Warum bin ich so anders als alle anderen? Hab ich womöglich Autismus?

5 Antworten

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Ich weiß gar nicht, warum wir heutzutage alles einen Namen geben müssen.

Du bist wie Du bist.

Ich würde Dich begabt nennen.

Genieße, was Du gut kannst und was Dir Spaß macht.

Andere denken sowieso, was sie wollen. Es zählt, was Du über Dich denkst.

Und mit Deinen Qualitäten, die Du geschildert hast, brauchst Du Dich nicht zu verstecken.

Sei stolz darauf, denn das macht Dir so leicht keiner nach.

Kann ich sehr gut nachfühlen..

-Menschen sind, wie sie sind. Und sie sind verschieden -was sehr gut ist, denn wie langweilig wäre dieses Leben, wenn wir alle gleich wären.. :-)

Wenn es Dich tröstet: Dieses Anderssein schmerzt Dich vor allem in jungen Jahren und lässt dann mit zunehmenden Alter immer mehr nach. Grund dafür ist, dass die meisten jüngeren Menschen den Widerspruch noch nicht erkennen, einerseits als Individuum wahrgenommen werden zu wollen, andererseits aber dem Konformismus huldigen, um die soziale Anerkennung der Gruppe zu bekommen: Der Mensch ist ein Herdentier, das diesen Aspekt seiner Natur normalerweise erst mal mit viel Lernaufwand, jahrzehntelangem Erfahren und -Denken transzendieren muss.

Wenn Du Asperger hast (oder auch nur ein wenig philosophisch angehauchter bist als Deine Altersgenossen..), dann erkennst Du diesen Widerspruch eben schon früher als andere. Insofern ist das also überhaupt kein Grund, traurig zu sein, sondern ganz im Gegenteil: Die alte apollonische Weisheit "Erkenne Dich selbst!" schon im Alter von 19 Jahren verstehen zu dürfen, ist ein großartiges Geschenk! Die meisten Menschen brauchen über die Hälfte ihres Lebens, bevor sie den Wert dieser Erkenntnis verstehen und ihre wirkliche Bestimmung annehmend "selbst-bewusst" leben -wenn überhaupt!

Ergo: Anderssein in dem Sinne, wie Du es beschreibst, ist keineswegs schlecht! Erkenne Dich selbst, nutze Deine Gaben, löse Dich vom Gruppendruck, gehe Deinen Weg. Je eher, desto besser für Dich!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
ulrich1919  09.02.2019, 16:27

Danke für diese aufschlussreiche und überzeugende Antwort (obwohl ich nicht der Fragesteller bin) Aber eine Gegenfrage: Was meinst Du in einer Antwort mit ,,transzendieren"?

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bitbuerster  10.02.2019, 13:30
@ulrich1919

In der philosophischen Erkenntnistheorie bedeutet "transzendieren" das gedankliche Überschreiten (lateinisch transcedere) einer Denkensgrenze. Gemeint ist damit, dass man ein und denselben Sachverhalt plötzlich in einer komplett anderen Sichtweise wahrnimmt.

Im Beispiel unseres Sozialverhaltens neigen die allermeisten Menschen dazu, in ihrer ersten Lebenshälfte ein konformistisches Leben zu führen: Wir tragen denselben Typus Kleidung wie die Mehrheit, wir lassen uns die Haare so schneiden wie die Mehrheit, wir hängen derselben politischen Meinung an wie die Mehrheit, wir kaufen dasselbe Handy wie die Mehrheit, etc. pp.

Damit fühlen wir uns gut, denn unserer evolutionären Natur gemäß sind wir Herdentiere -und unser Gehirn ist sehr gut darin, uns subtile Streiche zu spielen. Beispielsweise durch die sog. "Rationalisierung": Wir treffen dauernd unterbewusste Entscheidungen (=Kauf des allerneuesten Handys, weil die Mehrheit das tut) und finden danach dann pseudo-rationale Erklärungen dafür (="mein altes Handy wäre eh bald kaputt gegangen", "wahrscheinlich hätte es bald keine Updates mehr für mein altes Handy gegeben", "wenn meine Freunde und ich dasselbe Handy haben, können wir uns besser dazu austauschen"), anstatt uns den wahren Grund einzugestehen (="ich brauche eigenlich gar kein neues Handy, will aber nicht als Außenseiter wahrgenommen werden").

