Hier nach einem Fußmetrum zu suchen, macht keinen Sinn. Wir sind in der Tradition der Lieder und Balladen, wo in den vielfältigen Strophenformen grundsätzlich Füllungsfreiheit herrscht. Also: Die Zahl der Hebungen ist festgelegt, dazwischen können beliebig eine oder zwei Senkungen auftauchen. Das heißt natürlich auch, dass so eine Strophe auch mal zum Beispiel rein jambisch ausfallen kann. Der Dichter ist ja frei.
Kästner hat sich für die Abwandlung der vierzeiligen Chevy-Chase-Strophe entschieden (immer männliche Kadenzen und Kreuzreimschema). Im Original geht die so, wenn man sie rein jambisch notiert:
v-v-v-v-
v-v-v-
v-v-v-v-
v-v-v-
Mit dem eingeschobenen vierten Vers vertagt Kästner jetzt den abschließenden Reim gewissermaßen um eine Zeile: abaab. Das metrische Schema der ersten Strophe sieht so aus:
v - vv - v - vv - Sie stehen verstört am Potsdamer Platz
v - vv - v - Und finden Berlin zu laut.
v - v - v - v - Die Nacht glüht auf in Kilowatts,
v - vv - vv - v - Ein Fräuein sagt heiser: „Komm mit, mein Schatz!“
v - v - vv - Und zeigt entsetzlich viel Haut.
Diese Abwandlung der Chevy-Chase-Strophe hat seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhundert regelrecht Karriere gemacht.
Nur am Rande: Aus den Versfüßen, die man bei Kästner isolieren könnte, kann man keine inhaltlichen Schlüsse ziehen. Für sich genommen haben Versfüße keine Botschaft. Also etwa zu behaupten, dass der Daktylus grundsätzlich (!) locker tänzelt und der Jambus grundsätzlich (!) schwerfällig marschiert, ist Unfug. Botschaften kommen erst einmal vom Gesagten. Dass man das Gesagte dann rhythmisch untermalen kann, ist ein Thema für sich.