Hans Christian Andersen hat als Kunstmärchendichter zwar eigene Motive verwendet, aber da es die absolute Fantasie nicht gibt, ist er natürlich von bestehenden märchenhaften und mythischen Motiven inspiriert. Die Schneekönigin wohnt im Norden und "macht" den Winter. - Damit besteht eine Parallele und Motivverwandschaft zu "Frau Holle".

Frau Holle stammt (wie auch die Walküren) aus der nordischen Mythologie. Frau Holle ist eine Entsprechung von Frau Hel, der Totengöttin. Die Walküren werden auch als Totendämoninnen gesehen. Sinnbildlich steht ja auch der Winter, den Frau Holle (und eben auch die Schneekönigin) verkörpern für den Tod. Frau Holle bringt den Winter durch das Schütteln der Kissen, die Schneekönigin bringt ihn quasi per Schlittenfahrt persönlich. Die Natur erstirbt im Winter, um im Frühjahr wieder auferstehen zu können.

Der Kuss der Schneekönigin macht, dass Kay seine Erinnerung und seine Empfindungen verliert. Der nächste Kuss könnte, ganz praktisch, das Ende seines Lebens sein.

Brundhilde ist die Königin von Island. Ein Teil ihrer Geschichte ist, dass sie, weil sie Odin (aka Wotan) verärgert hat, von ihm in einen Zauberschlaf geschickt wird. Sie schläft in ihrem Schloss, von einer Feuerwand umgeben. Hier besteht eine Ähnlichkeit zu "Dornröschen". Siegfried kommt und rettet sie.

Im Märchen "Die Schneekönigin" ist es Kay, der im Schloss der Schneekönigin gefangen ist. Dies liegt nicht in Island, sondern in Lappland. Kay schläft zwar nicht, aber seine Erinnerung "schläft". Er wird durch Gerdas Tränen erlöst.

Ich würde sagen: Es gibt gewisse Motivähnlichkeiten, und die Schneekönigin weist Parallelen zu Frau Holle (Totengöttin, Macherin des Winters), zu den Walküren (Totendämonen) und zu der schönen, verführerischen Brundhilde (Königin eines winterliches Landes im Norden) auf. Aber sie hat auch eigene Züge.

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Es kommt immer darauf an. Im Vergleich zu Novellen und Romanen sind Sagen, Märchen und Fabeln erzählerisch gewiss einfach gehalten. Schaut man aber genauer hin, so gibt es durchaus Unterschiede.

Selbst bei den Brüdern Grimm gibt es erzählerisch komplexere Märchen (z. B. "Die Gänsehirtin am Brunnen" oder "Die zwei Brüder") und auch sehr einfache Märchen (z. B. "Sterntaler"). Die Kunstmärchen von Andersen und Hauff sind auch sehr komplex.

Bei den Sagen muss man auch differenzieren. "Die Nibelungensage" oder die Sagen rund um "König Artus" sind viel komplexer als die einfach gehaltenen Volkssagen wie "Der Rattenfänger von Hameln".

Auch bei den Fabel gibt es Unterschiede. Einige französische Fabeln der Aufklärung sind in Reimform geschrieben. Die alten griechischen sind eher einfach gehalten.

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Die Fabel kann als Fallbeispiel zu einem moralischen Lehrsatz verstanden werden. Sie ist also darauf zugespitzt. - Das Märchen kann auch moralische Inhalte transportieren, ordnet diesen aber selten die gesamte Handlung unter. Beispiel: Aus "Sneewittchen" könnte man den Lehrsatz herleiten, dass Neid eine schlechte Eigenschaft ist. Die Stiefmutter wird ja auch entsprechend bestraft. Aber: Um diese Lehre zu illustrieren hätte es keine derart komplexe Geschichte gebraucht.

Märchen gehen deutlich über diese einfachen Lehren hinaus. Dennoch kann man Märchen und Fabel gut vergleichen. Es gibt deutliche Unterschiede. Aber auch Gemeinsamkeiten. "Rotkäppchen" zum Beispiel hat (wenn man nur auf die Struktur achtet) viel Fabel-artiges, und am Ende steht ein Lehrsatz. (Dennoch bleibt es natürlich ein Märchen.) "Rumpelstilzchen" hingegen ist weiter von der Fabel entfernt.

Ein paar Hinweise für den Vergleich gibt es noch hier: http://www.maerchen-definition.de/fabel.php

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Fantasie

Ich bevorzuge Sagen (meist aus dem Bereich Mythologie) und Märchen. - Das unterscheidet sich nochmal von dem, was man gemeinhin "Fantasy" nennt ("Herr der Ringe", "Harry Potter", ...) hat aber trotzdem fantastische Inhalte.

