Weiß einer hier ob die Gender-Anpassung der Sprache auch in einem anderen Land der Welt stattfindet oder stattgefunden hat?
Hallo Linguist*innen, Historiker*innen oder Interessiert*inn*e*n. Viele Deutsch*inn*en sind vom "Gender-Wahnsinn" genervt. Aber keine*r traut sich seine Meinung öffentlich kundzutun. Man/frau befürchtet, sich mit 40 Millionen Frauen anzulegen.
Aber ich glaube, dass ein Großteil der Frauen auch davon genervt ist.
Gibt oder gab es überhaupt irgendein anderes Land, in dem der gleiche Prozess der Sprachanpassung stattgefunden hat?Ich weiß, dass es Sprachen gibt, die kein Neutrum haben, sodass alle Nomen und Substantive eins von den beiden Geschlechtern tragen.
Wie kommst du auf die Idee, dass sich niemand traue, seine/ihre/xiere Meinung zu sagen?
Da bin ich wohl von mir ausgegangen. Ich sehe ja hier, dass es Meinungen aller möglichen Färbungen dazu gibt. Vielen Dank!
16 Antworten
Ich beobachte das ganze in verschiedenen Sprachen.
Weiß einer hier ob die Gender-Anpassung der Sprache auch in einem anderen Land der Welt stattfindet oder stattgefunden hat?
Hier ein paar Beispiele, die ich schonmal gepostet habe. Alle genannten Sprachen tun mehr als die genannten Dinge:
In Frankreich wird auch gegendert, mit Punkten oder Hochpunkten statt Sternchen. Allerdings (noch) deutlich seltener als bei uns. Dafür sehe ich das neutrale Pronomen "iel" im Internet häufiger als "xier" oder "dey" bei uns.
Spanien und Italien gendern auch, aber ich glaube (noch) nicht in großen Medien. Schilder mit "Bienvenid@s" sah man schon vor etlichen Jahren.
In Schweden hat sich das neutrale Pronomen "hen" mittlerweile in vielen Bereichen durchgesetzt und wird auch von Zeitungen und Fernsehen verwendet. Es steht auf der amtlichen Wortliste, kann also nicht als "falsch" benotet werden. Grammatikalisch gibt's da kein männlich und weiblich. Endungen bei Berufen usw. wurden wohl schon vor Jahrzehnten abgeschafft. (Habe keine zuverlässige Quelle für den letzten Punkt.)
Island hat das neutrale Pronomen "hán" Anfang August ins Wörterbuch aufgenommen. Die sehen das alles allgemein ganz locker. Im isländischen Rundfunk kann sich der Berichterstattende (vulgo: Reporter) aussuchen, ob er im generischen Maskulinum oder zum Beispiel im kollektiven Neutrum spricht.
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Hallo Linguist*innen, Historiker*innen oder Interessiert*inn*e*n. Viele Deutsch*inn*en sind vom "Gender-Wahnsinn" genervt.
"Interessierte" und "Deutsche" sind bereits geschlechtsneutral.
Aber keine*r traut sich seine Meinung öffentlich kundzutun.
Sieht man hier ja klar und deutlich. Keine einzige Antwort, davon 0 kritische Stimmen.
Man/frau befürchtet, sich mit 40 Millionen Frauen anzulegen.
Frauen werden bereits seit den 60ern immer häufiger separat genannt. Es geht aktuell entweder um möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen ("Studierende, Lehrkräfte") oder darum, alle zu nennen ("Student:innen").
Ich weiß, dass es Sprachen gibt, die kein Neutrum haben, sodass alle Nomen und Substantive eins von den beiden Geschlechtern tragen.
Es gibt die unterschiedlichsten Konstellationen:
- gar kein grammatikalisches Geschlecht aber verschiedene Pronomen für männliche und weibliche Menschen
- gar kein grammatikalisches Geschlecht und nur ein Pronomen für männliche und weibliche Menschen
- Mandarin-Chinesisch
- Maskulinum + Femininum + Neutrum
- Maskulinum + Femininum
- Utrum (= gleichzeitug mask. und fem.) vs Neutrum
Die Schwierigkeit im Deutschen ist, dass die feminine Endung oft zusätzlich an die maskuline angeklebt wird: Müll-er-in. In den meisten Sprachen, die Endungen haben, wird diese stattdessen getauscht oder weggelassen. Beispiel Spanisch:
- maskulin: Müller = molinero
- feminin: Müllerin = molinera
- gegendert: Müller:in = molinere (auch molinerx, moliner@)
Spanische Formen wie "chic@s" gab's übrigens schon lange vor unseren Sternchen.
