Natürlich stimme ich dem soweit zu.
Das Problem bei Kreationisten ist aber, dass sie einen künstlichen Gegensatz zwischen der Evolutionstheorie und dem biblischen Schöpfungsbericht sehen und dabei nur die "anerkannten" Bibelinterpretationen vor Augen haben, welche keinen Zweifel daran lassen, dass Bibel und Wissenschaft sich widersprechen. Riskiert aber einen zweiten Blick auf die Bibeltexte, und zwar ohne christliche Brille, ergibt sich ein anderes Bild.
Kleiner Exkurs: Im frühen Altertum war es gebräuchlich, die "Überschrift" eines Textes an dessen Ende zu setzen, das nannte man Kolophon. Dieser Schlusssatz sollte den Kern des beschriebenen Geschehens noch mal kurz und prägnant wiedergeben. Allein in der Genesis kommt eine solche Kolophonformel ca. 11x vor, und jedesmal geht es dabei um Abstammungsreihen und deren geschichtliches Umfeld: "Dies sind die Zeugungsfolgen (hebr. Toledoth) von...". Toledoth leitet sich von den hebräischen Verben holid (zeugen) und jalad (gebären) ab und ist der hebräische Inbegriff für Abstammung. Dieses Wort kommt im AT insgesamt 39x vor. Der Ausführung dieser Ahnreihen wird bekanntlich soviel Platz gewidmet, dass sie schon manchen Bibelleser auf eine harte Geduldsprobe gestellt haben. Auch das NT beginnt mit einem solchen Stammregister. Schlussfolgerung: Abstammung ist in der Bibel also keine Nebensache, sondern Zentralthema.
Aber zurück zur Genesis: Auch das 6-Tage-Werk wird rückblickend wie folgt bezeichnet: "Dies ist der Stammbaum von Himmel und Erde in ihrem Erschaffenwerden (bara), der Tag (yom), an dem JHWH Elohim die Erde und den Himmel machte (asah)". Diese Zusammenfassung widerlegt alle kreationistischen Interpretationen von geschichtsloser, unveränderlicher Kurzzeit-Entstehung. Schon im Text wurde strikt unterschieden zwischen (relativ plötzlicher) Neuentstehung (bara) und allmählicher Zubereitung bestehenden Materials (asah), hier hat man es nochmal schwarz auf weiß. Auch wird festgehalten, dass nicht nur alles Leben, sondern letztlich alles Seiende denselben Ursprung hat und miteinander verwoben ist. Hier wird auch nochmal der der Unterschied zwischen den Wortpaaren "Himmel und Erde" (Universum) und "Erde und Himmel" unterschieden. Letzteres bezeichnet nicht mehr das ganze Universum, sondern beschränkt den Blick auf den Erdkörper und die dazugehörige Atmosphäre ("Himmel"). Das hebräische yom fasst hier die Gesamtheit aller Schöpfungstage zusammen, was die dogmatische Fixierung auf einen gewöhnlichen Kalendertag endgültig Lügen straft.
Der Mensch bildet keine Ausnahme, er gehört zum großen Stammbaum dazu:
https://www.gutefrage.net/frage/woher-kommen-wir-wirklich-#answer103657828
Adam und Eva kommen zwar auch vor, aber sie gehören klar in die Jungsteinzeit und nicht an den Anfang der Menschheit.
Sorry für den Roman, aber ich konnte hoffentlich etwas Licht ins Dunkel bringen. Falls du diesen Kreationisten wiedersiehst, richte ihm das Obengesagte aus, dass der Kreationismus schon aus biblischer Sicht unhaltbar ist.