Sehe ich anders. "Das ist diskriminierend" ist n bisschen zu einseitig gedacht. Der Gedanke dahinter ist durchaus nicht dumm. Er entbehrt auch nicht jeglicher Rationalität und diskriminkerend ist er mit Sicherheit auch nicht. Wenn jemand mit erhöhter statistischer Wahrscheinlichkeit beispielsweise mit HIV infiziert ist, was er via Blutspende weitergeben würde, während HIV-Tests aufgrund einer zu jungen Infektion z.B. noch nicht anschlagen, ist es unverantwortlich, diese Person Blut spenden und andere gefährden zu lassen. Zu denen, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit an z.B. HIV erkranken, zählen nunmal leider Schwule und Menschen, die Drogen injizieren, was schade aber schlichtweg die Realität ist. HIV wird über Analsex leichter übertragen als über Vaginalsex. Über unhygienisches Geschirr beim Konsum ebenfalls. Übers Lecken wird es kaum je übertragen. Das hat mit Diskriminierung aufgrund von Sexualität nichts zu tun, sondern ist einfach die Realität. Ob das anderen nun gefällt oder nicht, ist irrelevant. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann keinen geringeren Stellenwert haben als das Bedürfnis anderer, einfach nur aus dem Anspruch der Gleichbehandlung heraus Blut spenden zu dürfen. Das lässt sich ethisch gar nicht haltbar argumentieren und jeder, der einfach nur aus einem Anspruch von Gleichbehandlung heraus Blut spenden möchte, obwohl er zu einer Risikogruppe zählt, handelt in meinen Augen selbstgerecht, egozentrisch und verantwortungslos.
Was an der aktuellen Regelung hohl ist, ist die fehlende Überprüfbarkeit der sexuellen Orientierung und Praktiken sowie von individuellen Aussagen. Niemand kann prüfen, ob jemand tatsächlich die angegebene Sexualität hat, die angegebenen sexuellen Praktiken ausübt oder nicht etc. Das ist ja genau das Problem. Um das zu umgehen, gab es die Regelung ja ursprünglich.
Was an der Regelung aber auch problematisch ist, ist die vermutlich kleine Überschneidung derer, die nun ausgerechnet eine junge, mittels Test noch nicht feststellbare HIV-Infektion haben UND Blut spenden möchten. Am Ende läuft es also vermutlich darauf hinaus, dass Menschen einer gesamten Sexualität von etwas ausgeschlossen werden, ohne dass wirklich ein großes Risiko besteht, dass sie andere mit etwas infizieren. Ob diese Vermutung aber auch der Realität entspricht, lässt sich nur mittels Statistik prüfen. Und solange die zeigt, dass eine nicht unsignifikante Menge schwuler Menschen sich neu mit HIV infizieren, sollten die auch kein Blut spenden dürfen. Habe die Statistik nicht im Kopf. Um ne finale Aussage zu treffen, müsste man das recherchieren.
Es ergibt allerdings wenig Sinn, dass sämtliche queere Menschen vom Blut spenden ausgenommen sind, da Lesben ja beispielsweise mit noch geringerer Wahrscheinlichkeit an z.B. HIV erkranken als Heteros. Lesben auszuschließen ist dann TATSÄCHLICH diskriminierend, da es keinerlei rationale Grundlage hat. Bisexuell ist auch nicht gleich bisexuell. Frauen, die mit Frauen und Männern schlafen, dürften ein deutlich geringeres Risiko haben sich mit HIV zu infizieren als Männer, die mit Männern und Frauen schlafen.
Wie auch immer, die oben genannten Probleme ließen sich zum Beispiel lösen, indem man bei Risikogruppen, also Drogenkonsumenten, die iV injizieren, und Schwulen, PCR-Tests durchführt, bevor sie spenden. Inzwischen gibt es ja sehr zuverlässige HIV-Tests, die auch schon sehr früh das Virus erkennen lassen. Mittels Vorabbefragung und eidesstattlicher Erklärung ließe sich eventuell zumindest ansatzweise sicherstellen, dass Menschen bezüglich expositiver Praktiken in unmittelbarer Vergangenheit auch die Wahrheit sagen. Das wäre zumindest in Bezug auf HIV eine denkbare Lösung, die dann sowohl übers Blut übertragbare Krankheiten UND ein Ausschließen gewisser Gruppen nahezu aufheben würde, was ja das Ziel ist. Wie es für andere Krankheiten ist, weiß ich nicht. Generell ist die Debatte aber wieder mal deutlich komplexer als "Mimimi, die wollen uns was Böses und sind alle nur queerfeindlich, das gehört alles sofort ohne Nachzudenken abgeschafft". Darum geht's nicht.