Arbeitsleben in Südkorea?

1 Antwort

Ich hatte mal 1 Woche in Korea zu tun und war entsetzt, unter welchen Verhältnissen da meine Kollegen, Ingenieurwissenschaftler, arbeiten müssen. Ich hatte zuhause mein eigenes Einzelbüro und meine Projekte oder Teilprojekte, die ich selbständig und eigenverantwortlich bearbeitete. Meine Karriere bestand darin, dass ich mich zu einem immer gefragteren Fachmann spezialisierte. In Korea war mein Job, für meine Software, die ich für die Jungs entwickelt hatte, eine Schulung zu machen. Die koreanischen Kollegen arbeiteten wie die Hühner in einer Legebatterie, alle in einem großen Saal, jeder hatte wenig mehr als 1 m Tischkante, mit Trennwänden zum Nachbarn. So ähnlich wie bei uns das Sprachlabor in der Schule. Wenn es mal ein Einzelbüro gab, dann war darin der Chef vom Chef, und die Jungs wussten noch nicht einmal, wie der hieß. Platzmangel war nicht der Grund, das ganze Gebäude war voller leerer Räume, die nur hin und wieder als Meeting Rooms genutzt wurden. Außerdem scheinen die eine sehr konservative Vorstellung von einer Karriere zu haben, nämlich Chef von immer mehr Leuten zu werden. Beim Essen machten sie sich über mich lustig: Ach? Die Software haben Sie selber entwickelt? Also wenn bei uns jemand in Ihrem fortgeschrittenen Alter immer noch selber programmiert, dann sind wir Koreaner uns einig: der ist wohl mit seiner Karriere gescheitert. Außerdem herrscht in Korea ein brutaler Leistungsdruck. Was gibt es in Korea sonst noch typisches im Geschäftsleben? Anderswo kennt man den Zusammenschluss von Unternehmen und nennt das Konzern oder Gruppe. In Korea ist das zweistufig, es gibt auch Zusammenschlüsse von Konzernen. Bei allem Leistungsdruck, Korea ist ein freies westliches Land, und Arbeitnehmer lassen sich nicht jede Unterdrückung gefallen. Ich hatte in der weltgrößten Werft zu tun, Hyundai Heavy Industries in Ulsan, und erlebte eine Demonstration für mehr Arbeitssicherheit, gegen die vielen Unfälle. Gleichzeitig war ich über eines ganz gerührt: Der große Werftkran war die ganze Nacht in Betrieb und war im angrenzenden Stadtteil gut zu hören. Hier in Deutschland geben solche Anlagen hässliche Warngeräusche von sich, Bimmeln oder Tröten. Da nicht. Jedesmal, wenn er sich in Bewegung setzte, erklang die Melodie der 40. Symphonie von Mozart.


Smysd1 
Beitragsersteller
 05.02.2025, 08:29

Hi vielen Dank für Ihre Antwort die war sehr hilfreich! Gab es bei Ihnen sowas wie Geschäftswagen oder sonstige? Wenn ja wie waren die?

hamberlona  05.02.2025, 08:38
@Smysd1

Nein, Geschäftswagen gab es bei uns nicht. Nebenbei: wir duzen uns hier im Netz, steht in Punkt 17 der Netiquette.

Smysd1 
Beitragsersteller
 05.02.2025, 08:40
@hamberlona

Ah okay. Und Geschäftsessen? Entschuldige die vielen Fragen 😅

hamberlona  05.02.2025, 10:38
@Smysd1

Ja, die koreanischen Kunden haben uns in der Woche einmal zu einem Essen eingeladen.

Smysd1 
Beitragsersteller
 06.02.2025, 17:14
@hamberlona

Okay vielen Dank :) das war sehr hilfreich