Wie lange braucht man um gut in Schach zu werden?

3 Antworten

Moin,

das kommt in erster Linie darauf an, was du unter "gut" verstehst!?

Dann kommt es auch darauf an, wie talentiert du bist, wie viel Zeit du bereit bist, in ein eingehenderes "Schachstudium" zu investieren, ob du ein Autodidakt bist oder Trainer hast und gegebenenfalls wie gut diese Trainer sind (weniger im Hinblick auf ihre eigene Spielstärke, sondern eher in Bezug auf ihre Erklärkünste und im Aufstellen von sinnstiftenden Trainingsplänen...). Auch wichtig für die Schnelligkeit deiner Spielstärkeentwicklung können so Aspekte sein wie, ob du in einen Schachverein eintreten willst oder nur so mit dir (oder Freunden, Computerprogrammen...) spielst, ob du das Spiel sehr ernst nimmst oder es als schönes Hobby betreiben willst, ob du bereit bist, Geld in (gute) Bücher zu investieren, wie alt du bist, ob du nur einzelne Aspekte vertiefen möchtest oder umfassend ausgebildet werden willst, ob du ehrgeizig bist oder dich leicht durch anderes ablenken lässt (vor allem, wenn es mal nicht so läuft) und welchen Level du als dein Ziel (der Spielstärke) anpeilst.

Du siehst, man kann deine Frage unmöglich beantworten, ohne Näheres über dich zu wissen (aber das hast du ja selbst schon erkannt).

Ich kann dich insofern beruhigen, als man (allgemein gesprochen) im Anfängerstadium in der Regel relativ schnell Fortschritte macht. Schwieriger wird es dann, wenn du über die "Grundlagen" hinaus bist und bereits etwas Erfahrungen sammeln konntest. Dann ergeben sich Fortschritte häufig eher schubweise. Du kannst dann bereits etwas Schach spielen, schaust dir sagen wir neue Techniken in Eröffnungen oder im Mittelspiel an und studierst fleißig Endspiele. Dann ist es nicht selten so, dass du trotzdem eine Zeitlang in der Spielstärke stagnierst oder sogar etwas weniger erfolgreich bist als vorher. Aber nach dieser kleinen "Durststrecke" spielst du plötzlich sehr viel besser. Es ist dann so, als ob sich das neu Erlernte in dir erst "setzen" musste. Wenn es dann von dir verinnerlicht wurde, entfaltet sich dir eine neue, höhere Stufe des Verständnisses und meist auch ein höherer Genuss beim Spielen.

Meine Tipps für dein Fortkommen wären:

  • Tritt in einen Schachclub ein. Dort findest du jede Menge Schachpartner unterschiedlichster Spielstärke und du kannst Erfahrungen im regelmäßigen praktischen Spiel (in freien Partien, aber auch unter Turnierbedingungen) sammeln.
  • Kauf dir gute Bücher (diese sollten Sachverhalte unterhaltend erklären). Geeignet für Anfänger halte ich zum Beispiel die Buchreihe "Juniorschach" aus dem rororo-Verlag. Aber da gibt es noch viel mehr Gutes... Vermeiden solltest du am Anfang spezielle Eröffnungsliteratur. Kauf dir ein Buch, in dem einige gängige Eröffnungen mit ihren allgemeinen Ideen vorgestellt werden. Empfehlenswert finde ich zum Beispiel »Schacheröffnungen« von Wolf Michael (Falkenverlag) oder »Schacheröffnungen für Kids« von John Watson & Graham Burgess (Gambitverlag). Probiere verschiedene Eröffnungen aus und schaue, welche dir lagen und welche nicht (also womit du erfolgreich bist und womit nicht). Für das Training im Mittelspiel solltest du zunächst Taktikbücher erwerben, denn im Schach ist gemäß einer Faustregel 90% Taktik. Gut sind zum Beispiel »Schachtaktik für Kids« von Murray Chandler (Gambitverlag) oder »Lehr-, Übungs- und Testbuch der Schachkombinationen« von Karl Colditz (Falkenverlag). Aber da gibt's noch viele andere gute Bücher. Was du in diesem Zusammenhang auf jeden Fall tun solltes: Kauf dir auch Bücher, in denen kommentierte Meisterpartien enthalten sind. Das Nachspielen von Partien (mit viel Erläuterungen und ein paar Varianten) übt ungemein das bessere Verständnis des Spiels. Und schließlich solltest du dir auch ein Buch über Endspiele anschaffen, zum Beispiel eins von Karsten Müller. Aber achte darauf, dass du zunächst mit Basis-Informationen ausgestattet wirst. In allen drei Partiephasen kannst du später noch auf kompliziertere Fälle "erweitern".
  • Spiele (am Anfang) nicht zu viel mit dem Computer. Es ist sehr verführerisch, so schnell wie möglich viel zu spielen. Aber allein die Praxis lässt dich wahrscheinlich lange in der Entwicklung stagnieren. Umgekehrt lässt dich das "Pauken" von zu viel Theorie auch nicht vorankommen. Eine gesunde Mischung macht's...
  • Analysiere Partien (vor allem eigene; und da vor allem Verlustpartien!). Nutze für die Analyse deinen Kopf (nicht den "Rechner"). Wenn du die dir relevant erscheinenden Variationsmöglichkeiten durchgegangen bist, schreibe (die wichtigsten) Variantenbäume auf und beurteile die Endstellungen (zunächst nach Gefühl, später aufgrund positioneller oder materieller Faktoren). Versuche vor allem Wendepunkte in der Partie zu ermitteln. Das kannst du zum Beispiel anfänglich dadurch eingrenzen, dass du dich fragst, wann haben sich Weiß oder auch Schwarz noch "wohl gefühlt" und wann war plötzlich eine Seite im Vorteil. Versuche auch im weiteren Partieverlauf, eventuell auftretende Wendepunkte ausfindig zu machen. Wie kam es, dass eine Seite, die deutlich im Vorteil war (oder zu sein schien), plötzlich doch nur ein Unentschieden erreichte (oder gar noch verlor). Wenn du das gemacht hast, prüfe deine Varianten - jetzt mit Hilfe eines Rechners - auf taktische Richtigkeit und markiere Positionen, wo du eine vom Programm abweichende Stellungsbeurteilung getroffen hast. Analysiere diese Stellungen dann nochmals.

