Erziehung ohne Bestrafung möglich?

18 Antworten

Weder habe ich selbst in meiner Kindheit noch meine Kinder „Strafen“ bekommen. Erziehung funktionierte und funktioniert auch wunderbar ohne.

Wann sollten „Strafen“ denn eingesetzt werden?

Wenn das eigene Kind einen Mitschüler krankenhausreif geprügelt oder vollgesoffen ohne Führerschein Papas dickes Auto geklaut und sämtliche parkenden Autos rasiert?

Sollten die eigenen Kinder so etwas tun, sollten die Eltern sich selbst hinterfragen und überlegen, was sie bei ihrem Erziehungsauftrag falsch gemacht haben.

Oder eher Nachbars Scheibe beim Fußballspielen zerdeppert? Dann sollte man sich vielleicht mal an seine eigene Jugend erinnern - so was kommt halt vor. Mit einer Entschuldigung beim Nachbarn und dem Ersetzen der Scheibe (vom Taschengeld oder Ferienjob oder Zeitungsaustragen etc.) ist es getan.

Wenn meine Jungs in unseren Augen etwas "falsch" machen, erklären wir ihnen, wie es richtig geht oder was wir von ihnen erwarten. Das kommt recht selten vor, da wir sozusagen mit gutem Beispiel vorangehen und ihnen sozialkompatibles Verhalten vorleben.

Warum sollten unsere Kinder z.B. "frech" sein, wir behandeln sie mit Respekt, also begegnen sie uns genauso. Wenn sie verbal über die Stränge schlagen, reicht ein "nicht dieser Ton, ich spreche vernünftig mit dir, also kannst du das auch mit mir".

Mein Mann und ich bescheißen z.B. nicht das Finanzamt und betrügen auch nicht die Versicherung; wir stehlen also nicht - warum sollten es dann unsere Kinder tun.

Ich arbeite im Schichtdienst, an Sonn- und Feiertagen und mit nächtlichem Rufdienst. Meine Kinder kriegen also live und in Farbe mit, dass man hart für sein Geld arbeiten muss - warum sollten sie sich da auf die faule Haut legen.

Wenn sie ein Verhalten an den Tag legen, was uns "unfröhlich" macht, kommunizieren wir das. Solch ein "Fehlverhalten" wird nicht zu bestraft, sondern es folgen Konsequenzen.

Schlechte Noten z.B. werden nicht bestraft (da ist das Kind doch schon in den Brunnen gefallen), aber wir organisieren eine Nachhilfe, damit die nächste Arbeit besser ausfällt.

Die Schmutzwäsche ist nicht ordnungsgemäß im Wäscheabwurf gelandet? Dann fehlt das Lieblingstshirt oder das Sporttrikot oder der Trainingsanzug eben für einige Zeit.

Die Brotdose steht nach der Schule nicht neben der Spüle? Dann bleibt sie eben ungespült und muss so weiterbenutzt werden - von mir aus, bis sie schimmelt.

Einer fängt ein teures Unterfangen an (z.B. Bootsführerschein), das wir bezahlen und zieht es nicht durch? Dann muss er halt in den nächsten Ferien arbeiten gehen und uns das Geld zurückzahlen.

Wenn meine Kinder z.B. mit schmutzigen Schuhen durch das frischgeputzte Haus laufen, wird nicht geschimpft oder irgendetwas weggenommen oder verboten, sondern sie müssen das selber sauber machen - auch das ist für mich eine Konsequenz und keine Strafe.

Wahllose und bezugsfreie Strafen haben mit Erziehung nichts zu tun.

Ein Kind sollte einen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Folgen und bestenfalls eine logische Kette und keine Willkür erkennen dürfen.

Alles Gute für dich!


LouPing  30.10.2023, 10:14
Einer fängt ein teures Unterfangen an (z.B. Bootsführerschein), das wir bezahlen und zieht es nicht durch? Dann muss er halt in den nächsten Ferien arbeiten gehen und uns das Geld zurückzahlen.

Auch wenn du versuchst das schön zu reden - das ist eine Form der Bestrafung. Ihr greift damit konsequent in den freien Willen des Kindes ein seine Freizeit zu gestalten. Damit schränkt ihr den Alltag des Kindes erheblich ein. Man könnte in dem Fall sogar mit dem "Persönlichkeitsrecht " argumentieren.

sogar das Grundgesetz in Deutschland besagt grob, dass niemand zum arbeiten gezwungen werden darf.

In dem Fall grundsätzlich ok, aber eben eine klassische Bestrafung.

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Pausenraum  30.10.2023, 12:30
@LouPing

Nö, eben nicht. Der Unterschied zwischen Bestrafung und Konsequenz ist, dass Strafen nicht im Zusammenhang zum Vergehen stehen. Wenn jemand seinen Eltern Geld wieder geben muss, dass sie wegen ihm in den Sand gesetzt haben, ist es eine Konsequenz.

