Was bringt ein performativer Widerspruch?

5 Antworten

Der performative Widerspruch wird durch das folgende Beispiel anschaulich verdeutlicht:

Sprecher A postuliert, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Sprecher B weist A einen performativen Widerspruch nach, da A in seiner Behauptung die Existenz von Wahrheit negiert, während er gleichzeitig einen Geltungsanspruch auf Wahrheit erhebt, indem er behauptet, dass es keine Wahrheit gäbe.

A sieht sich gezwungen, einzuräumen, dass ein Widerspruch zwischen seinem performativen Akt des Behauptens und dem propositionalen Gehalt seiner Aussage besteht.

Die Aussage von Sprecher A, dass es keine Wahrheit gibt, entpuppt sich somit als ein performativer Selbstwiderspruch. In diesem Kontext erhebt Sprecher A durch seine Behauptung implizit einen Anspruch auf Wahrheit, obwohl er inhaltlich die Existenz von Wahrheit verneint. Folglich erweist sich seine Argumentation, die eine absolute Wahrheit verneint, als Widerspruch zwischen seinem performativen Sprechakt des Behauptens und der propositionalen Aussage seiner Rede. Der Sprecher widerspricht sich selbst durch seinen performativen Akt, indem er einen Anspruch auf Wahrheit erhebt, den er gleichzeitig mit seiner Aussage, dass es keine Wahrheit gibt, verneint.

Viele unüberlegte Äußerungen im alltäglichen Sprachgebrauch bergen performative Selbstwidersprüche, wie zum Beispiel "Alles ist sinnlos", "Alles ist Lüge", "Alles ist falsch" und ähnliche Formulierungen.

Die Enthüllung eines performativen Widerspruchs hilft uns zu erkennen, dass jeder Sprechakt von vornherein einen inhärenten Anspruch auf Wahrheit beinhaltet, sofern der Sprecher eine sinnvolle Kommunikation beabsichtigt. Jede Äußerung eines Sprechers erhebt bereits schon einen Wahrheitsanspruch hinsichtlich der Richtigkeit seiner Aussage, da andernfalls kein sinnvoller argumentativer Diskurs geführt werden kann.

ulrich1919  15.12.2023, 17:27

Ein Fehler im Text:

Wenn Sprecher A postuliert, dass es keine absolute Wahrheit gibt, folgt darau NICHT, dass Sprecher A postuliert, dass es keine Wahrheit gibt.

Ergänzung:

Sämtlich philosophische Erkenntnisse und Regeln sind nur eingeschränkt gültiig und es ist deshalb unumgänglich, auch den Gültigkeitsbereich anzugeben. Das gilt natürlich auch für diese Aussage.

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Merlin128  16.12.2023, 09:36
@ulrich1919

Jeder Sprecher erhebt mit seiner Behauptung immer schon einen Geltungsanspruch auf Wahrheit in einem argumentativen Diskurs. Also auch in diesem Fall, wenn er postuliert, dass es keine absolute Wahrheit gäbe. Lies mal dazu Habermas' "Theorie des kommunikativen Handelns" und Karl-Otto Apel zur Letztbegründung und performativen Selbstwiderspruch.

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Wenn man es widerspruchsfrei behaupten könnte, wäre es eine objektive Wahrheit, die es aber laut erster Aussage/Prämisse nicht geben dürfte. Im Umkehrschluss, wenn die 2. Aussage/Prämisse richtig wäre, würde auch die erste richtig sein, was ein Widerspruch ist.

Woher ich das weiß:Hobby – (Historischer und dialektischer) Materialismus
Fontanefan  08.12.2023, 18:44

Falls du mit der Aussage von Chartist nichts anfangen kannst, ein weiterer Versuch: Die Formulierung der Wikipedia: "Ein klassisches Beispiel für die performative Retorsion betrifft die global-skeptische These „Es gibt keine wahren Aussagen“. Diese Aussage kann retorsiv widerlegt werden, indem darauf verwiesen wird, dass mit der Äußerung dieser Aussage selbst ein Anspruch auf Wahrheit verbunden ist.

Das Retorsionsargument beweist in vorstehendem Beispiel nicht, dass es Wahrheit gibt, aber dass nicht sinnvollerweise geleugnet werden kann, dass es Wahrheit gibt."

stellt darauf ab, dass es zwar sein könnte, dass es keine Wahrheit gibt, aber aber der Satz den Anspruch erhebt, er wäre eine Wahrheit.

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NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 00:37
@Fontanefan

Ich verstehe es immer noch nicht ganz... Wenn niemand ernstes leugnen kann, dass es eine objektive Wahrheit gibt, dann muss jeder ernstes eine objektive Wahrheit akzeptieren. (Simple Modallogik)

Soll das heißen dass obwohl alle quasi an eine objektive Wahrheit glauben, es heimlich doch sein kann, dass es in Wirklichkeit keine gibt, obgleich es keiner behaupten kann? Was soll das bedeuten, wenn alle an etwas glauben müssten, was doch nicht so ist, dass heißt alle glauben kohärent an etwas, dass nicht wahr ist? Niemand glaubt, an die Wahrheit... (Paradox)

Ich habe übrigens einige Wörter kursiv geschrieben... Die nicht Existenz der objektiven Wahrheit nämlich wäre eine Tatsache (Widerspruch)... Ist das nicht das Argument? Oder ist das schon ein anderes?

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Fontanefan  16.12.2023, 19:24
@NeonSchaf

Wenn der Satz "Es gibt keine wahren Aussagen" falsch ist, hat das überhaupt nichts damit zu tun, ob es eine objektive Wahrheit gibt. Er ist falsch, auch wenn es keine wahren Aussagen geben sollte; denn mit der Aussage "Es gibt" statt: 'Meiner Meinung nach gibt es keine Wahrheit' behauptet er, dass Der Satz: 'Es gibt keine wahren Aussagen" eine Wahrheit wäre. Das ist ein Widerspruch in sich. Aufgrund der Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften gibt es unglaublich viele Zustände, über die man nicht mit Sicherheit sagen kann, wie sie sind, ohne sie zu verändern. Es geschieht vieles, ohne dass es eine Ursache dafür gibt usw.

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NeonSchaf 
Fragesteller
 30.12.2023, 15:36
@Fontanefan

Na doch, "Es gibt" ist ja nur eine Verbalisierung des Existenzquantoren (das umgedrehte E). Und führt eine Aussage zu einem Widerspruch, so muss das (kontradiktorischer) Gegenteil der Aussage wahr sein (Tautologie).

(\nexists A \Rightarrow \bot) \Rightarrow \neg \nexists A \Leftrightarrow \exists A
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NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 00:44

Was meinst du mit 2. Aussage? Dass es eine objektive Wahrheit gebe, das ist Negation der anderen These, natürlich stehen die im Widerspruch...

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NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 14:16
@Chartist

Was hat das mit dem performativen Widerspruch zutun? Die Qualität von deiner Aussage zu "Aussage 2" lässt zu wünschen übrig. 1+1=2 Angenommen 1+1 ist nicht 2 dann ist das ein Widerspruch... Ach was!

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Chartist  15.12.2023, 16:45
@NeonSchaf

Das ändert nichts daran, auch wenn es simpel ist, du Genie.

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NeonSchaf 
Fragesteller
 30.12.2023, 15:42
@Chartist

Das ist aber nicht wirklich ein Argument, oder? Wenn die Negation einer Aussage mit der ursprünglichen Aussage im Konflikt steht (notwendigerweise), dann beweist das nichts. Es ist lediglich ein Ausdruck, vom Gesetz des ausgeschlossenen Widerspruchs.

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Fontanefan  31.12.2023, 23:18
@NeonSchaf

Es wird ein wenig anstrengend. Die Aussage "Es gibt keine objektive Wahrheit." kann durchaus inhaltlich richtig sein. Nur wenn man das sagt, schließt man das Dritte, nämlich, dass es nicht klar ist, ob es objektive Wahrheiten gibt, aus. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gilt nur bei einer bestimmten Logik. Der Satz "Es gibt keine objektive Wahrheit." erhebt aber den Anspruch, dass es so ist. - Das ist aber das Problem der verschiedenen Logiken, sieh Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Logik#Intuitionismus,_Relevanzlogik_und_konnexe_Logik und die folgenden Abschnitte. - Wenn du mit denen nichts anfangen kannst, habe ich keine Chance, dir das zu erklären.

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NeonSchaf 
Fragesteller
 09.01.2024, 22:18
@Fontanefan

Etwas kann nur so sein oder nicht so sein. Entweder entspricht etwas der Realität und den Tatsachen oder nicht. Ich halte Logiken, die die Bivalenz leugnen, für Hirngespinster.

Was ist es denn jetzt nun? Ist die Aussage inhaltlich wahr oder "nicht klar". Denn diese "Wahrheitswerte" würden sich ja trotzdem ausschließen.

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Fontanefan  10.01.2024, 02:22
@NeonSchaf

Wenn du etwas für ein Hirngespinst hältst, kann es trotzdem Teil einer aktuellen Logik sein, wie sie sich aufgrund Einsteins Erkenntnissen ergeben hat. -

Deine Frage ist jedenfalls damit beantwortet. Für dich ist ein performativer Widerspruch ein Ding der Unmöglichkeit und daher ein Hirngespinst.

Es gibt sehr viele wissenschaftliche Erkenntnisse, die nur darauf warten, durch neuere Erkenntnisse abgelöst zu werden. Vielleicht wird daher auch der performative Widerspruch bald ein Ding der Unmöglichkeit.

Bis dahin: Nichts für ungut! Man kann nicht mehr tun, als man kann.

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In der Welt der Vergänglichkeit gibt es immer eine objektive Wahrheit. Nämlich die konkreten Ursachen für die eine oder andere Wirkung herauszufinden. Der subjektive Teil besteht darin, wer oder was die jeweiligen Wirkungen präsentiert. Damit wäre die Wahrheit komplett.Denn nur das Ganze ist die Wahrheit mit Grüßen von Friedrich Hegel. Als Beispiel dient die Aussage: Jemand sei dick( rein subjektiv also falsch) und eine andere Darstellung: Jemand muss aufgrund von Bewegungsmangel und falscher Ernährung ein Dick- Sein als Wirkung zur Schau stellen. Ein Widerspruch ergibt sich wenn Teile der Erläuterung nicht zusammenpassen.

NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 00:41

Das habe ich beim besten Willen nicht verstanden. Apropos, warum erwähnst du eine subjektive Wahrheit, wenn sie doch gar keinen Einfluss auf die objektive Wahrheit haben kann/tut?

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Pyramesse27806  18.12.2023, 20:03
@NeonSchaf

Einfacher lässt sich das nicht erklären. Objektivismus ist der Teil der Ursachen, welche Wirkungen erzielen so auch bei jeder Handlung. Was dann noch fehlt für eine Symbiose ist der Subjektivismus als präsentierender Teil durch ein Lebewesen.

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Fontanefan  16.12.2023, 19:13

Mit der Aussage "In der Welt der Vergänglichkeit gibt es immer eine objektive Wahrheit." übergehst du alle Erkenntnisse der Quantentheorie, sieh Wikipedia und etwas volkstümlicher https://fontanefan3.blogspot.com/2023/12/frido-mann-gornitz-ua-im-lichte-der.html

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Pyramesse27806  18.12.2023, 20:07
@Fontanefan

Grundlage jeder Art von Vergänglichkeit sind immer die jeweiligen Ursachen. Auch wenn das von befangenen Wissenschaftlern immer wieder geleugnet wird.

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Pyramesse27806  19.12.2023, 19:42
@Fontanefan

Auch bei der Entstehung und den einzelnen Bewegungen von Quanten muss es Ursachen geben, sagte schon Einstein.

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Fontanefan  19.12.2023, 22:45
@Fontanefan

Aber bleib ruhig bei deiner Autorität Einstein, auch wenn er später anders darüber gedacht hat.

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Das löst sich ganz einfach, indem man sich fragt, was das da draußen außerhalb meines Bewusstseins nur sein kann: die Welt, objektive Realität. Wenn das so ist, muss auch eine objektive Erkenntnis, sprich objektive Wahrheit, möglich sein.

Die Praxis des Menschen, die Entwicklung der Technologie beweist die Tatsache objektiver Erkenntnisse in Gestalt ihrer praktischen Anwendungen, d.h. die allgemeine Erfahrung aus dieser Praxis widerlegt jegliches agnostizistische Theoretisieren.

NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 00:09

Die Frage war eher auf die Beweisführung durch einen performativen Widerspruch gedacht, und nicht auf den Inhalt, aber trotzdem danke

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Weil wir einfach so entstanden sind.

Ohne genaueres zu wissen.

Das bedeutet wir können die Wahrheit nicht wissen.

Wir wurden als Teil einer Wahrheit erschaffen.

Nur wenn ich selber etwas erschaffe, dann weiß ich die Wahrheit über die Sache.

Da wir uns nicht selber erschaffen haben, können wir die Wahrheit nur erraten bzw. vermuten, ergründen etc.

Für den Fall, dass wir uns doch selbst erschaffen haben, in einer gewissen Art und Weise, dann haben wir uns selbst mehr oder weniger absichtlich belogen, betrogen oder uns selbst Dingen vorenthalten.

NeonSchaf 
Fragesteller
 15.12.2023, 14:11

Glaubst du an die Dialektik?

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Robx223  16.12.2023, 11:13
@NeonSchaf

Nein, ich würde eher das Denken auf das Denken beschränken, anstatt das irgendwie einzuordnen wie so in der Philosophie üblich.

Ob es nun so oder so erscheint, ist doch egal, denn bekanntlich führen viele Wege nach Rom.

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