Ich denke nicht, dass wir es hier mit Hass zu tun haben, sondern mit Überforderung. Ich glaube deine Mutter kann einfach mit einem Kind nicht besonders gut umgehen und seit du in der Pubertät bist - da gibt es ja selbst in den besten Familien Streit und böse Worte - kommt sie gar nicht mehr damit klar, dass du sie nicht als oberste Instanz siehst.
Es ist nicht so, dass mit dir etwas nicht in Ordnung ist. Du hast nur Pubertät und bist ein Mädchen. Super easy im Umgang ist das schon mal nicht, aber natürlich kein Grund dich zu beleidigen. Ich glaube deine mum ist einfach nicht gut darin den Übergang hinzukriegen von "du bist klein und entscheidest nichts selbst und machst was man dir sagt" zu "du bist jetzt ein junger, selbstbestimmter Mensch, der widerspricht und die Eltern nicht mehr automatisch als Götter sieht".
Die Pubertät ist der Prozess, bei dem wir das enge Band mit unseren Eltern auflösen und das teilweise sehr drastisch. Das ist ganz natürlich und es wird auch nie ganz verschwinden, aber das führt natürlich zu Streit (Mutter verliert Machtposition), zu Minderwertigkeitskomplexen (warum hört sie nicht mehr auf mich), zu Versagensängsten (hab ich sie nicht gut erzogen) und so weiter. Manche Menschen können damit nicht gut umgehen. Deine Mutter scheint so jemand zu sein.
Und das ist natürlich traurig, weil sie dich damit verletzt und es für euch beide nicht gut ist. Du wirst schneller erwachsen werden müssen als andere in deinem Alter und mehr Verantwortung übernehmen. Wenn du ein besseres Verhältnis zu deiner Mutter willst, wirst du das selbst machen müssen, weil sie dazu im Moment nicht in der Lage ist. Es ist ganz sicher kein Hass, höchstens Wut und Überforderung. Das macht es aber auch nicht besser.
Möglichkeiten:
1.) Akzeptieren, dass es eben in der Pubertät so ist, dass man sich von den Eltern abgrenzt und versuchen dir stattdessen enge Beziehungen mit Freunden oder sogar einem Menschen in den du verliebt bist aufzubauen. Das Verhältnis zu deinen Eltern wird sich wieder bessern, wenn die Pubertät vorüber ist, aber sie sollten auch nicht die einzigen Bezugspersonen in deinem Leben bleiben. Wenn du die Beziehung zu deinen Eltern ein bisschen weniger wichtig siehst für ein paar Jahre und andere Erfahrungen mit anderen Menschen sammelst hilft dir das in deine Entwicklung. Du brauchst anderen Input. Jemanden, mit dem du reflektieren kannst. Jemand, der anders ist oder dir ähnlich ist und dem du vertraust. Sprich: Freunde. Und vielleicht findest du sogar: Liebe. Es ist kein Zufall, dass wir genau in dem Moment anfangen uns zu verlieben in dem das Band zu unseren Eltern das erste Mal schwächer wird. Dass dieses Band schwächer wird, geht nicht nur dir so, sondern allen Menschen in dem Alter. Nur wie viel Streit und Stress es dabei gibt das kann sehr unterschiedlich sein. Manchmal mündet es in Gewalt, in Psychoterror oder anderes Chaos, aber es ist nicht deine Schuld und genau genommen ist es auch nicht die Schuld deine mum, sondern ihr versteht jeweils den anderen nicht mehr und das ist ok, damit kann man lernen umzugehen. Nur Kleinkinder zweifeln ihre Eltern nicht an. Ist völlig normal, dass du sie irgendwann in Frage stellst und ist auch normal, dass das deine Mutter verletzt und fast wahnsinnig macht. Deine erste Möglichkeit ist also zu akzeptieren, dass es nicht so wichtig ist, was deine Mutter im Moment macht. Definiere dich nicht über deine Mutter. Wenn deine Mutter dich hassen würde, würde das immer noch nicht heißen, dass du ein Mensch bist, den man hassen sollte. Es heißt dann nur, dass sie dich hasst und dafür kannst du nichts und das sagt auch nichts über dich aus, sondern etwas über sie. Aber wie schon erwähnt, es musst schon sehr viel passieren, dass eine Mutter ihr Kind hasst. Selbst wenn es so wäre, heißt das nicht, dass dich nicht andere Menschen lieben und du jemand anders lieben kannst.
2.) Darauf vertrauen, dass deine Mutter es nicht so meint und versuchen sie zu verstehen und von deiner Seite aus aktiv versuchen das Verhältnis so gut wie möglich zu gestalten, in dem du ihr in einer nicht emotional aufgeladenen Minute auch mal sagst, dass es dich sehr verletzt, wenn sie so etwas sagt. Es kann sein, dass du mit 15 schlauer und verantwortungsvoller als deine Mutter mit der Situation umgehen kannst. Sie ist nur älter, deswegen ist sie nicht irgendwie besser. Du kannst davon ausgehen, dass sie Manches einfach nicht versteht und ihr Manches auch hinterher leid tut. Der Schlüssel ist bessere Kommunikation und jedem seinen Freiraum lassen. Die aller meisten Streits entstehen aus Missverständnissen. Ihr müsst lernen zu fragen und zu sagen, was denn den emotionalen Ausbruch und die Beschimpfungen auslöst. Glaub mir es hilft, wenn du verstehst warum jemand so handelt wie er handelt, das heißt nicht, dass du es richtig findest oder dass du es verzeihen musst oder es ändern könntest, aber es hilft dabei, dass du nicht selbst wütend auf dich wirst oder dir Vorwürfe machst. Manche Dinge kannst du nicht verändern und du bist auch nicht schuld. Manches lässt sich nicht lösen, zumindest kannst du es nicht lösen. Es hilft sie zu verstehen, damit man sie vermeiden kann oder vielleicht eine Methode findet besser damit umzugehen.
3.) Naja, das krasse Gegenteil eben: Selbsthass, Selbstmitleid, Selbstzerstörung, Selbstvorwürfe, Unsicherheit, Unverständnis, Wut, Kummer, Leid, Trotz, Tränen, Gleichgültigkeit, Abstumpfung, Unglück. Sich zurückziehen, hoffen, beten, trauern, viel schlafen, in andere Welten flüchten, trauern, schreien, sich und andere verletzen. Sich wütend auf den Boden werfen und trommeln - halt stopp das ist nicht Pubertät, das ist davor. Aber jedenfalls diese ganzen Ich-Hasse-Mein-Leben-Sachen, die die Pubertät so anstrengend machen, abgesehen von den Pickeln und dass man beim ersten Küssen nicht weiß, was man machen soll.
Du kriegst das hin. Du findest einen Weg. Sei nicht so hart zu dir selbst.
Alles Gute!