Ich lese bei dir ganz viel "die" und "denen".
Seine Familie beschreibt man normalerweise mit "sie", und da du das nicht tust, ließt man deine nach wie vor brodelnde Wut.
In der Situation, wie du sie schilderst bzw. wahr nimmst, bist du tatsächlich sehr ausgeliefert, allein und wehrlos. Bedrohung von der Mutter, die dein Schutz sein sollte, distanzierte Abneigung von der großen Schwester, die dein Vorbild sein sollte, starkes Aufspielen deiner kleinen Schwester, die sich mehr nach dir richten sollte, und schlichtes Raushalten deines Vaters, den du dir als Mitstreiter wünschen würdest. Wenn sich das Ganze mit deinem nicht vorhandenen Rückzugsort kombiniert, ist das wirklich eine schlimme Situation für dich.
Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass du (blöd ausgedrückte, unangemessene) Sprüche von deiner Mutter für wahrer nimmst, als sie gemeint sind, bzw dass du die gesamte Situation als persönlicher aufgreifst, als sie ist. Damit meine ich aber nicht "stell dich nicht so an, da is nix", sondern ich meine ganz einfach, dass deine Wahrnehmung des ganzen extremer sein könnte, als sie sein sollte (woran das liegen kann, dazu komme ich gleich).
Ob das so ist oder nicht kann ich aus der Ferne logischer Weise nicht beurteilen, aber egal in welcher Form (Realität oder extreme Auffassung) ist es eine Situation die ernst genommen werden muss.
Du bist 16, wie alt deine Geschwister sind, würde mich mal interessieren. Ich tippe mal auf ca 20 und ca 13.
Das Problem bei Haushalten mit drei Kindern die in unterschiedlichen, aber nicht allzu weit voneinander entfernten Entwicklungsphasen sind, ist, dass die Eltern mit drei verschiedenen Terrorstufen, und jedes Kind für sich sogar mit fünf davon umgehen muss.
Mit ~13 ist man für gewöhnlich in der Phase wo man richtig Spaß hat, andere zu nerven (langsam Pubertät, Ablösungsprozess und Rebellion beginnt)
Mit ~16 hat man sich mit dieser Phase langsam angefreundet, kann mit seinen Emotionen wieder halbwegs klar kommen, ist aber immer noch mega im Chaos, hat nur gelernt, damit zu leben.
Mit ~20 wird einem langsam klar "ihr geht mir alle auf den Sack und ich will hier jetzt endgültig weg"
In keiner dieser Altersstufen hat man die Pubertät wirklich verlassen. Und man kann darüber denken was man möchte, aber die Pubertät ist einfach eine Rebellionsphase, die dafür da ist, dass du unabhängiger von den Eltern wirst, dein eigenes Leben aufbaust. Was gleichzeitig bedeutet dass dich alles, was dich daran hindert, total nervt.
Die Eltern sind in der Zeit damit beschäftigt, das geliebte Kind festzuhalten. Man will es nicht loslassen, möchte die Zeit nicht verlieren. Dadurch schaukeln sich Streitsituationen in der Zeit so sehr hoch (lass mich los vs ich will dich nicht loslassen)
Gleichzeitig ist man in der Pubertät aber noch nicht so selbstständig, dass man vollkommen bereit ist, die elterliche Aufmerksamkeit fallen zu lassen (~13 kämpft sogar noch darum, weshalb man absichtlich Streit sucht, damit die Eltern sich kümmern müssen // ~20 wird das langsam egal, weil das Erwachsensein langsam erreicht ist)
Bei euch eskaliert da grade viel. Jeder ist mit den anderen maßlos überfordert (ich bin mir sicher deine kleine Schwester empfindet euch anderen auch häufig so, als würdet ihr euch alle gegen sie verschwören)
Handgreiflichkeiten sind dabei alles andere als in Ordnung, aber ehrlichgesagt nicht wahnsinnig ungewöhnlich. Dass man Tatsächlich die Polizei ruft, gibt dem ganzen allerdings schon einen neuen Lächerlichkeitsgrad (ist deine Mutter in den Wechseljahren?)
Du beschreibst, dass das ganze seit zwei Jahren so geht... Dass du an dir arbeitest, einige Fortschritte wahrnimmst, Zuhause aber Rückschritte machst.
Was wenn du dir tatsächlich überlegst, auszuziehen? In dieser Situation vielleicht wirklich keine schlechte Idee.
Ich Stimme da einem anderen Kommentar hier zu, dass es vor 18 besser ist als nach 18. Erstens, weil du dann mit der Bürokratie nicht voll alleine da stehst, sondern erst noch zwei Jahre jemanden hast, der dich damit begleitet. Und zweitens, weil es sich nicht lohnt, zwei Jahre deines Lebens wegzuwerfen, durch die Hölle zu gehen in der Hoffnung, dass es dann irgendwann besser wird (es könnten immer auch die letzten Lebensjahre sein.)
Was ich mit diesem ewig langen Text hier sagen will ist,
berücksichtige, dass es immer mehrere Sichtweisen gibt, und dass bei dir die (von dir selbst erkannte) Problematik, dass du alles sehr persönlich nimmst, und auch ein Haufen Hormone alles durchaus verzerren können. Lass dir aber nicht alles gefallen.
Frag deinen Vater doch mal nach einem Zimmerschlüssel. Du solltest in deinem Alter dein eigenes Reich haben.
Versuche die Situation ein bisschen von oben zu betrachten, ein bisschen weniger Subjektiv (das geht nur in ruhigen, bewussten Momenten). Beobachte, was ist echt, und was empfinde ich nur. Halte ich das aus, sollte ich das aushalten, oder erfordert die Situation sogar von mir, einen Schlussstrich zu ziehen?
Von mir alles gute.
PS: Oben genanntes Wissen gebe ich weiter aus langen, ausführlichen Gesprächen mit einem mir nahestehenden Psychologen, das sauge ich mir nicht aus den Fingern, und ist somit auch nicht zu vernachlässigen. Natürlich ist auch das ein individuelles Betrachten, aber wie ich hoffe, ein Hilfreiches.