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Die Brüder Grimm haben eine Märchensammlung mit deutschen Märchen herausgegeben. Diese trägt den Titel "Kinder. und Hausmärchen". Die ist aber zwischen 1812 und 1857 in sieben Auflagen erschieben und immer wieder verändert worden. Der siebte und letzte Auflage enthielt schließlich 200 Märchen. Heutige Märchenbücher enthalten meistens nur eine Auswahl und sind daher unvollständig. So scheint es, als ob es viele verschiedene Märchenbücher der Brüder Grimm gibt. Was deutsche Märchen angeht, ist es aber nur eine.

Darüber hinaus gibt es von den Grimms noch eine Sammlung mit Deutschen Sagen und eine mit Irischen Elfenmärchen. Letztere ist eine Übersetzung.

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Eine starke Frau ist für mich "Aschenputtel", auch auch die fleißige Tochter aus "Frau Holle". Die ertragen die Ungerechtigkeiten, kämpfen sich unbeirrt durch und erreichen am Ende für sich ein gutes Leben. Hier noch ein Aufsatz über "Aschenputtel": http://www.christianpeitz.de/papierflieger/papierfliegerbotschaft_aschenputtel.pdf

In der ersten

Rübezahl

-Erzählung

(fälschlicherweise erste Rübezahl-Legende genannt)

, in der es darum geht, wie Rübezahl seinen Namen bekommt, gibt es auch eine starke Frau, eine Prinzessin, die von dem Berggeist entführt wird, ihn aber schließlich austrickst und wieder fliehen kann.

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Eigentlich steht die Botschaft am Ende des Märchens wörtlich formuliert: "Es macht nichts, dass man auf dem Entenhof geboren ist, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat!" - Die Botschaft: 1. Meide diejenigen, die Dich aufgrund Deines Äußeren beurteilen. 2. Versuche für Dich einen Ort zu finden (ein Leben zu führen), an dem Du nicht be-/verurteilt wirst.

Ein Aufsatz zum Thema, der Nachdenkenswertes zum "Hässlichen Entlein" zusammenträgt, findet sich hier: http://www.christianpeitz.de/papierflieger/papierfliegerbotschaft_entlein.pdf

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Die benötigte Auslauffläche hat ja mit dem Bewegungsdrang der Chinchillas zu tun. Stell Dir mal vor, Du würdest ein Eichhörnchen im Käfig halten. Wie groß müsste der sein? Wie kann man gewährleisten, dass die Tiere genug klettern, springen, laufen und sich verstecken können.

Nun sind Chinchillas nicht ganz so quierlig wie Eichhörnchen, aber einen großen Bewegungsdrang haben sie dennoch. Für meine zwei Chinchillas habe ich einen Käfig mit einer Höhe von 1,80 m, Breite: 1,20 m und Tiefe: 1,0 m. Der Käfig hat eine Zwischenebene auf halber Höhe (mit einem Loch zum Durchklettern natürlich). Dazu gibt es viele kleiner Bretter, es gibt Häuslein Tunnel, Äste usw. - So können die Tiere ihren Grundbedürfnissen einigermaßen nachkommen.

Aber Auslauf brauchen sie trotzdem zusätzlich, und das ist auch nicht leicht, sie gehen nämlich auch an Kabel (Selbstgefährdung), Pflanzen (Selbstgefährdung) und Möbel (Sachgefährdung). Was hier helfen könnte sind entsprechende Sicherheitsmaßnahmen oder eine begrenzte Auslauffläche, z. B. durch spanische Wände, die einen Teil des Raumes absperren und (wie ein großer Garten) Chinchie-sicheren Auslauf gewährleisten.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Je größer, desto besser. Je mehr Bewegungsformen möglich sind, desto besser. Mir war die Zwischenebene allerdings wichtig, weil die Chinchies sehr geschickt, gleichzeitig aber auch sehr tolpatschig sein können, und ich wollte so verhindern, dass sie allzutief stürzen. Tatsächlich sind sie in dem Käfig noch nie gestürzt, wohl mal gegen ein Häuschen gerannt, weil sie die Umgebung eher eingeprägt haben als sie visuell wahrzunehmen. Das heißt, sie laufen oft "Erinnerungswege". Wenn dann etwas verändert ist, kann das zu kleineren Unfällen führen. Aber etwas Schlimmes ist (in elf Jahren) noch nie passiert.

Außerdem: Ich habe gemerkt, dass der ganz große Bewegungsdrang mit zunehmendem Alter der Tiere etwas abnimmt. Die ersten drei-vier Jahre waren sehr bewegungsintensiv. Die Jahre vier bis sieben mittel. Und jetzt ist es etwas schächer, aber nicht ganz weg.

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Ich weiß nicht, ob es da die eine originale Quelle gibt. Ich habe schon einmal ein "Rumpelstilzchen"-Hörspiel gehört, da sagt das der König zur Müllerstochter. Im Originalmärchen steht der Satz, aber in indirekter Rede: "Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die
noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu
spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. " (https://de.wikisource.org/wiki/Rumpelstilzchen_%281857%29)

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Wahrscheinlich ist die Antwort von Ulla diejenige, die Du suchst. Ergänzend noch folgende Hinweise:

In dem Buch "Der tätowierte Hund" (Maar) gibt es das Märchen "Hänsel und Gretel" aus Perspektive der Hexe (erzählt weiterhin neutral wie ein Märchen, aber eben mit veränderter Sichtweise).

In dem Buch "Rumpelstilzchen schlägt zurück" (Peitz) gibt es einige verdrehte Varianten zu klassischen Grimm-Märchen: Neben der Titelgeschichte noch "Fliege Nummer 8" mit einem alternativen Blick auf "Das tapfere Schneiderlein"; "Die mit dem Frisch knutscht", "Rosdörnchen" und "Der Prinz im Turm" (quasi "Rapunzel" in männlich).

Beide Bücher, "Der tätowierte Hund" und "Rumpelstilzchen schlägt zurück" sind keine platten Parodien, sondern erzählt wie richtige Märchen, nur halt eben etwas schräg.

Eine schöne Dornröschen-Variante findet sich zudem bei Michael Ende: "Die Geschichte von der Schüssel und dem Löffel". Da wird das Problem verdoppelt. Die dreizehnte Fee wird zu zwei parallel stattfindenden Geburts-Feiern nicht eingeladen, und rächt sich, indem sie die beiden Königsfamilien gegeneinander auszuspielen versucht.

Es gibt auch noch "Grimms Märchen neu erzählt von Janosch". Da sind auch ein paar schöne dazwischen, viele sind allerdings etwas platt geraten.

Außerdem gibt es noch die "Gute-Nacht-Geschichten" von James Finn Garner, auch hier finden sich Märchen-Parodien. Auch hier sind viele witzige Dinge enthalten, aber es sind auch eher Parodien, bei denen der märchenhafte Anteil verloren geht.

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Vorsicht: "Der gestiefelte Kater" von Tieck ist ein Theaterstück, das sich auf ein Märchen (in der Fassung von Charles Perrault) bezieht. Es ist kein Märchen im eigentlichen Sinne.

Die Zuordnung "Romantik" ist allerdings richtig. Eine "Mode" der Romantik war wohl die ironische Erzählweise, wie sie in dem Theaterstück vorherrscht.

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Ich glaube, in ganz kurz geht das nicht, weil das Märchen über seine Merkmale definiert wird. Und da gibt es eben mehr als eins. Eine gute Übersicht über die Märchenmerkmale sowie eine Defintion von Märchen und Kunstmärchen und einen Blick auf verwandte Gattungen findest Du hier: http://www.maerchen-definition.de/maerchen.php

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Einen echten Grund, sprich eine auslösende Ursache zu finden, dürfte schwer sein. Es könnte aber mit folgendem zu tun haben.

1) Mathematisch ist 7 eine Primzahl. Sie ist also nur durch 1 und sich selbst teilbar. Davor liegen die Primzahlen 1, 2 und 3, die eigentlich keine echten Primzahlen sind. Die nächste ist die 5, die aber eine wichtige Rolle im Dezimalsystem einnimmt. Man könnte die 7 als erste richtig echte Primzahl ansehen. (Ist aber Geschmacksache.)

2) Mythologie/Religion: In der Bibel geht es mit der Schöpfung los. Gott schuf die Welt in sechs Tagen. Am siebten Tage vollendete er sein Werk und ruhte. - Es dürfte damit zu tun haben, dass wir immer noch sieben Wochentage haben.

3) Im Märchen ist 7 (wie auch 3 und 12) eine "magische Zahl". Am deutlichsten ist das in "Schneewittchen" Da ist die Titelheldin 7 Jahre alt, es gibt 7 Zwerge, 7 Tische, Stühle, Betten, Tellerchen, ... Der Spruch "Spieglein, Spieglein" kommt 7 mal vor.

