Wie werden Menschen zu Mobbern und wie bringt man sie davon ab (bitte um eigene Erfahrungen)?

23 Antworten

Von Experte rotesand bestätigt

Ein wunderschönes Hallo an Dich,

ich bin bisher immer wieder aus unterschiedlichen Gründen gemobbt worden. In erster Linie ist dies in der Schule passiert, teilweise auch innerhalb der Verwandtschaft, aber das geht über den Begriff "Mobbing" wohl etwas hinaus und ist ein anderes Thema.

Meiner Erfahrung nach, waren es eigentlich immer Menschen mit einem sehr instabilen Umfeld, die so versucht haben, ihren Frust zu kompensieren. Diese Leute hatten oft ein ziemlich mieses Verhältnis zu sich selbst und das Elternhaus war in vielen Fällen auch nicht wirklich das, was wir uns unter einem warmen Ort vorstellen, der einem Kind das Gefühl vermitteln kann, geliebt und anerkannt zu werden.

Auf der einen Seite haben mir einige dieser Menschen das Leben zur Hölle gemacht, aber irgendwann ist eine ziemlich seltsame Sache passiert, ich habe mich mit einem Jungen unterhalten, der mich zuvor immer verletzt hat.

Er hatte ziemlich viele Geschwister, ging in der Familie unter und eine Mutter, die ihn verprügelt hat, sobald er etwas tat, was ihr nicht passte. Er hatte dieses Verhalten von seinen Eltern übernommen und nach diesem Gespräch habe ich erkannt, dass er eigentlich eine sehr traurige Persönlichkeit war, obwohl er immer über mich lachen konnte.

Eine andere Person, die mich regelmäßig verletzt hat, erzählte mir ziemlich viel über die Familie, die er hatte und besonders über seine Mutter und seinen Vater, der einfach verschwunden war.

Irgendwann kam immer der Punkt, an dem es passiert ist, dass einige der Menschen, die so böse sein konnten, mir etwas Positives ins Gesicht gesagt haben. Einige dieser Leute waren neidisch auf mich und waren der Meinung, dass ich eine glückliche Kindheit hätte und in meiner Familie alles in Ordnung wäre, ich hatte relativ gute Noten, ohne viel dafür tun zu müssen und das war auch einer der Gründe, warum sie ein Problem mit mir hatten.

Die meisten dieser Menschen hatten das Gefühl, keine Perspektive zu haben und am Ende zu sein, später habe ich auch erlebt, dass Mobbing vorkommen kann, wenn man einen anderen Hintergrund hat und neu an einen Ort kommt.

Auch hing es (oft) mit psychischen Problemen zusammen, der derjenige aber nicht aussprechen wollte.

Viele dieser Leute haben durch dieses Verhalten erst Beachtung gefunden, die sie ansonsten nicht gehabt hätten.

Ich möchte hiermit kein Mobbing verharmlosen und möchte auch nichts beschönigen, allerdings hat mir persönlich die Einsicht, dass diese Menschen alle ziemlich große Probleme hatten, geholfen, besser damit umgehen zu können und gewisse Dinge verzeihen zu können.

Rosenmary 
Fragesteller
 12.09.2021, 21:57

Vielen Dank für den spannenden Einblick. Ich denke auch, dass vieles aus dem Elternhaus stammt, in dem die Mobber aufwachsen.

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Von Experte Rosenmary bestätigt

Hallo,

ich kannte und erlebte vom Zusehen und gelegentlich auch als Adressat von meist auf meine Herkunft bezogenen gelegentlichen Geschmacklosigkeiten - gemobbt im eigentlichen Sinne wurde ich nie - einige Mobber auch teilweise über längeren Zeitraum hinweg - teils sogar von der Kindheit bzw. Schulzeit bis ins Erwachsenenleben hinein rund 25 Jahre.

Zum Mobber kann eigentlich jeder werden, wenngleich ich persönlich den Satz "nur wer im Dreck sitzt, kann auch mit Dreck werfen" unterstreichen kann - zumindest in den allermeisten Fällen steht persönliche Unzufriedenheit dahinter und bei den Deutschen, die leider echt eine vermaledeite Neidgesellschaft pflegen, kommt oft auch der Gedanke "wenn's anderen schlecht geht, geht's mir besser" hinzu.

