Weshalb ich den Utilitarismus ablehne
Ich war bisher ein großer Fan des Utilitarismus und habe ihn als sehr gerecht empfunden. Viele der gegen ihn vorgebrachten Argumente konnte ich nicht nachvollziehen, aber nach längerem Nachdenken kam mir ein relativ gutes, wenn auch unpopuläres Argument in den Sinn — zumindest hatten wir das so nicht in der Schule.
Das Argument, das ich meine, betrifft die subjektive Entscheidung darüber, was gut und was schlecht ist. Ich bin unbewusst ziemlich überzeugt davon, dass meine Ansichten richtig sind und ich moralisch beurteilen kann, was gut und böse ist. Gleichzeitig denken aber etwa 8 Milliarden Menschen (zumindest unbewusst) genauso von sich. Ein Islamist beispielsweise ist davon überzeugt, durch Anschläge Gutes zu tun und ungläubige Seelen von ihrem Leiden zu befreien. Da ich versuche, universalistisch zu denken, möchte ich diese Sichtweise nicht einfach ablehnen, weil ich meine Meinung nicht über die von anderen Menschen stellen will — auch nicht über die eines Islamisten. Das mag abstrus klingen, aber aus universalistischer Perspektive würde ich nicht in einer Welt leben wollen, in der ein Mensch seine eigene Meinung als moralisch über die eines anderen stellt, weil diese auch mich treffen könnte.
Das bedeutet nicht, dass ich den folgenethischen Ansatz des Utilitarismus ablehne, sondern nur die Idee, dass jeder basierend auf seinem eigenen moralischen Konstrukt von Gut und Böse entscheiden kann, wie er folgenethisch handelt. Ich bin kein Kantianer, da ich sein Konzept der Menschenwürde ablehne und auch kein Fan davon bin, Handlungen nach dem guten Willen zu bewerten. Seine universalistische Maxime finde ich jedoch gut, sehe sie aber nicht als direkt geeignet an, um sie in eine folgenethische Theorie zu integrieren.
Gibt es einen Namen für die von mir angestrebte Ethik? Und kennt jemand ein Konzept für eine folgenbasierte Ethik, die nicht auf subjektiver Moral, sondern auf universalistisch-logisch-systemischen Prinzipien basiert — etwa ähnlich Kants Maxime?
2 Antworten
Beim Utilitarismus dreht es sich um den größtmöglichen Nutzen für eine größtmögliche Anzahl von Menschen. Das sehe ich bei Attentaten nicht, denn sogar die meisten "Glaubensbrüder" des Islamisten finden das nicht gut. Der Nutzen ist gelinde gesagt überschaubar.
Es geht ja nicht darum was ein Einzelner gut findet, sondern was möglichst objektiv einen möglichst großen Nutzen für möglichst viele bringt.
Allerdings scheinst du dich tiefer damit zu beschäftigen als ich. Vielleicht liege ich daneben.
Ich sehe das auch wie du, dass kein nutzen existiert und bin mir sicher, dass solche Anschläge von mindestens 95% der welbevölkerung abgelehnt wird.
Mein Punkt ist eher, dass ich nicht Mehrheit der Menschheit darüber entscheiden lassen will, was gut und was böse ist, da damit Minderheiten unterdrückt werden können . Es gab bestimmt einen Punkt in der mesnschheistgeschichte, an dem die Mehrheit der Menschen der Meinung waren, der nutzen ist am größten, wenn Homosexuelle Personen keine rechte haben, da dies - aus der Sicht, der damaligen mehrheitlichen Bevölkerung - gefährlich für die Gesellschaft ist.
Da ich die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung, basierend auf dem Beispiel gerade eben oder die individuelle Bewertung von gut und böse (siehe Islamisten Beispiel) ablehne, bin ich kein Fan des Utilitarismus.
Mir fällt gerade auf, dass das ziemlich antodemokratisch klingt. Also nochmal zu Klarstellung, ich bin nicht der Meinung, dass eine Gesellschaft nicht basierend auf Mehrheitsentscheidungen Entscheidungen treffen darf, sondern lehne nur die moralische Richtigkeit, basierend auf mehrheitlicher meinung ab.
Deine Kritik teile ich. Der Utilitarismus sieht den Nutzen als höchstes Gut. Der Nutzen ist aber das, was die Leute tun. Das ist eine unüberwindbare Tautologie. Egal ob Veganerpäpste mit dem Tierwohl oder die Gralshüter des Wirtschaftsliberalismus mit ihrem wirtschaftlichen Nutzen. Sie bewegen sich im Kreis.
Kants Pflichtenethik ist natürlich auf fragwürdig, dennoch weit über dem Utilitarismus. Aber etwas anderes fällt mir kaum ein, wenn du nicht religiös argumentieren möchtest. Eine Alternative wäre möglicherweise der Pragmatismus: