Ich war 25 Jahre lang Kunstlehrerin für Klasse 5 bis 10.
Jedesmal, wenn ich eine Klasse bekam, waren sie frustriert , weil sie Wasserfarben hasste, nur kam das heraus, was sie malen wollten, nur Gekleckse. Ich habe ihnen beigebracht, dass man
1. Synthetik Pinsel benutzen muss in verschiedenen Stärken, die ihre Form behalten, statt billigste "Klobürsten Pinsel", die ständig Haare verlieren
2. Nie mehr billige Zeichenblöcke kaufen soll, die sich wellen, wenn Wasser drauf kommt mit, denn das Papier ist zu dünn. Sieht man ja an Toilettenpapier, was geschieht, wenn es nass wird. Mit solchen Pfützen auf dünnem Papier wird jedes Bild fleckig. Der Blick sollte die Aufschrift "extra stark" haben, oft steht dabei 110gr/qm . 120 Gramm sind noch besser. Es Welt sich nicht.
3. Damit Flächen nicht klecksig aussehen, muss man sie zB. rot ausmalen, trocknen lassen und dann ein zweites Mal rot ausmalen. Wenig Wasser, viel Farbe, natürlich auch keinen Billigfarbkasten kaufen.
4. Man muss etwas über Bildaufbau kernen. Vordergrund, Hintergrund. Grundschulkinder stellen ihre Bäume, Häuser immer unten an den Bildrand, dies ist für sie der Boden. Aber beim Zeichnen/Malen trifft das nicht zu.Also muss man etwas über Horizontlinien lernen: ganz oben im Bild bedeutet das die Vogelperspektive. In der Mitte ist die Linie, wie ein Mensch sie sehen würde. Weit unten zeigt die Linie dann die Froschperspektive.
Je nach Wahl der Horizontlinie kann dasselbe Motiv dann völlig anders aussehen, zb.eine Straße, die vom Hintergrund aus direkt auf den Betrachter zukommt.
5. Was ich meinen Schülern unbedingt immer beigebracht habe, ist mit Hilfe von Fluchtpunkten Dinge perspektivisch richtig darzustellen .
6. Und Licht und Schatten richtig zu benutzen. Dabei muss man auch lernen, wie Farben graduell immer dunkler oder heller werden, anhand eines Apfels, einer Kugel usw, damit die Schattenseiten auch glaubwürdig aussehen.
Mit all diesem Wissen ausgestattet sowie ein paar Tricks, wie man realistisch aussehende Bäume , Wasserspiegelungen und Wolken malt, hat keiner meiner Schüler je sein Bild nach Benotung in den Müll geworfen, wie es so oft in Kunst passiert.
Ich finde, Schüler sollten auch erfahren, wie die Proportionen eines Gesichtes sind, welche Abstände man beachten muss, ebenso wie die Körperproportionen. Oder wie man ein Auge zeichnet, mit Glanzpunkten und einem richtigen 3D Effekt.
Für Zeichnungen, bei denen Licht und Schatten zur Geltung kommen sollen, möchte ich unbedingt raten, einen "Verwischer" zu kaufen, den es auch in verschiedenen Stärken gibt (als Ersatz für das sehr ungenaue Verwischen des Bleistiftes mit Tempo Taschentüchern.)
Achtung, Verwischer darf man nie spitzen. Dann lösen sie sich auf, es ist fest zusammengerolltes filzartiges Papier..
Mit diesen Grundlagen ausgestattet entstanden so tolle Bilder, die immer zuhause aufgehängt wurden.
Man kann frustrierte Schüler wirklich dazu bringen, große Erfolge mit den richtigen Informationen zu erzielen.
Alle abstrakten oder impressionistischen (etc) Künstler haben zu Beginn all dies gewusst und realistisch gemalt, auch Picasso. Ich finde, wer weg vom Gegenständlichen geht zum Abstrakten, sollte vorher die Grundlagen und Techniken kennen.
Natürlich kann man bei einem abstrakten Gemälde nicht wissen, in der/diejenige diese neue Ausdrucksweise bewusst wählte oder in es jemand ist, der einfach nur Farben wild aufs Papier /die Leinwand klatscht oder herumspachtelt.
Um die Frage, was Kunst ist, wird seit über 200 Jahren gestritten. Man kann sie nicht beantworten.