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Nordseefan  30.10.2023, 14:35
@LouPing

Und genau das sind logische Konsequenzen eben nicht: Strafen. KEINER kann machen was er will - es sei denn er lebt eben mit den Konsequenzen die sich aus seinem Verhalten ergeben. Manch mal sie die positiv, oder eben auch negativ

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LouPing  30.10.2023, 14:37
@Nordseefan

Das Konzept ist mir klar, auch unsere Kinds sind absolut gewaltfrei aufgewachsen. Konsequenzen für deren Handlungen bekamen sie zu spüren.

Trotzdem ist das abarbeiten ein konsequenter Eingriff in den freien Willen des Kind= eine klass. Strafe.

Oder wie bewertest du im Vergleich Sozialstunden?

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Nordseefan  30.10.2023, 14:42
@LouPing

klar ist es ein Eingriff in den freien willen des Kindes, das heißt aber eben nicht dass es eine Strafe ist.

Und bei Sozialstunden ist es ähnlich, die stehen im Idealfall auch im Zusammenhang mit der Tat.

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isebise50  30.10.2023, 14:59
@LouPing

Es sind durch den freien Willen und auf expliziten Wunsch unseres Sohnes Kosten entstanden, die wir gerne übernehmen würden, wenn er die Sache denn durchgezogen hätte. Nicht aber, wenn er „heute hü und morgen hott“ denkt.

Die Konsequenz ist, dass er nun für die Begleichung der Rechnung verantwortlich ist.

Wenn ich eine Hose kaufe und sie dann doch (warum auch immer) nicht anziehe, bleibt der Kaufpreis trotzdem an mir hängen - an wem denn sonst?

Hätten wir ihm für sein mangelndes Durchhaltevermögen oder das rasante Wechseln seiner Vorlieben Hausarrest oder Handyverbot erteilt, wäre das eine (blödsinnige) Strafe gewesen.

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Früher sagte man, das Kinder der Spiegel der Eltern sind. Ist heutzutage anders.

Heute tauschen sich die Gremlins untereinander aus. Haben schon (zu)früh ihre eigene Meinung und Sichtweise. Der Respekt Level ist stark gesunken.

Hätte ich meine Kinder so erzogen wie wir früher erzogen wurden, rufen diese die Polizei und Jugendamt, Psychologen würden eingeschaltet etc. ERGO: wir sind immer die bösen.

Wir haben unsere Kinder (ich zumindest)wie Erwachsene behandelt. Das sehr viel geholfen. Wir zeigen Respekt und bekommen Respekt.

Als eine dreifache Mutter bezweifle ich, dass eine Erziehung überhaupt möglich ist. Ich denke, sie ist eine Illusion. Aus den Zeiten, als man nichts von Genen gewusst hat. Man kann das Kind nur sozialisieren im Rahmen des möglichen. Die Charakterzüge sind angeboren. Welche Werte ein Mensch für sich aussucht, bestimmt sein Charakter, nicht die Erziehung.

Die Eltern können nur versuchen, hier und da etwas zu verbessern. Ohne Garantie für Erfolg.

Diese Allmachtfantasien über die Elternschaft ( ich kann einen Menschen formen nach meinen Vorstellungen) sind doch narzisstisch. Sonst nichts.

Daher: bestrafen oder nicht - egal.

Erziehung findet ausschließlich durch das vorgelebte Beispiel statt. Alles andere ist Dressur. Selbstverständlich gehört dabei auch dazu, dass man die Konsequenzen des eigenen Handelns selber trägt und z.B. einen angerichteten Schaden zu beheben versucht. Kinder sind das Spiegelbild und damit die Visitenkarte ihrer Eltern.

Karl Valentin sagte: "Erziehung ist völlig überflüssig. Die Kinder machen uns doch eh alles nach."

Wenn du unter "Bestrafung" willkürliche Sanktionierung verstehst: ja, Erziehung ohne ist möglich.

Aber:

Handlungen haben Konsequenzen. Diese muss man mE aufzeigen.

Nur so als Beispiel:

"Wenn du nicht aufisst, darfst du nicht fernsehen" -> Handlung und Konsequenz stehen in keinem Sinnzusammenhang. So macht das keinen Sinn für das Kind.

Eine Konsequenz ist eine natürliche Folge -> "Wenn du jetzt nicht mehr weiteressen magst, räumen wir den Tisch ab und das Abendessen ist vorbei."

Anderes Beispiel: "aha, du hast mit deinem Fußball den Rosenstock vom Nachbar zerstört. Eine Woche Hausarrest." -> halte ich für unsinnig.

Besser wäre "Du kaufst mit deinem Taschengeld eine neue Rose, hilfst beim Einpflanzen und einmal auch beim Unkraut jäten."