Wie passen Nihilismus und sich einen "Sinn" im Leben geben zusammen?

4 Antworten

Nihilismus als eine bestimmte Form der Weltinterpretation kann sehr unterschiedlich definiert werden, was hier aber zu weit führen würde. So ein wenig vereinfacht versteht man darunter wohl wohl eine Weltsicht, die weitgehend von Zufallsprozessen bestimmt wird, d.h. es werden keine wie auch immer geartete "höhere Mächte" angenommen, die in das Leben der Menschen eingreifen, es zu lenken versuchen und auf bestimmte Ideale hin zu justieren versuchen (z.B. vor Gott als Gerechter dastehen zu können). Der Nihilist lehnt jede göttliche Schöpfungstat ab, die den Menschen etablierte, um seinem Leben eine zielgerichtete Aufgabe zuzuschreiben. Für ihn waltet vielmehr blinder Zufall, bei dem Katastrophen den einen treffen und den anderen zeitlebens verschonen, ohne dass es in irgend einer Weise eine "ausgleichende Gerechtigkeit"geben könnte.

Dennoch kann man aber mit so einer Grundhaltung sein eigenes Leben versuchen so positiv und glücklich zu gestalten, wie das unter den eigenen Voraussetzungen möglich ist. Man kann einen Beruf wählen und ausüben, der zu innerer Befriedigung führt, man kann Beziehungen eingehen, die als Bereicherung erlebt werden, man kann sich Betätigungsfelder für die Freizeit wählen, die positive Erlebnisse ermöglichen. Und genau damit hat man doch seinem Leben eine Sinnstruktur verliehen: "Gestalte dein Leben so, dass die Momente positiven Erlebens möglichst zahlreich und die Momente des negativen Erlebens möglichst selten sind".

Bilanz: Auch der Nihilist kann seinem Leben einen Sinn geben

Ich glaube dass der Nihilismus die Basis für Selbstinitiative und Selbstverwirklichung bildet. Die Erkenntnis, dass die Existenz unbedeutend ist, schafft Raum für Interpretation und Kreativität.

Man befreit sich gewissermaßen von dem Gedanken einer Vorherbestimmung und kann sich so selbst auf die Suche nach Dingen machen, die einem die Zeit angenehmer vertreiben. Nihilistisch veranlagt zu sein oder sich als solcher zu identifizieren bedeutet ja nicht, dass man dadurch jegliche Emotionen oder Begeisterungen verliert. Schließlich besitzt jedes gesunde menschliche Gehirn diese Eigenschaften.

Bloß weil das Leben und die Welt wertlos erscheinen, bedeutet es ja nicht per se, dass man sich so gegen die eigenen Glückshormone wehrt und jegliche Gefühle der Zufriedenheit verdrängt. Man kann auch glücklich sein wenn die Welt keinen Sinn zu haben scheint.

Ich glaube, dass daher die Kreativität kommt, die Fantasie und die Selbstverwirklichung. Wer erkannt hat, dass wir niemandem etwas beweisen müssen und dass unsere Existenz nicht groß von Bedeutung ist, der hat genug Zeit um darüber nachzudenken wie man dann die geschätzten 70-80 Jahre des Lebens verbringen kann. Wir Menschen streben trotzdem nach Zufriedenheit, ganz egal ob die Welt einen Sinn ergibt oder nicht.

Ich selbst sehe in dieser Welt keine große Bedeutung und glaube auch, dass der Tod als solches eigentlich das beste Ende des Lebens ist, was man sich vorstellen kann. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht leben will. Ich lebe gern und bin auch nicht depressiv. Ich habe ganz einfach erkannt, dass ich mir den Kopf über den Sinn nicht zerbrechen brauche. Ich kann ganz einfach überlegen mit welchen Beschäftigungen ich mir meine Zeit bis zum Tod vertreiben kann. Darauf kommt es für mich an. Frag nicht nach dem Sinn, sondern vertreibe dir deine Zeit mit Dingen, die dir Spaß machen.

Ganz und gar nicht!: Während er Nihilismus von der Nichtigkeit und Sinnlosigkeit jeden Lebens ausgeht, geht jeder Sinn des Lebens von der unerschütterlichen Güte des Universums aus.

LieberKiffer  24.07.2023, 23:50

Ich bezeichne das Universum eher als sinnfrei, nicht als sinnlos. In etwa 1 Millliarde Jahren wird die Sonne anfangen, sich auszudehnen und heißer zu werden. Ein Leben auf der Erde wird dann schwieririg werden. Die "moderne" Menschheit (Homo sapiens) existiert erst seit etwa 200.000 bis 300.000 Jahren, passt in die Zeitspanne von 1 Mrd. Jahren also 3.333 bis 5.000 mal hinein.

Ich gehe daher sehr stark davon aus, dass es bis dahin keine Menschheit mehr im heutigen Sinne geben wird. Das Universum ist weder gütig noch bösartig sondern indifferent. Selbstorganisierende und dissipative Prozesse ermöglichten die Entstehung von Leben und Evolution ohne gewolltes Ziel. Einen allgemeingültigen "Sinn des Lebens" scheint es jedoch nicht zu geben.

DER SINN DES LEBENS IST DAS LEBEN SELBST (frei nach Johann-Wolfgang von Goethe).

Als "intelligente" und "bewusste" Wesen haben wir das Privileg, unserem Leben selbst einen individuellen Sinn zu geben ;-). Für den einen ist das Genuß, für jemand Anderen vielleicht Familie oder Karriere oder noch etwas Anderes.

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Vielleicht durch die Erkenntnis das Hemmungen für einen von positiven Gedanken geleiteten Menschen nicht hilfreich sind.