So ca. in der Mitte des Lebens gewinnt dann bei den meisten Menschen allmählich der Verstand die Oberhand über unsere evolutionäre Grundprägung: Wir erkennen den beschriebenen Selbsttäuschungsprozess. Umgangssprachlich heißt das dann "midlife-crisis", aber letztlich bedeutet es nur, dass wir unserer wahren Bestimmung näher kommen. Genau das meint das Orakel von Apollo auch mit seinem "Erkenne Dich selbst. Werde, wer Du bist!": Der eigentliche Sachverhalt ist ja nach wie vor unverändert: Du bist nach wie vor als Mensch ein Teil der Gesellschaft, und als solcher profitierst Du von ihr und sie von Dir. Aber das transzendierte dabei ist jetzt, dass Du nun eben das o.g. Verhaltensmuster erkennst. Das erlaubt Dir dann eine Änderung: Der gegenseitige Vorteil im Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft liegt ja nur vordergründig darin, dass Du Dich konformistisch an eine von der Gruppe (direkt oder indirekt) gestellte Erwartungshaltung anpasst. In Gesamtheit ist es aber für alle Beteiligten besser, wenn Du diesen "programmierten" Zwang zum Gruppenverhalten ablegst, Dich dadurch auf Deine wahren Stärken und Dein individuelles Potential besinnen kannst -und damit dann gerade wieder (quasi aber auf freiwilliger Basis) der Gesellschaft erneut und besser dienst.

-Man kann es auch einfacher sagen: Wenn Du ein Schaf bist, dann nützt es Dir und dem Rest der Schafherde natürlich, wenn ihr alle dieselbe Sorte Gras gut findet und als Gruppe gerne eng beieinander steht. Aber wenn Du nicht erkennst, dass man auch mal alleine auf die andere Seite des Berges gehen und dort eine bessere Weide mit besserem Gras für die ganze Herde finden kann, dann wirst weder Du noch die Herde sich jemals weiterentwickeln.. :-)

Glücklicherweise sind wir keine Schafe, können also unser beschriebenes Verhalten transzendieren.

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ulrich1919  10.02.2019, 22:11
@bitbuerster

Danke für die ausführliche & verständliche Antwort auf meine kurze Frage. Ich bin mit einer Aussage nicht ganz einverstanden (nicht aus ,,Besserwisserei" sondern um Klarheit zu erlangen): Der Mensch ist nach meinem Wissen kein Herdentier, sondern ein Rudeltier. Ganz grosse Gruppen von Menschen verhalten sich meistens ganz blöd; im kleinere Gruppen funktioniert die Gesellschaft viel besser. Dieser Meinungs-Unterschied schmälert aber Deine Erklärung von transzendieren in keiner Weise.

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Du beschreibst keinerlei soziale Probleme im Kindergarten, es gab offenbar in der Schule keine Schwierigkeiten bis zu der weiterführenden Schule, du hattest Freunde... du beschreibst keinerlei Probleme mit denen Betroffene überlicherweise konfrontiert sind.

Ich finde das sehr weit hergeholt aus Unsicherheit, einem introvertierten Wesen und einem fehlenden Selbstbewusstsein eine Entwicklungsstörung zu konstruieren.

Bei einer Austestung in einer zB Autismusambulanz sind vorallen die ersten 5 Lebensjahre interessant. Wenn deine Mutter da schon nichts Außergewöhnliches in deinem Verhalten bemerkt hat dann wüsste ich nicht was da bei dir für AS sprechen sollte.

Womöglich hast du das, ja. Womöglich aber auch nicht. Selbst Fachleute können aus einer kurzen Beschreibung in einem Internetforum nichts ableiten. Ein Besuch bei einem Psychologen wäre sicher hilfreich.

Hört sich jetzt nicht besonders auffällig an. Recherchiere mal ordentlich zu dem Thema und wenn du immer mehr glaubst, davon betroffen zu sein, geh zu einem Psychologen und lass dich durchchecken.