Welchen Mobbern seid Ihr begegnet und aus welchem sozialen Umfeld kamen sie?

Ich begegnete Kindern und Jugendlichen, aber auch einem Mann, der seine schlimmsten Taten mit über 60 Jahren verübt hat. Dieser Mann wurde in einer Zeit, in der das Wort Mobbing noch unbekannt war fast zehn Jahre lang fertig gemacht wurde bis jenseits der denkbaren Grenze. Eine junge Kollegin spekulierte auf den Posten des älteren Herrn, hielt ihn für nicht qualifiziert genug und ungeeignet, streute Gerüchte über ihn, die so alle nicht stimmten und versuchte ihn überall lächerlich zu machen, um ihn zu diffamieren und an seinen Posten zu kommen. Es war Rufmord im eigentlichen Sinn. Dieser Mann war seit seiner Genesung (der war über ein Jahr krank deswegen) und einem beruflichen Wechsel zum Niederlassungsleiter fortan unausstehlich und extrem aggressiv, diffamierte und behinderte Kollegen und Untergebene wo er konnte und ließ sie gern im Beisein von Kunden mit Genuss komplett runterlaufen, mitunter bis Tränen flossen. Diese Frau, die ihn zuvor am meisten und am tiefsten gemobbt/gekränkt hat, hatte er besonders gefressen; er hat in unserer Heimatstadt sie über Jahre hinweg subtil in aller Öffentlichkeit bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit schlecht gemacht und diffamiert, bis sie selbst psychisch labil war, zunächst in Behandlung ging, sich kaum noch aus dem Haus traute weil man nicht ihr als junger, zugezogener, nicht im Gesellschaftsleben präsenter Frau, sondern dem "mächtigen" angesehenen und in allen Vereinen präsenten, älteren Mann glaubte (zumal der nicht gelogen hat in dem, was er über sie erzählt hat, aber teilweise stark übertrieb) und wegziehen musste, weil sie es in der Region nicht mehr aushielt. Selbst da machte er sich bemerkbar und hat die Frau am Tage ihres Auszugs/ihrer Wohnungsauflösung vor ihrer Wohnung erwartet, mit gönnerhaften Sprüchen "feierlich großmütig verabschiedet", ihr emotional den Gnadenstoß versetzt und sich dann noch diebisch drüber gefreut, diese Widersacherin selbst in die Knie gezwungen und leiden gesehen zu haben. Er hat mir das mehrfach erzählt, ist vor einigen Jahren gestorben. Aus menschlicher Sicht kann man das zwar verstehen, aber ich bin eigentlich dagegen, Feuer mit Feuer zu bekämpfen.

Die mobbenden Kiddies in meinem Umfeld stammten meist aus "gehoben bürgerlichen", alteingesessenen und "selbstbewussten" Familien aus einer bestimmten eher von Wohlhabenderen bevölkerten Siedlung und mobbten in der Regel "Ausländerkinder", vor allem Russlanddeutsche, deren Eltern weder Wohneigentum noch fette Autos noch repräsentative Jobs und Ehrenämter hatten. Mobbing in dem Sinne war es eigentlich nicht, sondern mehr eine Ansammlung dummer Sprüche, die teils einfach nur debil und teils latent beleidigend waren, aber nicht in dem Sinne schlimm oder ehrverletzend. Es wurde mit den Jahren auch immer weniger. Die wussten es meist nicht besser und in einigen Fällen weiß ich, dass die Eltern das Mobbing säten bzw. daheim fortlaufend gegen "die Russkis" ätzten. Ich als Deutsch-Jugoslawe stand bei denen manchmal auch auf dem Mobbingmenü, aus dem selben Grund. Würde aber nicht sagen, dass ich gemobbt wurde - die meisten waren friedlich.

Eine ganz besonders dreiste und ekelhafte Mobberin war die Tochter des evangelischen Pfarrers, die war einfach nur selbstherrlich und arrogant, aber ich weiß aus dem Dunstkreis dieser Familie, dass die Mutter mit der Tochter unzufrieden gewesen sei und das Verhalten nicht gut fand. Die war das "Sandwichkind"; ihr Bruder war Autist und erhielt alle Aufmerksamkeit, dazu gab es eine Schwester mit glänzenden Noten und freundlicher Art, die alle mochten und zwischendrin stand ungepflegt, verrotzt und unfreundlich diese Mitschülerin in aufgetragener Kleidung, mit starkem (nicht hiesigem und etwas schrägem) Dialekt sowie der Bürde des Elternhauses - der Vater galt als Hassprediger und war nicht beliebt; der autistische Bruder fiel negativ auf und die kleine Schwester kam besser an. Das Mädchen war eklig und spann Intrigen noch und nöcher, bis sie im Winter 2004/05 in der Nachmittagsschule zusammenbrach und weinte, alle seien so böse zu ihr. Das gab einen ziemlichen Aufstand, der Lehrer griff ein und sagte ihr - wenn sie so böse zur Klasse ist und alle gegeneinander ausspielt, sich aber als liebe Pfarrerstochter installiert, dann ist das kein Wunder. Die hatte eine Freundin, die genauso war, bzw. mehr eine Art Sidekick; die wohnte hier in der Siedlung, war das Kind sozial schwacher und verrufener Eltern und wurde als Kind oft an den Augen operiert, weil sie so schielte; die hielt sich für hässlich und mein Opa sagte immer (der kannte die Großeltern näher), dass diese Familie ihre typischen sudetendeutschen Minderwertigkeitskomplexe einfach weiter vererbt habe und ich dieses primitive Gedöns auf keinen Fall persönlich nehmen solle. Nur so am Rande: Die ist das heute wohl immer noch bzw. war es 2019 beim letzten Zusammentreffen immer noch. Offenbar geben hier Minderwertigkeitskomplexe den Ton an; man will sich aufwerten, wenn man andere diffamiert und sieht, wie sie in die Knie gehen. Na ja!

Weiß auch von zwei angehenden männlichen Erziehern, die jeweils die einzigen Jungs ihrer Klasse an völlig unterschiedlichen Fachschulen für Sozialpädagogik waren und dort von den Mädchen bis zur Grenze gemobbt worden sind. Man muss dazu sagen: Beide waren sehr gute Schüler und wurden von Lehrern gemocht - und wo sich Frauen zusammenrotten, geht es noch heißer her als bei einer Herrenpartie, wo es nach ein paar derben Sprüchen oftmals sogar fast freundschaftlich zugeht, jedenfalls nicht böswillig.

Eine üble Mobberin dort kannte ich persönlich, da sie aus meinem Stadtteil stammte und nur ein Jahr älter war als ich; eine zänkische Person, deren Mutter genauso war, die war schon in jungen Jahren so eine richtige dickliche Dorf-Oma in total altmodischer und lotteliger Kleidung und mit sich selbst enorm unzufrieden. Wir Jungen wollten nicht mit ihr gesehen werden, sie war unangenehm, unattraktiv, schlecht angezogen und ehrlich gesagt auch dümmlich; die Mädchen fanden sie auch durchweg unangenehm und altbacken sowie besserwisserisch. Sie hat aber sogar Lehrer ihrer Schule zurecht gewiesen und im Kigapraktikum die Eltern wüst beschimpft - ganz die Mama. Offenbar haben die sonst nix. Der Apfel fällt halt nicht immer weit vom Stamm.

Ein anderer mobbte mich kurzzeitig ein wenig aus reinem Neid. Ich hatte in der Realschule einen Mitschüler - ausdrücklich keinen Freund, mehr so ein Kumpan, mit dem ich ganz gut klarkam und mich manchmal privat traf etwa zum Fahrradfahren oder Musikhören. Das ging gut, bis er sich etwa Mitte-Ende der siebten Klasse ca. ab April 2004 peu à peu zu einem frechen, unterschwellig stichelnden Zyniker entpuppte der mir fortan neidisch begegnete, u.a. weil ich bei anderen Schülern sowie den Lehrern beliebter war als er und bessere Noten schrieb. Der Gute begegnete mir fortan ohne Grund feindselig und aggressiv, eigentlich war er nur gefrustet ohne Ende. Der Hintergrund war banal - ich hatte im Rahmen einer Gruppenarbeit einen kleinen Protestsong zum Thema Giftmülltransport per Schiff selbst geschrieben/mit der Combo vorgetragen und die Musiklehrerin war begeistert, während seine eigenen Reime eine schlechte Note einfuhren. Außerdem war er in der Klasse der - sorry - schlecht angezogene Außenseiter, die Eltern waren geschieden, es gab wenig Geld und er neidete wohl jedem, der mehr hatte als er, alles das er nicht hatte. Der hörte irgendwann auf auf als er merkte, ich begebe mich nicht auf dieses Niveau runter. Na ja.

Hatten sie echtes Selbstwertgefühl oder versuchten sie mit Mobbing über eigene Defizite hinweg zu täuschen?

Die meisten haben da wirklich Probleme; mit deren Selbstwertgefühl ist es nicht weit her und sie wollen sich über verbale Brutalität definieren, aber auch über die Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wird. Sie freuen sich dann drüber und stehen endlich auch mal im Zentrum des Geschehens - selbst wenn es negativ konnotiert ist. Ein wirklich selbstbewusster Mensch bzw. ein normal selbstbewusster Mensch mobbt nicht - wenn so jemand mobbt und austeilt, ist es die Folge nach außen getragener Hybris oder Narzissmus. Oder die Kinder machen es den Eltern nach, auch das gibt es.

Manche Mobber sind aber auch aus Neid so giftig. In Deutschland gilt es oft als unschicklich und unseriös, sich etwas Besonderes zu gönnen, egal ob ein Auto, Kleidung, eine tolle Armbanduhr oder sonst was. Dann wird gemobbt, weil man wütend ist auf die Person, die sich das gönnt, das man selbst aufspart.

Ich erinnere mich an eine Sache aus meinem Ausbildungsbetrieb: Ich hatte eine ca. 30 Jahre junge Kollegin, die den bekannten Schönheitsidealen entsprach - mein Typ war sie optisch nicht, dafür war sie menschlich angenehm - und in ihrer Freizeit gelegentlich gemodelt hat. Sie war herzlich, nett, immer gut gelaunt, einfach so ein Sonnenschein - jemand, bei dem man froh ist, wenn man mit ihm arbeiten darf, weil es menschlich nett ist. Die meisten in der Firma haben sie sehr gemocht. Nur die Kolleginnen in ihrem Alter haben sie auf infame Weise wegen ihres Aussehens und dem Modeln gemobbt - und am Schlimmsten waren die "Unscheinbaren", die in ausgewaschenen Jeans zu plumpen Sportschuhen auf die Arbeit kamen und immer unzufrieden mit sich selbst gewirkt haben, auch nicht sonderlich beliebt waren durch Unfreundlichkeit, Passivität und/oder fachliche Inkompetenz. Für so jemanden mit geringem Selbstwertgefühl und ggf. eigenen Komplexen ist eine Person, die alles hat was man selbst nciht verkörpert, dann auch menschlich gesehen beliebt und anerkannt ist, natürlich ein gefundenes Fressen, um eigenen Frust an ihr auszulassen und das geschieht oftmals eben durch Mobbing bis rauf zu regelrechten Rufmordkampagnen. Auch wenn es menschlich gesehen echt aller-aller-unterstes Niveau ist.

Welche Defizite waren das?

Gesellschaftlich nicht angesehene oder zerrissene oder allgemein schlechte Elternhäuser bzw. Familien, schlechte Schulnoten, mangelnder Erfolg bei Gleichaltrigen sowie ggf. potenziellen Partnern bis zu Isoliertheit, aber auch das permanente Gefühl nicht genug Beachtung zu erhalten sowie allgemein niedriges Renommee. Oft alles zusammen. Mir sind tatsächlich oft Sudetendeutsche bis ins hohe Alter negativ aufgefallen, die mit aller Gewalt probierten die Verdienste anderer zu schmälern, indem sie sie lächerlich zu machen versuchten oder aktiv diffamierten oder denunzierten. Die bekämpften damit ggf. auch Vertreibungstraumata - dieser Hass richtete sich nämlich gegen "Deutsche" oder gegen Ausländer im eigentlichen Sinne, denen sie es zeigen wollten.

Und kennst Du Mobber, die das Mobbing aus eigener Entscheidung sein ließen?

Keinen einzigen. Die meisten hörten auf, wenn sie einen bestimmten Freundeskreis verließen - das war oft die treibende Kraft. Oder wenn sie an Reife gewonnen haben - auch die Kiddies werden erwachsen und merken, dass bestimmte Sache einfach mistig sind; Mobbing ist in der Pubertät auch oft ein Kräftemessen oder Ausloten von Grenzen. Mancher weiß gar nicht, wie sehr er andere kränkt, die er mobbt.

Im weitesten Sinne fiele mir jedoch eine ehemalige Mitschülerin ein, die ganz kleine Brötchen buk, nachdem sie mit ca. 25 Jahren eine Krebsdiagnose erhielt. Laut einer anderen Mitschülerin, die noch Kontakt pflegte, habe sie wohl auch bereut, dass sie stets andere gemobbt habe und sah ihr Leiden als Rache dafür an - denn das hat sie jahrelang bis zum Anschlag getan und auch ich wurde immer mit Beleidigungen bedacht; "Mausefallenhändler" als Quasi-Synonym für "dreckiger Ausländer" war einer der charmanteren Ausdrücke, mit denen sie mich anging. Sie starb kurz vor der 30, soll zum Schluss nahezu blind gewesen und im Rollstuhl gesessen haben. Das ist tragisch, ich hatte aber irgendwie kein Mitleid und denke mir heute ... der alte Mausefallenhändler lebt immer noch und diese Person war so gehässig zu mir und lachte uns noch aus und mobbte auch viele andere, z.B. meine erste Freundin, intensiv, das ging einfach nicht und geht immer noch nicht. Sorry.

Ansonsten gedenkt mir noch eine merkwürdige Begebenheit. Ich hatte in der 10. Klasse eine Mitschülerin, die zwar oft sehr abweisend und schroff zu mir war, aber sich am Abschluss-Streich im Sommer 2007, als wir zwei mal für ein paar Momente allein gewesen sind und niemand da war, doch noch dazu äußerte und meinte, sie hätte mich immer toll gefunden und eigentlich immer als sehr sympathisch angesehen, ich sei ein ganz lieber Typ und sie habe es dann auch es bereut, so "barsch" zu mir gewesen zu sein ------> ich habe sie noch gut in Erinnerung weil diese Geste echt Format hatte und mich beeindruckte; ich glaube bis heute, das war auch absolut ehrlich. Und 90 Prozent der Anderen aus meinem Jahrgang (1990/91) krieg' ich 14 Jahre später nicht mehr zusammen, das sagt schon was aus.

Ich habe gemerkt, es fiel ihr eigentlich nicht leicht und zu dem Zeitpunkt dachte ich mir ... klar, im Nachhinein macht's Sinn: Ich war in der (generell sehr oberflächlichen und merkwürdigen) Stufe einer von den Ausländern und das war einfach nicht cool. Will sagen, sie hätte wahrscheinlich bei anderen (sie war ohnehin eine Außenseiterin, die mit den meisten Mädels auch nicht groß konnte und oft belächelt wurde) erst recht den Spott auf sich gezogen, wäre sie allen Ernstes mit so einem Ausländer da zusammen gekommen. Und sie wollte wahrscheinlich cool wirken mit ihrem Verhalten - ich hab's ihr nie vorgehalten; Jugendliche sind manchmal ein bisschen komisch und es war halt so.

Was war der Anlass für das Umdenken?

In dem einen Fall war es der Krebs denke ich zumindest mal. Im anderen war es wohl der Gedanke an sich ... die wollte das eigentlich nicht, aber sie hatte keine andere Wahl weil sie "dabei sein" wollte. Im Nachgang sage ich mir ... die war damals einfach auf andere angewiesen und war sowieso eine Außenseiterin, da wollte sie sich nicht komplett abschießen mit einem "Ausländer" als Partner.

Wie sieht es mit Empathie bei Mobbern aus? Besitzen diese welche?

Wenn sie reifen vielleicht, ja. Oder wenn sie von anderen mitgerissen und dazu gehören wollen, also als Mitläufer mobben obwohl sie es eigentlich verdammen und im Grunde ganz vernünftig sind.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
isebise50  14.09.2021, 16:13

Wow - ich neige ja schon mitunter zu sehr ausführlichen Beiträgen, aber das ist mal echt lang.

Nichtsdestotrotz lesenswert!

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rotesand  14.09.2021, 16:37
@isebise50

Danke. das Thema bzw. die Frage waren es mir wert und im HomeOffice geht so was mal eher ;-)

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Hallo,

Interessante Frage.

Meiner Meinung nach ist Mobbing eine Gruppendynamik. Es gibt eigentlich nicht den einen Mobber, maximal einen "Anführer" der hervorsticht, da er am lautesten schreit, aber eigentlich ist dafür immer eine Gruppe von nöten, da von ihnen natürlich keiner die volle Schuld tragen möchte. In der Gruppe fühlt man sich stark, da man Verantwortung seiner Taten, in diesem Fall das mobben, auf andere abgeben kann. Setzt man jetzt einen der Mobber mit dem Opfer in Isolation, wird nicht viel passieren.

Solche Gruppendynamiken wachsen auf längere Zeit heran. Das passiert nicht von heute auf morgen sondern schleicht sich ein. In der Gruppe wächst der Zusammenhalt und gerade in jungen Jahren hat man das Gefühl "cool" da stehen zu müssen vor den anderen. Man lenkt Gespräche in Richtung markenklamotten oder generell auf Sachen die "angesagt" sind. Gibt es nun außerhalb der Gruppe einen, der zumal nicht sehr selbstbewusst ist, wenig oder keine Freunde hat und nicht diesem "angesagten" Bild entspricht, wird er schnell Opfer. Das beginnt mit Bemerkungen, wie :" so out, wie der rum läuft" (ka wie man das heutzutage in Jugendsprache sagt ) und steigert sich dann über längere Zeit. Wenn von den Opfer natürlich nichts zurück kommt, dreht sich der Kreisel immer weiter, bis es zur Gewohnheit wird, dieses Opfer immer runter zu machen. Gewohnheiten kann man schlecht ändern. Das ist das schwierige am Mobbing. Jeder einzelne der Gruppe wird sich raus winden, da die anderen ja auch dabei waren... der einzige Schutz davor ist, es gar nicht soweit kommen zu lassen. Schon in der Anfangsphase aktiv auszuräumen, was natürlich für ein schüchternes, unsicheres Kind extrem schwierig ist. Mobber selbst kann jeder werden. Manche merken es auch gar nicht, da sie es wirklich lustig meinten und nicht so weit denken, dass den anderen das sehr verletzt. Also könnte man vermutlich sagen, dass mobber generell Menschen sind, die jetzt nicht die beste Feinfühligkeit besitzen.

Meine Erfahrungen dazu sind folgende: als Kind war ich stets ein potentielles Opfer, kaum Freunde, kaum Selbstbewusstsein, schüchtern etc. Ich würde nicht sagen, dass ich direkt gemobbt wurde bzw verschwimmen Grenzen hierbei leicht. Ich hatte keinen Anschluss, wurde kaum integriert und gelästert wurde viel über mich. Da kam ich auch nie raus, bis zur 12. nicht, da so etwas so festgefahren ist, dass sich keiner traut etwas daran zu ändern, auch wenn ich zum Schluss schon relativ selbstbewusst war. Mit meinem Freundeskreis außerhalb der Schule wurde ich selbstbewusst, da habe ich neu gestartet und gleich mein Selbstbewusstsein präsentiert. War ein ganz anderer Stand, vom Außenseiter in der Schule zu jemanden, der auch mal was zu bestimmen hat. Ich war jetzt in der Position einzugreifen, wenn ich mitbekommen habe, dass jemand zum potentiellen Opfer wird. Wenn man an diesem Punkt entsprechend reagiert für jemanden, kann sich das Blatt noch leicht wenden, weil es nie so hochgeschaukelt wird.

