Ich bin weder in der selben Situation wie du, noch in einer ähnlichen Situation.
Ich beschreibe mal meine Situation:
Ich gammle meistens den ganzen Tag im Bett herum. Aufstehen tue ich nur, um mir was zu Essen aus dem Kühlschrank zu holen oder in meiner 3qm-Luxus-Nasszelle eine Zigarette zu rauchen. Das Haus verlasse ich eigentlich fast nur noch zum Einkaufen. Körperpflege ist bei mir mega-unangesagt, weil ich eh nicht unter Leute gehe. Natürlich habe ich keine Freundin. Wer soll sich denn auch für mich interessieren? Wer ist eigentlich Schuld daran, dass ich mich so total gehen lasse?
Okay, mein bisheriges Leben war nicht nur eitler Sonnenschein. Aber bei wem besteht das Leben bitteschön nur aus eitlem Sonnenschein.
Das einzige, was ich gegen meine derzeitige Situation tun kann ist, dass ich etwas tue.
Du denkst nur an die Noten. Wie kann ich auf dem Weg vorankommen, wenn ich unterwegs nur an das Ziel denke und mir wünsche "ach, wäre ich doch schon angekommen". Das ist mega-fies, weil ich dann aus lauter Frustration, weil ich noch nicht am Ziel bin, trotzig auf der Stelle stehen bleibe und in einem Gefühl aus Ärgernis, Frustration, Gelähmtheit und innerer Blockade auf der Stelle am liebsten einen "reinigenden Tobsuchtsanfall" oder einen Wutanfall bekommen will. Aber nicht mal das schaffe ich, weil ja von mir erwartet wird, und ich ja eigentlich auch von mir selbst erwarte, dass ich irgendwann am Ziel angekommen bin. Harrrrg!!! - Das ist ein Scheißgefühl! Doch da kommt mir plötzlich eine Idee, wie ich mich selbst überlisten kann... Ich denke nicht mehr an das Ziel. Ist mir doch scheißegal! Wenn ich morgen von einem Laster überfahren werde, oder auf dem Weg ein böser Wolf aus dem Dickicht springt... Dann war es das sowieso! Also senke ich auf dem Weg zuerst den Blick und gucke vor meine Füße. Und dann gehe ich erst einen Schritt, und dann noch einen, und noch einen. Ich gucke mir dabei den Wegesrand gar nicht großartig an. Ich gucke nur vor meine eigenen Füße. Erst dann, wenn mein Vorankommen wieder an Fahrt aufgenommen hat, dann erst erlaube ich mir selbst meinen Blick wieder zu heben. Auf einmal ist wieder der Wegesrand im Blickfeld und ich bekomme wieder mehr mit. Ich denke aber immer noch nicht wieder an das Ziel. Denn dieses ach-so-auf-das-Ziel-fixiert-sein hat mich ja einmal gelähmt und am Weiterkommen gehindert. Ich versuche stattdessen zügig weiter zu kommen. Dabei geht es mir weniger um das Ziel, sondern eher um das Gehen. Und dann, wenn die Abschluss-Klausuren kommen, erst dann lege ich einen kleinen Sprint ein. Aber auch erst dann, wenn das Ziel wirklich nur noch einen kurzen Sprint entfernt ist, denn ich will ja nicht, dass mir auf den letzten Metern die Puste ausgeht.
ARS LONGA - VITA BREVIS