Mit diesen "ersten Schritten" solltest du eigentlich schnell Fortschritte machen. Achte darauf, dass das Training abwechslungsreich ist (nicht nur Eröffnungen anschauen, nicht nur Partien nachspielen, nicht nur Endspiele studieren, sondern von allem etwas...). Spiele zwischendurch auch Partien (bevorzugt gegen menschliche Gegnerschaft). Und wenn du dir auf diese Weise eine gesunde Basis geschaffen hast, verfeinerst du Schritt für Schritt dein Schachverständnis, indem du zum Beispiel in der Eröffnung verschiedene Gambits ausprobierst, um dein taktisches Vermögen zu steigern. Parallel steigst du tiefer in die Geheimnisse der Endspiele ein. Spiele auch jetzt Meisterpartien nach und analysiere (eigene) Partiestellungen. Kaufe ein Mittelspielbuch, in denen positionelle Aspekte (unterhaltsam) untersucht werden. Scheue dich bei Partiesammlungen oder Mittelspielbüchern nicht vor älteren Meistern. Tarrasch, Aljechin, Euwe, Nimzowitsch & Co haben ganz hervorragende Werke verfasst, die vielleicht für heutige Großmeister nur die halbe Wahrheit bedeuten, die einem aufstrebenden Anfänger und Fortgeschrittenen aber durchaus viel zu biten haben! Wenn du kannst, suche dir in dieser Phase einen Trainer.

Bei konsequentem Training plus praktischem Spielen, solltest du bei normaler Begabung rasch auf eine DWZ um 1400-1500 kommen. Der Sprung auf 1600-1700 wird schwieriger, der von 1700 auf 1800 ist noch einmal schwierig und der auf 1900-2000 noch schwerer.

Ich selbst habe eine DWZ zwischen 2100 und 2200. Das hat alles in allem etliche Jahre verschlungen, nicht zuletzt aber auch deshalb, weil bei mir ab einem gewissen Alter (zwischen 20 und 30) kein intensives Beschäftigen mit Schach im Sinne eines Vorankommens erfolgte. Vielleicht bist du ja auch einfach begabter und schaffst es schneller und / oder weiter... Viel Erfolg auf deinem Weg.

LG von der Waterkant

Csgoisnotacrime 
Fragesteller
 16.05.2018, 21:30

Ich bin 15Jahre alt und habe leider nicht die Möglichkeit in einen Schachklub zu gehen oder mich coachen zu lassen. Ich möchte Schach eigentlich nur nebenbei als ein Hobby betreiben, aber mich trzd. verbessern. Ich kenne nur zwei mit denen ich spielen kann, aber das auch nicht jeden Tag. Auf Amazon habe ich gesehen das Schach Bücher ziemlich teuer sind und da ich noch Schüler habe ich nicht so viel Geld zu Verfügung. Ich würde da lieber mehr Videos im Internet sehen. Ich hoffe ich habe hier nichts vergessen, danke für deine Antwort:)

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gorarog  18.05.2018, 10:38
@Csgoisnotacrime

Wie Wolfgang schon geschrieben hat, ist ein Schachklub die beste Möglichkeit. Wenn dies nicht geht: Du kannst kostenlos im Internet spielen, z.B. auf lichess.org

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Mancher „lernt“ es sein ganzes Leben lang nicht!

„Gut“ ist bezüglich der Spielstärke eines Schachspielers ein sehr dehnbarer Begriff. Selbst der Schachweltmeister ist nur der „Primus inter Pares“!

Lernen kann man aus guten Lehrbüchern zu Schachstrategie, -taktik und -eröffnungen sowie Mittelspiel, Endspiel und Bauernstrukturen. Leider muss man zu diesen Themenkomplexen sehr vieles zugleich lernen, sodass speziell Anfänger häufig zumindest zeitweise dadurch eher verwirrt sind, anstatt „weiterzukommen“.

Besser wird man auf jeden Fall, indem man in einen Verein eintritt und aktiv mitspielt – insbesondere gegen stärkere Spieler!

Beim Trainieren können auch Schachcomputer und -programme helfen. Allerdings sollte man hier nicht zu viel erwarten!

Buchautoren kannst bei meinen vorhergehenden Antworten finden.

Was ist "gut"? Je nach dem kann das Jahrzehnte dauern, also bring genug Zeit und Nerven mit. :)