Der Tatbestandsirrtum kommt m.E. gar nicht in Betracht, denn hierüber müsste ich über einen Tatbestand irren, also bspw. etwas klauen (fremde bewegliche Sache), was ich aber für mein eigenes hielte. Also in etwa einen Regenschirm mitnehmen, der meinem gleich sieht. Der objektive Tatbestand ist erfüllt, der subjektive jedoch nicht.
Hier handelt die Oma vorsätzlich, sie lässt die Luft bewusst und willentlich aus den Reifen. Somit ist der objektive UND der subjektive Tatbestand erfüllt.
Sie hat m.E. jedoch einen Rechtfertigungsgrund nach § 34 StGB, den rechtfertigenden Notstand. Im § 34 StGB heißt es: "[...] gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut" [...] "Tat begeht, um die Gefahr" [...] "abzuwenden" [...] "das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden."
Ich bin der Überzeugung, dass die Luft aus den Reifen zu lassen, ein probates Mittel ist, eine Trunkenheitsfahrt zu verhindern und dass die Verhinderung der Trunkenheitsfahrt wesentlich überwiegender ist.
Ferner ist die vorläufige Festnahme nach § 127 StPO auch möglich, unabhängig, ob sie die Personalien kennt oder nicht. Zum Einen ist es fraglich, ob die Oma wirklich die kompletten Personalien des Freundes kennt, zum Anderen ist das nicht Voraussetzung für die vorläufige Festnahme. Es ist nur EINE Möglichkeit, die anderen sind auf frischer Tat getroffen oder verfolgt und der Flucht verdächtig.
Da er mit dem Anlassen des Motors (Willen und Möglichkeit der Fortbewegung = Fahrt) den Tatbestand der Trunkenheitsfahrt ( § 316 StGB) oder die VOWi ( § 24a StVG) vollendet hat, entfernt er sich mit der weiteren Fortbewegung und ist somit der Flucht verdächtig.