Was haben Reptilien eigentlich dafür getan, dass sie Flügel bekommen haben?

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Deine Formulierungen stimmen so nicht. Die Evolution verändert nichts, sondern sie ist die Veränderung. Die Evolution kapiert oder plant auch nichts, sondern geschieht einfach. Aber der Kern deiner Frage ist trotzdem verständlich.

Um zu sagen, warum Flügel zu einem bestimmten Zeitpunkt für einzelne Tiere ein Vorteil waren, muss man ein wenig ausholen, denn der Vogelflügel entstand ja nicht über Nacht aus einem Reptilienbein, sondern über eine Zahl Zwischenstufen, die jede für sich einen Nutzen bringen muss, damit sie erhalten bleibt.

Zunächst haben sich bei theropoden Dinosauriern Federn ausgebildet, die ihnen in Zusammenhang mit ihrer gleichwarmen Körpertemperatur einen Vorteil gebracht haben, da sie eine isolierende Wirkung haben, ähnlich wie die Haare der Säugetiere. Die ursprünglichen Protofedern sahen wohl sogar ein bisschen aus wie Haare, wurden aber in Millionen Jahren über mehrere Schritte immer effizienter für die Isolierung gestaltet, bis die modernen Federn mit Deckfahnen entstanden, das will ich aber nicht so ausführen.

Theropoden, die ihre Federn für mehr als nur die Isolierung ihres Körpers verwenden konnten, etwa fürs Balzen oder das Wärmen von Gelegen, verschafften sich dadurch einen Vorteil, womit man die Entwicklung abstehender Federn an den Armen (und Beinen) und damit der Vorformen der Flügel erklären kann.

Der nächste Schritt, durch den die Vorfahren der Vögel endlich die Flugfähigkeit erlangten, ist leider nicht vollständig rekonstruierbar. Es gibt aber zwei große Modelle, die erklären, unter welchen Umständen sich die Flugfähigkeit entwickelte:

Das erste Modell besagt, dass die ersten fliegenden Theropoden in den Bäumen lebten. Jedes andere gleitende oder fliegende Wirbeltier hat seine Entwicklung nachweislich in den Bäumen begonnen, einschließlich der Fledermäuse, Flugfrösche, Pterosaurier und diverser gleitfähiger Nagetiere. Und die Flügel all dieser Tiere bestehen aus Haut und nicht aus Federn. Vermutlich liegt die Abweichung bei den Vögeln daran, dass es für die Vögel ein geringerer Aufwand war, ihr bereits vorhandenes Federkleid für den Flug umzugestalten anstatt völlig neue Flughäute auszubilden. Jedenfalls ist der Nutzen der Gleit- bzw. Flugfähigkeit für einen Baumbewohner relativ offensichtlich. Stürze werden abgefedert, und der Weg zwischen Baum und Boden erfordert weniger Energie. Was die Tiere usprünglich in die Bäume getrieben hat, war vermutlich die Flucht vor Räubern, der Schutz des Nestes und die Erschließung neuer Nahrungsquellen.

Das zweite Modell besagt, dass die ersten Vögel vom Boden aus abgehoben sind. Diese These wurde entwickelt, als man noch keine baumlebenden Dinosaurier kannte und deshalb annahm, alle Theropoden wären Bodenläufer gewesen (was heute nicht mehr gilt). Demnach hätte die Flugfähigkeit bei der Jagd bzw. bei der Flucht einen Vorteil gebracht. Individuen, die durch ihre Flügel weite Sprünge machen, unwegsames Terrain überwinden und schräge Flächen hochlaufen konnten, waren gut darin, Insekten zu fangen oder großen Fressfeinden zu entkommen. Das ganze stützt sich u.A. auf Untersuchungen der Füße von fossilen Urvögeln, die eher denen heutiger Bodenvögel gleichen als denen heutiger Baumbewohner.

Wahrscheinlich ist die Wahrheit ein Kompromiss zwischen beiden Extremen und der aktive Flug entstand weder ausschließlich von oben nach unten noch von unten nach oben. Ich fände es z.B. denkbar, dass die Urvögel ihre Nester in den Bäumen bauten, ihre Nahrung aber am Boden fanden. Ihre Flügel hätten sie dann sowohl genutzt, um zum und vom Nest zu kommen als auch, um vor Fressfeinden am Boden zu fliehen.

Aratinga  17.01.2016, 02:37

Du scheinst dich auf diesem Gebiet auszukennen. Vielleicht kannst du mir eine Frage beantworten. Es gibt sogenannte Thermometerhühner, welche ihre Eier nicht selbst ausbrüten, sondern diese in Laub- und Erdhaufen vergraben und diese durch Gärungswärme ausbrüten. Was meinst du? Sind diese Tiere evolutionär gesehen älter als selbst brütende Vögel oder haben sie sich vom Eier selbst bebrüten weiter zum Brut-Outsourcing entwickelt?

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DiegoderAeltere  17.01.2016, 12:21
@Aratinga

Schwer zu sagen, aber ich würde zum ersteren tendieren. Von verschiedenen Dinosauriern aus mehreren Gruppen ist es bekannt, dass sie ihre Nester mit Sand oder Pflanzen bedeckten, um sie warmzuhalten, und Krokodile und Eidechsen verfahren heute noch so. Das Brüten mit Körperwärme scheint ein vogelspezifisches Merkmal zu sein.

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Es gab auch Flugsaurier und es gibt flugfähige Säugetiere (Fledermäuse).

Soweit ich weiß, ist eine Erklärung, dass aus Weitsprung (von erhöhten Startpunkten aus) ein Gleitflug geworden ist und daraus ein Vollflug.

Eine neuere Erklärung, über die ich mal gestolpert bin, ist, dass einige Reptilien Warmblüter waren und statt Schuppen Federn hatten, die besser gegen Kälte isolieren. Einige kleine Reptilien sollen sich beim Fressen mit den Füßen an Kadavern festgekrallt haben und mit den Armen das Gleichgewicht gehalten haben. Ein höherer Luftwiderstand soll demnach wohl Vorteile gehabt haben. Muss wohl damals viele windstille Täler gegeben haben.

Hallo kristinominos,

die Vögel haben sich aus einer bestimmten Linie der Dinosaurier entwickelt, bzw. könnten als die einzigen überlebenden Dinos gelten.

"Die Evolution" kapiert auch nichts. ;-)

Die Frage muss immer lauten: Welchen Weg kann die Evolution gegangen sein? In welcher Weise kann auch ein primitiver Flugapparat den Individuen, die ihn besaßen, einen evolutionären Vorteil bieten?

Ganz wichtig: Solche Entwicklungen gehen immer in einzelnen Schritten. Sehr vielen, sehr kleinen Schritten. Die jeweilige Stufe muss ja nicht mit den heutigen, perfekten Flugapparaten konkurrieren, sondern mit den damals realisierten. Unter Blinden ist der Einäugige der König...

Vermutlich beginnt die Entwicklung mit den Federn. Und hier mit den Flaumfedern, die vor allem Wärme speichern.

Aus den Flaumfedern entwickeln sich dann allmählich Schwungfedern. Diese können sich auch über die Zwischenstufen Schmuckfedern oder Imponierfedern entwickelt haben.

(http://www.nationalgeographic.de/reportagen/ein-wunder-der-evolution-wie-die-natur-die-feder-erfand#)

Bereits einfache Lagen Schwungfedern ermöglichen ein Gleiten - noch kein Fliegen.

In einer waldigen Umgebung, kann aber bereits ein durch "Flattern" verlängerter Sprung den Unterschied zwischen gefressen werden und entkommen ausmachen. Oder zwischen dem Erwischen eigener Beute oder deren Entkommen.

Sehr wahrscheinlich haben sich die Flügel also über Gleithilfen entwickelt.

http://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822%2812%2901194-3

" In particular, the inability of the wings of Archaeopteryx and Anchiornis to employ slots or feather separation suggests that the ability to take off or fly at low speeds may have been limited, and that instead the wings functioned primarily in high-speed gliding or flapping flight.
This, in turn, would lend support to a trees-down origin of avian flight, in which the evolution of powered flight was preceded by arboreal parachuting and gliding"

Grüße

Die Evolution verändert die Lebewesen nicht einfach, dass sie besser sind. Es kommt zu spontanen Veränderungen durch Mutationen und Epigenetik, weshalb sich neue Charakteristika ausbilden, es entstehen neue Phänotypen. Sind sie durch zufall dadurch besser angepasst, dann haben sie einen Überlebensvorteil.
Durch Zufall bekamen die Tiere Flügel, damit haben sie einen neuen Lebensraum erschlossen und waren sozusagen im evolutionärem Vorteil.

Kristinominos 
Fragesteller
 16.01.2016, 21:12

Na nein ^^ ... die haben ja nicht auf einmal Flügel bekommen und konnten fliegen.... das hat sich doch auch alles ultralangsam entwickelt... 

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Eluveitos  16.01.2016, 21:15
@Kristinominos

Ja, aber sie haben nicht die Flügel bekommen, weil sie oft versucht haben zu fliegen, oder sich die Evolution dabei was gedacht hat.

Das wäre ja dann die Lamarck'sche Theorie

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Das passiert nicht gezielt, also hat die Evolution das gar nicht kapiert.

Evolutionen entstehen durch  Mutationen des Erbgutes. Die Individuen, die dann durch die Mutation am besten an den Lebensraum angepasst sind, überleben uns setzen sich durch, die anderen sterben aus