4) Anthroposophie: In dieser Weltanschauung geht man davon aus, dass der Mensch im 7-Jahres-Rhythmus Veränderungen durchläuft. http://anthrowiki.at/Siebenjahresperioden

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Das kann man ganz vereinfacht gar nicht sagen.

Die Motive in Kunstmärchen sind höchst unterschiedlich. Das hängt ganz vom Autor ab. Wilhelm Hauff und Hans Christian Andersen haben sich in vielen Geschichten sehr an Volksmärchen orientiert, sind aber vor allem sprachlich etwas ausführlicher und zum Teil auch poetischer ans Werk gegangen.

Zum Teil haben Kunstmärchen auch einen satirischen (und manchmal auch gesellschaftskritischen) Anstrich. In "Des Kaisers neue Kleider" (Andersen) wird gezeigt, wie Eitelkeit blind macht. In "Die Prinzessin auf der Erbse" (auch Andersen) wird die Empfindlichkeit einer Prinzessin extrem überspitzt dargestellt. "Die Nachtigall" (Andersen) erzählt vom Gegensatz der Natürlichkeit und der Künstlichkeit und zeigt auf poetische Weise die Bedeutung von Naturempfindung für das Leben des Menschen auf.

Viele Kunstmärchen, die ich kenne (und von Hauff und Andersen habe ich fast alle gelesen) sind allerdings vor allem poetische Abenteuergeschichten, zum Beispiel "Die Schneekönigin" (Andersen), wo es um das Wiederfinden und Befreien eines Freundes geht. Oder "Kalif Storch" (Hauff), das von einer schwierigen Rückverwandlung aus einer Tiergestalt erzählt.

Hier noch ein Link mit Kurzerklärungen und Literaturhinweisen: http://www.maerchen-definition.de/maerchen.php (unteres Seitenende)

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Die russischen Märchen wurden vor allem durch Afanasiev gesammelt. Der hat die Brüder Grimm zum Vorbild genommen. Es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten, vor allem die Handlungsstruktur ist ähnlich.

Unterschiede gibt es in Kleinigkeiten: Eingangsformel bei Grimm ist häufig "Es war einmal ...", bei Afanasiev findet man oft: "In einem Zarenreich, in einem Staat zugleich, ..."

Die bekannteste Hexe bei Grimm ist die aus "Hänsel und Gretel", die im Knusperhäuschen lebt. Bei Afanasiev heißt die Hexe "Baba Jaga" und kommt oft vor. Sie wohnt in einer Hütte auf Hühnerbeinen und besitzt tolle Pferde.

Das Märchen "Vom Fischer und seiner Frau" gibt es bei Afanasiev auch. Es trägt den Titel "Das goldene Fischlein".

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Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten, weil es auch "Märchennovellen" gibt.

Das Märchen ist in der Regel eine kurze Prosa-Erzählung, die Novelle ist von kurzer oder mittlerer Länge. Bei der Novelle muss ein "unerhörtes Ereignis" im Zentrum stehen.

Vielleicht hilft Dir dieser Link noch ein wenig weiter: http://www.novellenliteratur.de/maerchennovelle.php

Zusammengefasst würde ich sagen: Märchen und Novelle sind unterschiedliche Gattungen, haben aber eine Schnittmenge. Das Märchen ist in der Regel fantastisch, die Novelle tendenziell realistisch, aber beides trifft nicht auf jedes Beispiel zu.

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Das weiß niemand!

Fest steht: Die Brüder Grimm haben selbst keine Märchen erfunden, sondern sich Volksmärchen, also Märchen aus dem Volk, erzählen lassen. Diese sind über Jahrzehnte (oder Jahrhunderte) vor allem von Mund zu Mund weitererzählt worden. Dabei haben sie sich (wie bei dem Spiel "Stille Post") immer wieder verändert.

Der Ursprung der Märchen lässt sich heute kaum herleiten. Man kann vermuten, dass irgendwann mal wahre Erlebnisse erzählt wurden, und dass wie bei "Stille Post" immer mehr Verdrehungen und Übertreibungen dazu kamen. Aber genau weiß man das nicht.

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Es handelt sich bei Rotkäppchen um ein Märchen. Märchen erzählen keine tatsächlichen Wahrheiten, sondern symbolische Wahrheiten. In diesem Fall: Wenn man den sicheren Weg verlässt, kann man in Gefahr geraten.

In anderen Märchen gibt es andere Wahrheiten: Wenn man den sicheren Weg verlässt, kann man sein Glück finden.

Das einzelne Märchen hat keinen Anspruch auf eine tatsächliche Wahrheit, und es hat in seiner Symbolsprache auch keinen Anspruch auf Alleingültigkeit.

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