sehr seltsame diskussion hier.
erst einmal sind incels leute, die unfreiwillig keine partnerin finden. darüber zu lachen oder sie mies zu machen halte ich für unfair.
desweiteren gibt es die frauenhasser, misogynisten, die aus welchem grund auch immer, mit dem anderen geschlecht nicht zurechtkommen. nun, das kann passieren, aber es tut auch ganz gut sich mal an die eigene nase zu fassen, die schuld lediglich bei allen anderen suchen ist nur dumm.
dass die datingmöglichkeiten, die zur zeit genutzt werden, männer benachteiligen, weil inzwischen besonders bei frauen eine unrealistische erwartungshaltung vorzufinden ist, dürfte tatsächlich ein gesellschaftliches problem sein.
lernte man sich früher in einem halbwegs bekannten umfeld kennen (schule, ausbildung, tanzkurs, studium) kennen, konnte man von der jeweils anderen seite nicht viel verlangen - man musste stattdessen das potential einschätzen. erst wenn die leute etabliert waren, im berufsleben standen (und die ganzen unbeschwerten jugendfreundinnen oder jugendfreunde bereits vergeben) kamen dann rationalere kriterien auf den tisch, hauptsächlich materieller art.
wenn männer an spass und sex interessiert waren, haben die frauen schon immer frühzeitig auf sicherheit, zuverlässigkeit und möglichkeit der familienbildung geachtet, anscheinend eine biologische prägung , die beim einen mehr, beim anderen weniger durchschlägt.
heute bleibt die kennenlernphase im internet seltsam keimfrei, unbelastet von freundeskreisen, oft anonym, und da ausser dem aussehen (an dem in den sozialen medien kräftig herumgefiltert wird) sind kaum kriterien vorhanden. was passiert also: die biologischen prägungen setzen sich durch. das potential eines menschen wird nicht mehr erkannt, nur noch die harten fakten zählen: "noch in der ausbildung, kein gutes aussehen, kein bankkonto, kein haus..."
darüber kann man sich als mann heulend beschweren, ich stelle aber auch zunehmende verzweifelung fest, wenn frauen dann in ihren 30ern beklagen noch immer nicht den richtigen gefunden zu haben. "die männer sind alle so..." und dann kommt irgend ein vorwurf.
letzten endes scheitert die beziehungsbildung daran, dass beiden seiten unrealistische vorstellungen haben. in internet chats lassen sich die wenigen frauen, die man dort findet, huldigen wie die göttinnen, was ihnen im echten leben aufgrund ihrer durchschnittlichkeit (um es freundlich auszudrücken) nicht passieren würde. in amerika gab es studien darüber, dass männer ca 60 prozent der frauen attraktiv genug fanden, um sie anzusprechen (bzw in die richtige richtung zu swipen), frauen umgekehrt aber nur 5 prozent der männer überhaupt in erwägung ziehen.
heute wird viel darüber diskutiert, ob ein spielerisches, sich gegenseitig ausprobieren, was in den späten 60er und in den 70er jahren als völlig normal empfunden wurde, schlecht war. heute gehen selbst schüler schon davon aus, dass ihre erste freundin die richtige fürs leben sein muss. man diskutiert den "bodycount" und vermutet unanständigkeit, statt mal zu überlegen, wie hoch die chancen stehen, beim ersten kontakt gleich einen volltreffer zu landen.
selbstverständlich ändern sich die zeiten, und das ist auch gut so. nur habe ich noch nie im leben so viele klagen gehört, was den datingverhalten beider geschlechter angeht. früher war sicherlich nicht alles besser - aber so toll läuft es anscheinend heute nicht.
wenn man als frau das gefühl haben muss, lediglich ein austauschbares spielzeug für den mann zu sein, ist das sicher nicht akzeptabel. wenn man als mann das gefühl bekommt, dass eine frau ausser ihrem anspruchsdenken (und ihrer vagina) nicht viel zu einer partnerschaft beitragen kann, ist die idee dann doch lieber allein zu bleiben, nicht wirklich schwer zu verstehen.
diesen krampf der geschlechter auf eines davon zurückzuführen, wird jedenfalls nicht helfen. was das verbot von sozialen medien angeht, bestrebungen dieser art sind bereits in der diskussion, zumindestens bis zu einem bestimmten alter. neue möglichkeiten der kommunikation schaffen neue probleme, und deren lösungen kommen immer erst mit der zeit. entscheidend ist, wie ernst man diese scheinwelt nimmt, und ob es nicht auch genug andere möglichkeiten gibt. die man nutzen kann. empfehlen würde ich es.