Habt ihr schon mal erlebt das Einsatzkräfte nach einem Notruf zu spät eingetroffen sind?

Das Ergebnis basiert auf 15 Abstimmungen

Ja 73%
Nein 27%

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wie definierst Du "zu spät"?

Dass wir als Einsatzkräfte (Freiwillige Feuerwehr) an der Einsatzstelle ankommen und ggfs. eine bereits verstorbene Person vorfinden, das kommt selbstverständlich hin und wieder vor. Wir sind dann mit Sicherheit zu spät, um das Leben der Person retten zu können.

Sind wir aber "zu spät" in Form von "zeitverzögert" angekommen? Nein - auch, wenn das natürlich theoretisch einmal sein kann bei Paralleleinsätzen, Problemen auf der Anfahrt (geschlossene Bahnschranke, Baum versperrt Straße nach Sturm, Schneeverwehungen, Falschparker, Baustelle, ...) usw.

Ich kenne auch eine, der ihre Oma hatte einen Schlaganfall, und der RTW brauchte 30 Minuten. Es kam zuerst nach 5 Minuten die Feuerwehr mit einem HLF als First Responder. Nach 20 Minuten kam dann das NEF. Aber erst nach 30 Minuten kam dann der RTW. Dadurch das der RTW erst so spät kam ist die Oma paar Stunden später im Krankenhaus gestorben.

Natürlich sollte der RTW schneller als 30 Minuten da sein. Allerdings war bereits nach 5 Minuten ausgebildete und ausgerüstete Hilfe (First Responder) und nach 20 Minuten (völlig normale Zeit) ein Notarzt vor Ort. Ich wage "aus der Ferne" mal zu mutmaßen, dass die Patienten nicht deshalb verstorben ist, weil der RTW 30 Minuten gebraucht hat sondern eher deshalb, weil der Schlaganfall sehr spät (erst nach Stunden?) bemerkt und in Folge dessen der Notruf abgesetzt worden ist. Denn so schnell ist ein Schlaganfall nicht tödlich - ungeachtet dessen sollte der Patient natürlich trotzdem schnellstmöglich behandelt werden, um möglichst wenige oder keine Langzeitschäden davon zu tragen.

Ich selbst habe es mal mit einem großen Gebäudebrand erlebt. Ich kam 2 Minuten nach der Alarmierung auf dem Weg von zu Hause zum Feuerwehrhaus am Brandobjekt vorbei, das Gebäude und ein Nebengebäude standen da schon im Vollbrand, war da bereits nicht mehr zu retten. Wochen später habe ich einen Nachbarn getroffen, der uns vorwarf, mehr als 20 Minuten gebraucht zu haben. Nachweislich war das erste Fahrzeug aber 4 Minuten nach Alarmierung am Einsatzort. Ich habe ihm dann geantwortet: "Wenn das Gebäude bereits 20 Minuten lang gebrannt hat, warum hast Du dann nicht mal die Feuerwehr gerufen? Dann wären wir auch früher da gewesen...". Daraufhin hat er dann gar nichts mehr gesagt.

Insgesamt muss man aber sagen, dass wir in Deutschland mit unserem Mix aus Haupt- und Ehrenamt eines der besten Rettungssysteme der Welt haben.
In anderen (auch europäischen) Ländern wartest Du auf Feuerwehr und Rettungsdienst grundsätzlich 60 Minuten und länger, falls die überhaupt ankommen - sofern Du nicht in einer Großstadt wohnst.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Stv. Wehrführer und Zugführer bei der Freiwilligen Feuerwehr

c13527498 
Fragesteller
 13.08.2023, 20:13
Wie definierst Du "zu spät"?

Das es länger dauert als die Hilfsfrist gesetzlich vorgeschrieben ist

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26Sammy112  13.08.2023, 20:24
@c13527498
Das es länger dauert als die Hilfsfrist gesetzlich vorgeschrieben ist

Ok, das kann vorkommen - gerade bei vielen parallelen Einsätzen wie z.B. an Silvester oder bei einem Unwetter oder auch Glatteis usw.

Allerdings ist das zumindst bei dem von Dir angebrachten Beispiel mit der Oma und ihrem Schlaganfall nicht der Fall, da ja bereits nach 5 Minuten Hilfe vor Ort gewesen ist (First Responder). Denn genau dafür sind die FR ja da.

Und für Dei Beispiel mit den Jugendlichen im Wald auch nicht, da es gar keine gesetzliche Hilfsfrist für die Polizei gibt.

1
Nein

Was heißt "zu spät"? Zu spät, weil der Patient bereits verstorben ist? Oder weil das Haus schon lichterloh in Flammen steht? Meistens liegt das an einem zu späten Notruf. Wenn der Patient beim Notruf schon regungslos am Boden liegt, können wir uns beeilen wie wir wollen, wahrscheinlich können wir langfristig gesehen nichts mehr tun.

"Zu spät" bedeutet für mich, dass die Einsatzkräfte getrödelt haben und dadurch dem Patienten ein Schaden entstanden ist. Das habe ich noch nicht erlebt. Wir erfahren bei der Alarmierung, wie dringend es ist, dementsprechend beeilt man sich auch. Wenn auf dem Pager schon "Sturz vor zwei Tagen steht" (was überraschend oft vorkommt), macht man das fertig, an dem man gerade dran war, auch wenn es noch drei-vier Minuten dauert. Wird man auf sowas wie "schwerer Verkehrsunfall" alarmiert, trödelt man nicht mehr rum.

Da wir je nach Alarmierung ohne Blaulicht fahren, kann es schon passieren, dass wir auch länger brauchen. Je nach Verkehrslage, Strecke und Alarmierung kann das auch eine halbe Stunde sein. Das ist zwar nicht optimal, deswegen sind wir allerdings nicht "zu spät".