In Schweden hat sich das neutrale Pronomen "hen" mittlerweile in vielen Bereichen durchgesetzt und wird auch von Zeitungen und Fernsehen verwendet. Es steht auf der amtlichen Wortliste, kann also nicht als "falsch" benotet werden. Grammatikalisch gibt's da kein männlich und weiblich. Endungen bei Berufen usw. wurden wohl schon vor Jahrzehnten abgeschafft. (Habe keine zuverlässige Quelle für den letzten Punkt.)
"hen" wird kaum verwendet und wenn schon, dann nur von Universitäten und anderen links-eingestellten Instituten. Grammatikalisch unterscheidet man immer noch zwischen männlich und weiblich, und zwar durch Adjektivdeklinationen und Endungen.
Aber keine*r traut sich seine Meinung öffentlich kundzutun.
Das soll wohl ein Witz sein. Sobald du in einem öffentlichen Forum anfängst ernsthaft zu gendern, dauert es keine Minute, bis dir jemand mitteilt, was er davon hält. Oder was meinst du, was sich Nachrichtenredaktionen anhören müssen, deren Sprecher gendern? Ich halte da ja auch nicht viel von, aber beim Gendern kocht die Volksseele noch mehr, als bei Corona-Maßnahmen und wer sich dafür öffentlich einsetzt, darf sich auf Morddrohungen freuen.
Ich kann da nur zur Gelassenheit raten. Sprache verändert sich. Wir sprechen heute auch nicht mehr, wie Martin Luther. Wir haben größere Probleme als eine ungerechte Sprache. Aber es ist doch jedem sein Recht, sich für eine gerechtere Sprache einzusetzen. Und wer gendern möchte, sollte das tun dürfen ohne das ihm Hass und Häme entgegenschlägt.
Was andere Länder angeht, weiß ich nicht, wie emotional dort solche Diskussionen geführt werden. Aber Thema ist es nicht nur in Deutschland. Aber nicht jede Sprache, bietet da solche Problematiken, wie die Deutsche. Im Japanischen beispielsweise, gibt es gar kein grammatikalisches Geschlecht.
Gendersensible Sprache ist auch in anderen Ländern ein Thema. Je nach Sprache sehen die Bemühungen um gendersensiblere Formulierungen natürlich verschieden aus, da die Sprachen aufgrund ihrer jeweiligen Grammatik unterschiedliche Angriffspunkte bieten. Thema ist gendersensible Sprache z.B. auch im Englischen, im Niederländischen, im Schwedischen, im Französischen, im Japanischen, im Arabischen, im Russischen und im Spanischen (Quellen: 1, 2).
Geschlechtsneutrale Sprache wird eigentlich in Kern-Europa fast überall betrieben. Von Spanien bis Norwegen. Allerdings hängt es sehr an der Sprache. Englisch ist für geschlechtsneutrale Redeweisen gut geeignet. Es gibt nur "the", statt "der, die das". Berufe können geschlechtsneutral ausgedrückt werden. Die "Stewardess" ist schon lange der/die Flightattendent.
Romanische Sprachen sind wegen ihrer komplexen Grammatik noch schwerer als Deutsch zu gendern.
Die Franzosen nutzen einen Genderpunkt. Die Adjektive haben im Französischen häufiger einen Geschlechtsbezug.
https://gfds.de/geschlechtergerechte-sprache-im-land-der-academie-francaise/
Kommt in meiner Antwort vor ;-)
Aber hast recht, im Französischen ist es etwas komplizierter, als in den anderen romanischen Sprachen. Wobei die einen Riesenvorteil hätten.
The/A flight attendant ist im Deutschen der/ein Flugbegleiter oder die/eine Flugbegleiterin.
Deshalb ist das Gendern ja einfacher. The Flightattendent wird im Deutschen zu Der/Die Flugbegleiter*in.
ich wollte vor allem darauf hinaus, dass man im Deutschen statt Steward und Stewardess schon seit langem von einem Flugbegleiter oder einer Flugbegleiterin spricht. Im Deutschen habe ich noch nie die Bezeichnung flight attendant gehört. M.E. hat man nur bei purser/purserette die englischen Bezeichnungen übernommen und als Alternative für die Purserette gibt es noch die eingedeutschte Form Purserin.
Ja in Frankreich. Die sogenannte « écriture inclusive ». Also frei übersetzt die inkludierende Schreibform
Genau das Gegenteil ist der Fall - und es braucht nicht mal Sternchen dafür.