen und Ansatzstellen für Muskeln zu bieten).
Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass der Unterschied im Material (Chitin gegenüber Calciumcarbonat) zwar ein (zusätzliches) Indiz sein mag, dass es hier eher um eine Analogie gehen könnte, aber dieser Aspekt alleine würde nicht ausreichen, um eine Homologie auszuschließen. Allerdings stimmen hier weder die Lage noch die Einzelheiten der Strukturen überein. Auch gibt es keine "Zwischenformen", die den einen Skeletttyp mit dem anderen verbinden. Darum ist kein Homologiekriterium erfüllt, es handelt sich also um eine Analogie.

Die Muskeln hingegen könnten durchaus homolog zueinander sein. Wenn die Skelettmuskeln der Säugetiere und die Beinmuskeln der Insekten beides Gestreifte Muskulatur ist, die Einzelheiten des Aufbaus usw. bei beiden wiederzufinden sind, dann kannst du sagen, dass sie homolog zueinander sind (Kriterium der spezifischen Qualität). Damit würdest du die Aussage treffen, dass die "Erfindung" des Muskels eine so tolle Sache war, dass sie sich - nachdem sie im Laufe der Evolution einmal erfunden worden war - von allen nachfolgenden (tierischen) Lebewesen im Genom durchgesetzt hat und beibehalten wurde. Wenn du dann Tiere finden würdest, die keine Muskeln besitzen, müsstest du entscheiden, ob die Vorfahren dieser Tiere auch (primär) nie Muskeln besessen haben, oder ob die betroffenen Tiere im Laufe ihrer eigenen Evolution dieses Merkmal (sekundär) verloren haben.

Was das Atmungssystem von Mensch und Honigbiene angeht, so kannst du auch hier eine Homologie ausschließen.
Ein verzweigtes Röhrensystem aus Chitin mit zwei Eingängen (Stigmata) in jedem Körpersegment (also einer Vielzahl von über den Körper verteilten "Atemlöchern"), über die ein Austausch der Atemgase mit Hilfe von Diffusion erfolgt, ist etwas völlig anderes als ein Organsystem aus diversen Geweben, mit einem Zugang (über die Nase und den Mund in den Rachen), der die Atemgase über die Luftröhre und die Lunge in den Körper hinein und hinaus befördert. Auch hier gilt, dass keines der Homologiekriterien greift. Da beide Systeme jedoch der Versorgung des Körpers mit Sauerstoff dienen, könnte man sie als Analogie auffassen.

Da du Schwierigkeiten mit dem Homologiekriterium der Kontinuität hast, nenne ich dir einmal Beispiele dafür: Bei der Berberitze gibt es Laubblätter und Blattdornen. Die Laubblätter sind grün, flächig und dienen der Fotosynthese. Die Blattdornen sind verholzt und spitz. Sie dienen dem Fraßschutz. Die Frage ist nun: Gehen beide Strukturen genetisch auf die gleiche Erbinformation zurück oder handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche und voneinander unabhängige Strukturen, die genetisch nichts miteinander zu tun haben?

Tja, und nun gibt es an der Pflanze nicht nur diese Laubblätter und Blattdornen, sondern auch mehrere Blattformen dazwischen. Das heißt, du findest an ein und derselben Pflanze Blätter, deren Blattspreite immer schmaler werden (oder umgekehrt betrachtet immer breiter). Je schmaler diese Blätter sind, desto stärker verholzt sind sie und umso spitzer werden sie. Am Ende kannst du im Grunde eine Reihung von verschiedenen Blättern hinlegen, an der du erkennen kannst, wie das Laubblatt allmählich in ein Blattdorn übergeht (oder umgekehrt). Somit kannst du allein aufgrund dieser Reihung behaupten, dass Laubblatt und Blattdorn der Berberitze auf die gleiche Erbinformation zurück gehen, also zueinander homolog sind. Abgesehen davon kannst du auch noch das Lagekriterium heranziehen, weil sowohl Blattdornen als auch Laubblätter an entsprechenden Stellen von Zweigen zu finden sind. Das Kriterium der spezifischen Qualität stimmt insofern überein, dass in der Achsel von Laubblättern und Blattdornen der Berberitze Knospen zu finden sind... Homologie eben!

Für das Kriterium der Stetigkeit brauchst du aber solche Reihungen. Wenn du nur zwei Strukturen hast, ist dieses Kriterium nicht überprüfbar.

Die Stetigkeit muss nicht zwangsläufig an ein und demselben Organismus vorkommen (wie bei dem Berberitzenbeispiel). Auch fossile Übergangsformen können hilfreich sein, um zu entscheiden, ob zwei (womöglich völlig anders aussehende und funktionsverschiedene) Strukturen trotzdem zueinander homolog sein können.

Ich hoffe, das hilft dir (ein bisschen) weiter.

LG von der Waterkant