Wie klug muss Autor sein um kluge Charaktere zu schreiben?

4 Antworten

Wenn man geschickt ist, kann man durchaus Charaktere erschaffen (glaubwürdig), die klüger oder sogar deutlich klüger sind, als man selber. Ganz dumm sollte man aber selber auch nicht sein.

So ein Charakter steht und fällt mit einer guten Recherche. Du musst nicht selber Mitglied bei Mensa sein, oft reicht es schon, jemanden zu kennen, der Jemanden kennt...

Ich muss auch nicht Physik Studiert haben, um einen Physiker zu beschreiben. Da reichen ein paar Gespräche mit einem näheren Bekannten. Verstehst Du, was ich sagen will? Du musst nicht alles selber wissen. Du musst nur wissen, wo es steht, bzw. wen man fragen kann.

Woher ich das weiß:Hobby – Leseratte von Anfang an (SF+Fantasy)
guitschee  08.03.2021, 09:35

Und man muss mit kleinen geschickten Details, die man vielleicht zufällig weiß, den Eindruck erzeugen, was wüsste alles, was dazu gehört :-D.

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"Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht.", sagte einst Einstein. Und das gilt auch für Autoren:

Der Autor muss mindestens so intelligent sein, sich von relevanten Fach-Experten helfen zu lassen, wenn er seinem Charakter Hochbegabung, etwa in Form "fachlicher Intelligenz", einhauchen will.

Was das genau ist, hängt von deinem Charakter ab: Beispielsweise wird ein "super-genialer Raketenwissenschaftler" für den Leser sehr viel glaubwürdiger, wenn er hier und da gutes Fachwissen durchblicken lässt. Und das wiederum kann der Autor bei Raketenwissenschaftlern oder "Science-Fiction"-Spezialisten (Think Tanks, etc.) einholen, ohne es selbst verstehen zu müssen.

Entsprechendes gilt für andere Fachrichtungen. Falls nötig eben auch durch mehrere Fachrichtungen.

Je intelligenter die Charaktere sein sollen, umso intelligenter müssen die Autor/innen sein. Du kannst keine Figur glaubhaft intelligenter darstellen als du selbst bist, weil du die Gedankengänge und Schlussfolgerungen einer intelligenteren Person bzw. Figur nicht nachvollziehen kannst.

Autor/innen die das trotzdem versuchen, scheitern dann an schrecklich unglaubwürdigen Figuren und/oder machen den Fehler Intelligenz mit Wissen und/oder gewählter Ausdrucksweise zu verwechseln.

guitschee  08.03.2021, 09:38

Dem widerspreche ich. Doch das geht, wenn man geschickt ist, kann man durchaus den Eindruck erwecken, dass die Figur intelligenter ist, als der Autor. Wenn man zum Beispiel selber elendig lange bräuchte um etwas zu verstehen und es auch nur halb versteht, die Figur das aber in wenigen Minuten herausfindet/kann und es für sie keinerlei Mühe bedeutet, dann erschafft man den Eindruck: intelligent.

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Andrastor  08.03.2021, 09:47
@guitschee

Dem widerspreche ich wiederum ;)

Der Grund ist der, dass eine Figur die ohne entsprechende Indizien auf einmal Sachen herausfindet, völlig abgehoben wirkt und nicht intelligent. Man kann das schön an guten und schlechten Krimi- und Detektivserien sehen.

Figuren wenig intelligenter Autoren entdecken winzigste Details die man als Zuschauer/in nicht sehen kann und haben auf einmal Eingebungen die man nicht nachvollziehen kann, nicht weil die Figur intelligent wäre, sondern weil die weniger intelligenten Autor/innen so den Eindruck erwecken wollen, dass die Figur intelligenter sei als sie selbst. Das können sie jedoch nur vom Standpunkt einer weniger intelligenten Person aus, weshalb die Figur auch künstlich und "overpowered" wirkt.

Eine Figur wirkt nicht intelligent, nur weil sie auf einmal Dinge weiß und Zusammenhänge erkennt für die es keine Anzeichen gibt, sondern sie wirkt dann intelligent, wenn sie mit demselben Wissensstand wie die Leser/innen, bzw. Zuschauer/innen folgerichtige Schlüsse zieht.

Mal sehen ob mir Beispiele einfallen...

Eine intelligente Figur ist zum Beispiel Inspector Columbo aus der Columbo-Serie. Er sieht Details aber solche welche die Zuschauer/innen ebenfalls erkennen können. Zudem wissen die Zuschauer/innen schon wer der Mörder ist und wie sich der Mord zugetragen hat. Columbo findet Verdächtige nach einem einfachen Prinzip "Wer zu viel weiß, hat was damit zu tun" und benutzt Schauspiel um unbeholfen und harmlos zu wirken und so die Täter dazu zu bringen ihm bei der Aufklärung der Fälle zu helfen.

Sowohl die Figur als auch die Fälle sind intelligent ausgearbeitet.

Ein schlechtes Beispiel ist sicher Jimmy Neutron aus der gleichnamigen Kinderserie. Er wird als super-intelligent dargestellt und benutzt schon lächerlich viele unnötige Fachbegriffe (sagt zum Beispiel "Natriumchlorid" anstatt "Salz"), trifft aber immer wieder extrem dumme Entscheidungen und zeigt, dass die Autor/innen keine Ahnung von wirklicher Intelligenz haben.

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guitschee  08.03.2021, 09:56
@Andrastor
Eine Figur wirkt nicht intelligent, nur weil sie auf einmal Dinge weiß und Zusammenhänge erkennt für die es keine Anzeichen gibt, sondern sie wirkt dann intelligent, wenn sie mit demselben Wissensstand wie die Leser/innen, bzw. Zuschauer/innen folgerichtige Schlüsse zieht.

Dem stimme ich zu. Das wirkt oft einfach nur seltsam und dumm, wenn sie ganz plötzlich Dinge weiß. Aber das ist ja nicht die einzige Art. Man kann es sie zum Beispiel einfacher lernen lassen - es fällt ihr einfacher logische Schlüsse zu ziehen und man kann Andeutungen darüber machen, was die Figur sonst so noch macht - man kann es der Phantasie des Lesers überlassen.

Er sieht Details aber solche welche die Zuschauer/innen ebenfalls erkennen können

Nun, ich habe Columbo nie gesehen/gelesen, deswegen kann ich das natürlich nicht einschätzen. Aber: Details sehen und Details auch verstehen sind ja durchaus nicht immer dasselbe. Ein kluger Mensch braucht vielleicht deutlich weniger lange derartige Details in den richtigen Zusammenhang zu bringen, als andere. Gerade bei Krimis muss man natürlich selber die Basis für derartiges als Autor schaffen, weswegen man da schon auch klug und intelligent sein muss (vermutlich der Grund, warum ich keine Krimis schreibe ;-)). Aber auch da: als Autor weiß man die Sachen, kann sie selber entscheiden, kann sie bestimmen, die Figur kann das nicht, weiß nicht alles - deswegen kann man sie intelligenter erscheinen lassen, weil/wenn sie es trotzdem herausfinden kann.

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Andrastor  08.03.2021, 10:01
@guitschee
es fällt ihr einfacher logische Schlüsse zu ziehen und man kann Andeutungen darüber machen, was die Figur sonst so noch macht

Was aber alles ebenfalls den Leser/innen möglich sein muss. Wenn man selbst jedoch nicht intelligent genug ist einen logischen Schluss zu ziehen, kann das die Figur auch nicht. Wenn man einen Umstand nicht versteht, wie will man dann eine Figur glaubhaft so schreiben, dass sie den Umstand versteht? Das geht nicht. Man kann also die Figur dann nur Dinge "verstehen" lassen bei denen man absichtlich Informationen vorenthalten hat um sie intelligenter Erscheinen zu lassen als man ist, aber das fällt eben auf und wirkt unnatürlich.

deswegen kann man sie intelligenter erscheinen lassen, weil sie es trotzdem herausfinden kann.

Selbes Thema. Es gibt sehr viele schlechte Krimis die von weniger intelligenten Personen geschrieben worden sind und die dann schreckliche Wendungen haben, da die Autor/innen selbst nicht in der Lage sind die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen und die Figuren das dann natürlich auch nicht können ohne allwissend zu wirken.

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