Es gibt immer wieder den Fall, dass der Fall von der Leitstelle falsch eingeschätzt wird. Ihre Aufgabe, innerhalb kürzester Zeit einen Anruf als Notfall einzustufen, ist enorm schwierig. Dann klang es am Telefon wie ein Notfall und es war keiner. Das kommt bedauerlicherweise recht häufig vor. Was seltener vorkommt, es jedoch auch gibt, ist das ein Notfall erst nicht als solcher eingestuft wird. Dann dauert die Anfahrt auch länger, weil wir keine Anordnung haben uns unnötig zu beeilen. Solche Situationen kann man verhindert, indem man am Telefon die Situation ruhig und möglichst genau beschreibt.

Dass die Oma deiner Bekannten gestorben ist, weil der RTW eine halbe Stunde gebraucht hat, ist unwahrscheinlich. Ein Schlaganfall führt nicht wegen 15 Minuten zum Tod. Das braucht länger. Eher wurde der Schlaganfall zu spät entdeckt und deswegen die Rettung zu spät gerufen. Dann ist das Gehirn so geschädigt, dass es tödlich enden kann.

Gerade Schlaganfälle sind ein heikles Thema. Es kommt immer wieder vor, dass mit dem Notruf gewartet wird, ob die Symptome von selbst weggehen. Ein Schlaganfall muss möglichst schnell behandelt werden, um die Schäden im Gehirn klein zu halten. Wenn man erst nach vier Stunden anruft, kann man nicht mehr so viel für den Patienten tun. Ist dann der Rettungsdienst "zu spät"?

Es kann passieren, dass alle Einsatzmittel in der Nähe im Einsatz sind. Dann muss von weiter weg eines kommen. Wenn wirklich alle besetzt sind, muss man halt warten. Da können die Einsatzorganisationen jedoch nicht dafür. Sie können auch nur die Einsätze nach ihrer vermuteten Dringlichkeit abarbeiten.


c13527498 
Fragesteller
 14.08.2023, 12:57

Mit zu spät meiner ich wenn es länger dauert als die gesetzliche Hilfsfrist

0
summersweden  15.08.2023, 14:57
@c13527498

In Deutschland regelt das das jeweilige Landesgesetz. Daher gibt es über 16 verschiedene Hilfsfristen für den Rettungsdienst. Über 16, weil es in manchen Ländern sogar mehrere verschiedene gibt. In manchen Bundesländern ist die Hilfsfrist sogar nur so definiert, dass man bei 95% der Einsätze in x Minuten da sein sollte.

Zudem ist der Start der Frist nicht einheitlich definiert. Bei den einen wird ab Eingang des Notrufs gerechnet, bei anderen ab Alarmierung der Mannschaft, bei manchen sogar erst ab dem Zeitpunkt des Ausrückens (also nur die reine Fahrtzeit).

An deinem Beispiel mit dem Schlaganfall sieht man, dass diese Hilfsfrist in der Praxis eigentlich bedeutungslos ist. Die Frist wurde eingehalten, da First Responder da waren. Hat man sie deswegen retten können?

1
Nein

Ich erlebe aber ständig das die Leute nicht mehr in der Lage sind sich selbst zu helfen. Sie machen einfach schlicht nichts mehr für ihre eigene Daseinsvorsorge.

Wegen jedem Kinkerlitzchen wird er Rettungsdienst, die Feuerwehr oder die Polizei gerufen. Kein Wunder das dann bei einigen Einsätzen eben nicht sofort Kräfte greifbar sind. Mehr RD, Feuerwehr oder Pol würde das Problem nicht beheben. Erfahrungen haben gezeigt das dann nur noch mehr Sinnlos-Einsätze dazu kommen.

Mit dem Begriff "Hilfeleistungsfrist" solltest du dich mal beschäftigen. In vielen Bundesländern ist das eine Planungsgröße und keine gesetzliche Vorschrift. Selbst da wo man es als Vorschrift betrachtet wird auch nur "angestrebt" das es in 95% der Fälle eingehalten werden soll.

Insofern sind deinen Beispiele Einzelfälle und statistisch irrelevant.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Nein

Zitat .Bei einem Suizidversuch musste eine Freundin von mir für sich den Rettungsdienst anrufen. Sie hatte sich mit einer Rasierklinge tief geritzt und wollte anschließend sich im Rhein ertränken.

Ohne große Worte.❗

Woher ich das weiß:Hobby – Durch viel lesen und eigene Erfahrungen!

c13527498 
Fragesteller
 13.08.2023, 18:52

Der Rettungsdienst hatte wahrscheinlich sehr viele andere Einsätze

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Skyangelforever  13.08.2023, 18:54
@c13527498

Ja das kommt häufiger vor, doch leider können die Rettungsleute nichts daran tun.Sind unterbesetzt.

3
Ja

Ich habe es auch erleben müssen. Bei Notruf nach Polizei dauerte es 15 min bis Polizeiwagen da war. Wir hatten auf dem Lande einen Dieb erwischt und festgehalten.

Aber:

Die Polizei hat mir erklärt, dass alle Einsatzkräfte gebunden waren und auf dem Land lange Wege von der Polizeiinspektion bis zum Dorf sind (Land Brandenburg ist Flächenland) - somit entstehen (gefühlte ewige) für Notarzt oder Polizeiwagen längere Interventionszeiten. Des Weiteren ist durch Personalmangel im Schichtdienst (nicht genug Stellen besetzt) teilweise nur die Mindeststärke vorhanden. Also kann der Notarzt oder Polizist nichts dafür - die fahren von Einsatz zu Einsatz.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung