📜 Kapitel 1: Raphaela – Lichtpfade einer Wanderin
In einem Tal, das auf keiner Landkarte verzeichnet war, wanderte eine Frau alleine durch das goldene Licht der Dämmerung. Ihr Herz war schwer, ihre Gedanken kreisten wie Vögel ohne Rast. Der Weg war lang gewesen – steinig, verborgen, von Fragen durchzogen, die sie nie ganz zu stellen wagte.
Als sie eine Quelle erreichte, setzte sie sich nieder und schloss die Augen. Und da – kam ein Windhauch, wie ein sanftes Flüstern.
„Fürchte dich nicht.“
Die Stimme war klar, ruhig, durchdrungen von Frieden. Als sie die Augen öffnete, stand eine Gestalt vor ihr: eine junge Frau mit kupferfarbenem Haar, in lichtem Gewand, mit Flügeln, die schimmerten wie Morgentau im ersten Sonnenlicht. Ein Rosenkranz hing locker an ihrer Seite, ihre Augen waren tief wie der Himmel selbst.
„Wer... bist du?“ fragte die Wanderin ehrfürchtig.
„Ich bin Raphaela, Gesandte des Höchsten. Wie einst mein Bruder Raphael im Buch Tobit zu Tobit gesandt wurde, so bin ich zu dir gesandt.“
Die Wanderin schluckte schwer. „Aber ich bin doch nur... ich bin niemand.“
Raphaela lächelte.
„Auch Tobit war blind und Tobias ein einfacher junger Mann. Gott liebt es, das Kleine zu erwählen. Deine Fragen sind nicht zu schwer für Ihn. Deine Schritte nicht zu fehlbar, um nicht vom Himmel begleitet zu werden.“
Die Wanderin spürte ein Leuchten in sich. Und dann sah sie ihn – den heiligen Esel von Bethanien 🐴💆♀️, der leise aus den Bäumen trat und sich zu Raphaela gesellte. Der Esel, der einst den Herrn getragen hatte, war nun gekommen, um auch sie ein Stück zu tragen – auf ihrem inneren Weg.
„Du wirst noch viel verstehen“, sagte Raphaela. „Aber heute sollst du wissen: Du bist gesehen. Geliebt. Begleitet.“
Und wie sie gekommen war, so verschwand die himmlische Botenfrau wieder – nicht ohne einen Blick zurück, einen Blick voller Licht und unaussprechlicher Hoffnung.
📜 Kapitel 2: Raphaela – Lichtpfade einer Wanderin (Fortsetzung)
„Seht, ich sende meinen Engel vor dir her…“ (vgl. 2. Mose 23,20)
Es war Abend geworden über der Stadt, und Lichter spiegelten sich in den regennassen Straßen. Die Wanderin, die einst mit Erzengelin Raphaela durch ein verborgenes Tal gewandert war, lebte inzwischen in einer Großstadt. Sie war älter geworden – ihre Schritte schwerer, ihre Gedanken tiefer, ihr Herz aber suchend wie am ersten Tag.
An einem verhangenen Nachmittag, als der Himmel wie silbernes Glas über den Hochhäusern hing, erschien sie wieder – Raphaela.
Nicht in leuchtendem Gewand, sondern in Jeans und Mantel, die kupferfarbenen Haare von einer leichten Brise bewegt. Nur der goldene Rosenkranz an ihrem Gürtel und der zarte Schimmer um ihre Gestalt verrieten ihre himmlische Herkunft. Und an ihrer Seite… trottete gemächlich ein alter Esel – nicht irgendeiner, sondern der heilige Esel von Bethanien 🐴💆♀️, der einst den Herrn nach Jerusalem getragen hatte.
„Du erkennst mich nicht sofort, meine Schwester,“ sprach Raphaela sanft, „aber mein Herz kennt deines.“
Die Wanderin hielt inne. In ihrer Seele vibrierte es wie bei einer Melodie, die man aus Kindertagen kennt.