Durch meine Ausbildung war ich auch viel in Grundschulen und dort wurde ich natürlich auch wieder mit dem Thema Mobbing konfrontiert. Es ist erschreckend, wie viele Lehrer weg sehen. Natürlich ist es schwierig in diese bestehende Dynamik einzugreifen, aber ich denke, dass leider bei dem Punkt des langsamen einschleichens schon weg geschaut wird, an dem der Lehrer doch noch die Möglichkeit hätte einzugreifen.

Also die erste Antwort hast du dir ja schon selbst gegeben. Mobber haben kein oder nur sehr wenig Selbstwertgefühl. Sie finden ihr eigenes Leben nicht perfekt oder gar schlimm und diese Frustration braucht ein Ventil. Und dafür suchen sich solche Leute die Menschen, die ihnen schwach vorkommen. Wer hier die wahre Schwäche hat, ist aber sehr offensichtlich. Nämlich der Mobber selbst.

Ich habe während meiner Schulzeit mit einigen Leuten zu tun gehabt, die solche Mobbing Charackteristiken hatten und womöglich sogar heute noch haben. Rückblickend ärgere ich mich manchmal sehr über mich selbst. In recht vielen Situationen, hätte ich die Möglichkeit gehabt, so manchen Mobber eine deftige Lektion zu erteilen. Ob mit Worten oder gar auch mit meinen Fäusten. Obgleich Gewalt prinzipiell falsch ist..
Ich hatte irgendwie immer das Problem, dass ich keine Angst davor hatte von einer Person verprügelt zu werden. Es ist zwar leicht sowas zu sagen, aber meine Angst war eher die, was passieren würde wenn ich mich wehre und ich der Person weh tue. Ihr sehr sehr weh tue. Und ihr eventuell sogar noch viel mehr zufüge als nur Schmerzen..
Das hat mich immer ziemlich blockiert. Und ich weiss nicht, ob manche Leute das durchschauen konnten oder sich einfach nur die Tatsache, dass ich mich nicht wehre, feige zu Nutzen machten. So oder so war ich ein leichtes Ziel für solche miesen Mobber.
Heute habe ich ein ganz anderes Selbstvertrauen und wünsche mir manchmal dass ich diese Autorität schon damals gehabt hätte...
Egal. Mobber sind Dreck! Sie sind kleine und unbedeutende Schandflecken. Die Leute die sie sich raussuchen, können nichts für die Nachteile die ihnen das Leben bereitet.

Hallo Rosenmary,

ich habe knapp zwei Jahre Mobbing Erfahrung am Arbeitsplatz hinter mir und kann daher von meinen eigenen Erfahrungen berichten.

Mobbing ist eine Gruppendynamik, die nur unter den “richtigen” Rahmenbedingungen funktioniert. Weil ich einen sehr schwachen und unsicheren Chef hatte, hatten meine Mobber leichtes Spiel. Alle wussten, dass ihr Handeln ohne Konsequenzen bleibt. Keinem wurde jemals die rote Karte gezeigt.

Meine Mobber waren allesamt sehr schwache Persönlichkeiten, die unter den “richtigen” Rahmenbedingungen ganz viel Zündstoff dafür hergegeben hätten, selber gemobbt zu werden.

Was genau ich diesen Menschen getan haben soll, ist bis heute ein Rätsel.

Es ist auch einige Zeit jetzt vergangen und ich konnte gut reflektieren.

Meine Mobber haben mir damals die Opferrolle zugewiesen und ich habe sie angenommen. Das war ein Fehler. Wäre ich noch mal in einer ähnlichen Situation würde ich anders damit umgehen und Missstände sofort und offen ansprechen. Sprich: jeden Mobber beim kleinsten Versuch sofort in die Schranken verweisen.

LG

Rosenmary 
Fragesteller
 19.09.2021, 11:02

Danke für Deine Antwort. Bist Du noch dort oder hast Du gekündigt?

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PepiamStart  19.09.2021, 11:16
@Rosenmary

Ich habe meinen Fall bei der Personalabteilung geschildert und mich versetzen lassen. Es wurden dann alle Hebel in Bewegung gesetzt, ich musste sogar bei der Geschäftsführung schildern, was da genau vorgefallen ist. Das war nicht ohne. Die Legende besagt, der Teamleiter musste danach ein paar Schulungen durchlaufen.

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