Attische Demokratie, Perikles?

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Zur Zeit des Perikles (* ungefähr 494/493 v. Chr.; † 429 v. Chr.) erlebte Athen eine Blütezeit. Er war einen langen Zeitraum hindurch ein führender Politiker.

Wenn Perikles als Vollender der athenischen Demokratie verstanden wird (eine verbreitete, aber nicht von allen geteilte Einschätzung), liegt der Grund in dem Urteil, Perikles habe durch Ausbau der Demokratie die athenische Demokratie vollendet.

Der Geschichtsschreiber Thukydides lobt in seinem Werk über den Peloponnesischen Krieg Perikles in einer Würdigung (Thukydides 2, 65) und beurteilt zugleich die wichtigen Politiker Athens nach Perikles als schlechter. Besondere Anerkennung durch Thukydides scheint Perikles aufgrund seiner politischen Führungskunst erhalten. Dies betraf vor allem das Verhältnis zwischen Elite und Masse. Perikles habe sich darauf verstanden, die Volksmenge in völliger Freiheit dennoch auf passendem Kurs zu halten. Er sei fähig gewesen, mit rationaler Argumentation zu überzeugen, und habe weitblickend die richtige Strategie vorgeschlagen.

Als Vollender der athenischen Demokratie gilt Perikles, weil Maßnahmen zum Ausbau der Demokratie von ihm ausgingen, unterstützt bzw. mitgetragen wurden und er bejahend für die dabei entstandene politische Ordnung Athen eingetreten ist. Die Meinung ist also, Perikles habe Athen demokratischer gemacht bzw. dazu maßgeblich beigetragen (Volksherrschaft mit großer Teilhabe der Bürger, auch der Ärmeren) und dies sei die Vollendung einer Entwicklung gewesen. Nach Perikles sei nicht geschehen, was in dieser Hinsicht grundlegend noch weitergehend war. 

die politischen Veränderungen, auf die sich die Meinung bezieht (nicht bei allem ist belegt, daß sie von Perikles persönlich ausgingen):

  • weitgehende Entmachtung des Areopags: Um 462/1 v. Chr. wurden dem Areopag (ein Rat ehemaliger Archonten) einige von ihm ausgeübte Aufsichts- und Eingriffsrechte entzogen, die ihn vorher als Wächter des Staates und der Gesetze erscheinen ließen, und teils auf die Volksversammlung, teils auf den Rat der 500, vor allem aber auf die Volksgerichte übertragen.Die führende Rolle hatte dabei Ephialtes. Perikles hat wahrscheinlich diesen Kurs unterstützt.
  • Ausweitung des Losverfahrens, auf viele (nicht alle) Ämter
  • Herabsetzung der Besitzanforderung für die Wählbarkeit zu einem Amt: Seit 457 konnten auch Angehörige der dritten Vermögensklasse, die Zeugiten zu Archonten gewählt werden, während dies vorher den beiden obersten Vermögensklassen, den Pentakosiomedimnoi (Fünfhundertscheffler) und den Hippeis (Reiter) vorbehalten war)
  • Einführung von Zahlungen, die auch Ärmeren besser eine Beteiligung ermöglichten: Tagegelder für Geschworene in Volksgerichten, Mitglieder des Rates der 500 und etliche Amtsinhaber - eine μισθός (misthos [Lohn, Besoldung]) genannte finanzielle Aufwandsentschädigung (heute wird so etwas „Diäten“ genannt) - und wohl auch Einrichtung einer Schaugelderkasse (θεωϱικόν [theorikon]) zur Teilnahme an den Theateraufführungen während des dreitägigen Staatsfestes der Großen Dionysien (in den antiken Quellen gibt es auch Aussagen über eine Einführung in späterer Zeit ducrh andere Politiker)

Eine mit Solon beginnende Reihe von Politikern steht für eine Entwicklung, die mit der Vorgeschichte der athenischen Demokratie beginnt. Warum wird Perikles als der letzte bezeichnet? Wenn dies mehr bedeuten soll als den anderen zeitlich folgend, kann Klarheit nur darauf zurückgehen, damit eine Entwicklung für abgeschlossen zu halten.

Athen hat durch seine Niederlage im Peloponnesischen Krieg (431 – 404 v. Chr.) seine vorher erreichte große Machtstellung (eine Vormacht in Griechenland in Konkurrenz zu Sparta/Lakedaimon) verloren.

Mit dem Tod des Perikles ist aber keineswegs das Ende der athenischen Demokratie gekommen. Sie bestand fort. Nach zwei kurzfristigen oligarchischen Umstürzen (411/410 und 404/403 v. Chr., die nur aufgrund außenpolitischer Schwierigkeiten und durch Täuschung und Gewalt möglich waren) wurde die Demokratie wiederhergestellt. Die Übermacht Makedoniens setzte ihr später ein Ende.

Wichtige athenische Politiker waren nach Perikles zunächst vor allem Kleon und Nikias, etwas später Hyperbolos und Alkibidas (ein Neffe des Perikles).

Informationen:

Jochen Bleicken. Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994. ISBN 3-506-71901-7

Albrecht  25.05.2015, 02:07

Peter Funke, Athen in klassischer Zeit. Originalausgabe. 3., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2007( Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2074), S. 51:  

„Damals kam auch zum ersten Mal - zunächst wohl als politischer Kampfbegriff - das Schlagwort von der demokratía („Herrschaft des Volkes“, „Volksgewalt“) auf, das künftighin zur typologischen Bezeichnung der Verfassungsform wurde, die in Athen mit den Ereignissen von 462/1 v. Chr. endgültig ihre grundlegende Ausformung erhalten hatte. Für fast eineinhalb Jahrhunderte lag nun alle politische Gewalt uneingeschränkt und ungeteilt in den Händen der gesamten athenischen Bürgerschaft, zumal nachdem Perikles durch die Einführung von Diätenzahlungen jedem Bürger die Teilnahme am Rat und an den Gerichten ermöglicht und 457/6 v. Chr. der dritten Zensusklasse und wohl bald darauf den Theten den Zugang zu den Archontenämtern geöffnet hatte.“

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