Um dir die Frage zu beantworten, ob du der Spießer bist, solltest du nicht zuallererst überlegen, in welcher Form du den Kids "eine Ansage machen" kannst. Das wäre nämlich schon der zweite Schritt vor dem ersten, und es wäre vor allem etwas, was dich vom harmlosen Spießer zum unsympathischen Grantler werden lässt.
Als erstes solltest du dich mal fragen, wo eigentlich dein Problem ist. Ein paar Beobachtungen hast du aufgezählt:
- Du siehst täglich die Malereien,
- Die Kinder lassen die Kreide liegen,
- Du trittst auf die Kunstwerke,
- Der Flur ist voller Kreide -
... und das alles nervt dich total.
Halt mal einen Augenblick inne und frag dich: For real?
Offen gestanden, wird es sehr viele Menschen geben, die keinen der aufgezählten Punkte so richtig nervig finden. Indem du dich dergestalt von der Masse abhebst, wirst du zum Sonderling und ja: Zum Spießer. Ist halt so.
Doch solange du deinen Unmut für dich behältst, bleibst du ja wenigstens noch integriert in das Sozialgefüge. Zu einem sichtbaren Bruch mit deiner Umgebung kommt es erst, wenn du deine persönliche, begrenzte Sicht zum allgemeinen Maßstab erheben und den anderen aufzwingen willst. Das lässt sich dann auch nicht mehr so leicht kitten, das Label wirst du nicht mehr los. Noch in fünfzig Jahren, wenn du schon längst verschimmelt bist, werden sich die Kids an dich erinnern und lachend ihren Enkeln von dem komischen Typen erzählen, der sich wegen ein paar Kreidebildern aufgeregt hat. Willst du das?
Sollte es dir gelingen, an deiner Wahrnehmung zu arbeiten und die Kreidebilder als Ausdrucksform von Vielfalt und Lebendigkeit zu sehen, verschwindet peu á peu auch dein Bedürfnis, eine Ansage machen zu wollen. Das Gute ist: Noch hast du es selbst in der Hand - viel Glück!