Hallo !
Das die Reaktionen nach einer Vergewaltigung meist erst lange Zeit danach auftauchen, ist nicht ungewöhnlich. Du hast es all die jahre verdrängt, schön geredet und warst auch noch klein, sodass du gar nicht richtig wusstest, was da mit dir gemacht wurde.
Irgendwie hast du alles runtergeschluckt und jetzt mit den Jahren, wo du mehr Erfahrungen gesammelt hast und die alten bilder immer und immer wieder auftauchen, kannst du einkategorisieren, was passiert ist, hast aber leider keinen Ansprechpartner, der dir bei der Verarbeitung der Geschehnisse helfen kann.
Du schriebst, dass du keine Therapie machen möchtest. Ich kann verstehen, dass es ernüchternd ist, wenn man schon einige Therapien hinter sich hat und sie so gut, wie nichts gebracht haben... Dann sieht das mit der Offenheit zu einer neuen Therapie eher karg aus.
Leider ist dies allerdings deine einzige Möglichkeit deine Depressionen und Ängste in den Griff zu bekommen. Du leidest an einer Krankheit, klar du kannst nichts, aber auch rein gar nichts dafür, aber musst es trotzdem ausbaden und wohl wieder anstrengende Therapien machen.
Ich bin gerade auch an diesem Punkt. (Ich habe zwar noch einen Vater, doch dieser hat mich vergewaltigt. Wir leben noch zusammen, in 2 Wochen ziehe ich aus und muss einen Therapeuten in meiner neuen Stadt suchen)
Ich frage mich auch, warum ich das alles machen soll, wenn ich doch schon mit einer Therapeutin geredet habe (~1 Jahr lang) und es mir, wie bei dir, auch so gut wie nichts gebracht hat. Aufgrund meiner Nervositätszustände und Ängsten, habe ich mein Abitur mit einem schlechtem Schnitt bestanden und bin gerade an meinem Traumstudium vorbeigeschlittert (Die Uni erwartet keine guten Noten, aber dafür bin ich immer noch zu schlecht)
Also? Wie bei Dir... Unsere Vergangenheit ist nicht so toll und unsere Zukunft? Du wirst wahrscheinlich gefeuert und ich bin einfach zu schlecht, um meinen Traum auszuleben.
Warum weiter machen?
Ich sage mir die ganze Zeit: Ich habe nichts mehr zu verlieren. Man kann sich auch in einem Jahr noch umbringen, oder sogar in zwei. In der Zeit kann man alles ausprobieren, so gut es eben geht.
Man kann es mit einem neuen Therapeuten versuchen (Wussten deine Therapeuten eigentlich, was dir damals in deiner Kindheit wiederfahren ist? :( Ansonsten wäre es sehr wichtig dieses mal anzusprechen, oder dem Therapeuten vielleicht aufzuschreiben und ihm/ihr den Zettel zu geben. Dir kann dann wirklich besser geholfen werden. Überleg mal, was du tun würdest, wenn du ein Therapeut wärst und dir dein Patient sagen würde, dass er im Kindesalter missbraucht/vergewaltigt wurde?
Würdest du diesen Menschen dann irgendwie verurteilen, oder mit dem Finger auf ihn zeigen und ihn fragen, warum er das mit sich machen lassen hat? Nein, das würdest du nicht. Dir wäre sofort klar, dass dein Patient vor Scham in dem Boden versinkt und das es unangenehm ist. Soetwas wissen die Therapeuten, ohne das du es sagen musst) Sag es, es will langsam mal raus, sonst wäre es auch nicht hier auf gutefrage.net gelandet !
Du hast nichts zu verlieren.
Reden ist sehr unangenehm und ich weiß, wie das ist, wenn man auf diesem Stuhl vor jemandem sitzt und einfach nur schwitzt und zittert und weg will und sich verzweifelt und missverstanden fühlt, aber ehrlich, es ist besser als nichts dagegen zu tun. Man darf sich dem wirklich nicht hingeben und nichts tun, man sollte vorher wirklich alles versucht haben, meinst du nicht? Wirklich alles, auch darüber zu reden, mit wem auch immer.
Reden kann auch der Schlüssel zur Rettung deines Ausbildungsplatztes sein. Versuche mal mit deinem Vorgesetzten zu reden und sage ihm, dass du es eben nicht aushalten kannst, wenn du An.schiss bekommst. Du bekommst sehr viel Angst und fühlst dich wie gelähmt, deswegen ist Flucht deine einzige Reaktion und weil dir dies so peinlich ist, schweigst du auch, du weißt einfach nicht, was du dazu sagen sollst.
Bitte ihn/ihr, dass er nicht mehr so schnell laut werden soll, oder vielleicht etwas geduldiger mit dir sein kann. Du strengst dich wirklich sehr an und es würde dir helfen, wenn man nicht gleich An.schiss kriegen würde.
Du kannst auch gerne sagen, dass dieses Verhalten aus Erlebnissen deiner Kindheit resultiert. (Natürlich musst du diese nicht weiter bennenen, aber es könnte deinem Chef helfen, dich besser zu verstehen)
Vielleicht bringt es etwas, es ist auf jeden Fall besser, als nichts zu tun !!!
Probier alles aus, hast du diese Last der Kindheit umsonst so lange mit Dir rumgeschleppt? All diese Erinnerungen, all die Jahre lang?
Du/wir dürfen das nicht einfach wegschmeißen. Wir sind schon so weit gekommen, bis hin zur Volljährigkeit.
Ich wünsche Dir alles Gute und ganz viel Kraft.
Etwas zu tun, ist immer besser, als nichts zu tun und sterben kann man auch in einigen Jahren noch !