3 Verfassungen im jahre 1849,1850 und 1871

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Die von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche am 28. März 1849 beschlossene Reichsverfassung, die sich nicht durchsetzen konnte (die Revolution 1848/9 wurde besiegt), die Verfassung des Königsreichs Preußen vom 31. Januar 1850 (eine Abänderung einer ursprünglich an 5. Dezember 1848 auferlegten Verfassung und die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 haben als Staatsform jeweils eine konstitutionelle Monarchie. Nur die Paulskirchenverfassung ist auch eine parlamentarische Demokratie. Am weitesten von einer Demokratie ist unter den drei Verfassungen die preußische von 1850 entfernt. Einige Hauptunterschiede können durch Durchlesen der Verfassungsbestimmungen und von Überblicksdarstellungen festgestellt werden.

  • Unterschiede in der Machtstellung des Monarchen: In der Paulskirchenverfassung von 1849 hat der König (ebenso wie die Regierung) nur ein aufschiebendes (suspensives) Veto gegen Gesetze (seine Ablehnung hat nur befristet Wirkung und kann vom Reichstag nach einer gewissen Zeit durch erneuten Beschluss überstimmt werden). In der preußischen Verfassung von 1850 hat der König ein absolutes Veto. In der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 hat der Kaiser zwar das Recht, den Reichskanzler zu ernennen und zu entlassen, den Reichstag einzuberufen, zu vertagen und aufzulösen, aber er hat kein Veto.
  • Aufbau der gesetzgebenden Gewalt: In Paulskirchenverfassung von 1849 liegt die Gesetzgebung beim Reichstag (außerdem haben Kaiser und Regierung ein Initiativrecht für Gesetze). Dieser besteht aus einem gewählten Volkshaus und einem Staatenhaus mit Vertretern der Länder (teils von den Landesregierungen ernannt, teils von den Landtagen gewählt). In der preußischen Verfassung von 1850 gibt es zwar ebenfalls zwei Kammern des Parlaments (Landtag). Aber neben dem gewählten Abgeordnetenhaus gibt es das Herrenhaus, dessen Mitglieder vom König auf Lebenszeit berufen werden. Es ist also keine föderalistische Einrichtung, sondern eher eine Standesvertretung. Für die Gesetzgebung war Übereinstimmung von König (hat ein Initiativrecht), Herrenhaus und Abgeordnetenhaus nötig. In der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 gibt es den gewählten Reichstag (Parlament mit einer Kammer) und als Vertretung der Länder den Bundesrat (Vertretung der Länder).

Kontrolle der Regierung durch das Parlament: Eine volle parlamentarische Kontrolle gibt es nur in Paulskirchenverfassung von 1849 ( Die Regierung ist rechenschaftspflichtig und die Reichsminister können vom Reichstag beim Reichsgericht angeklagt werden). In der preußischen Verfassung von 1850 können (neben Gesetzgebung und Haushaltsbewilligung) zwar von einer Kammer Minister beim obersten Gerichtshof angeklagt werden, der König ernennt aber die Richter. In der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 hat der Reichstag Mitspracherechte (vor allem Gesetzgebung und Haushaltsbewilligung), aber nur schwache Kontrollmöglichkeiten (keine volle parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung/des Reichskanzlers, weil der Reichstag ihnen kein Misstrauen aussprechen und sie nicht abwählen kann).

  • Grundrechte: Die Paulskirchenverfassung von 1849 enthält einen umfangreichen Katalog von Grundrechten. Auch die preußischen Verfassung von 1850 enthält eine Reihe von Grundrechten (“Rechte der Preußen“). Die Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 enthält dagegen keine Grundrechte. Diese standen in den Verfassungen der Einzelstaaten.
  • Wahlrecht: Die Paulskirchenverfassung von 1849 enthielt ein allgemeines, gleiches, freies und geheimes Wahlrecht für Männer ab 25 Jahren. Die preußische Verfassung von 1848 enthielt ein allgemeines und gleiches Wahlrecht für Männer. Allerdings wurde dies schon am 30. Mai 1849 durch ein Dreiklassenwahlrecht ersetzt. Dieses galt auch in der preußischen Verfassung von 1850. So etwas wird als Zensuswahlrecht bezeichnet, weil das Wahlrecht vom Besitz abhängt (in diesem Fall von dem gezahlten Steuerbetrag). In der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 hat der Reichstag Mitspracherechte wurde das allgemeine, gleiche freie und gemeine Wahlrecht für Männer ab 25 Jahren von 1849 auf Reichsebene übernommen (in Preußen blieb aber das Dreiklassenwahlrecht auf Landesebene).