Warum konnten die Jakobiner die Macht übernehmen?

2 Antworten

Genaugenommen waren die Jakobiner ein politischer Klub, der nicht die Macht übernommen hat, sondern bei der Bildung von Meinungen, Beratung, Diskussion und tätigen Einsatz für die Revolution wichtig wurde und zeitweise einen vorherrschenden Einfluß hatte. Als eindeutige Anhänger und Verteidiger der Revolution, die Grundsätze hochhielten, gewannen sie ein politisch-moralisches Gewicht, galten für viele als revolutionäres Gewissen.

In einem weiten Sinn sind entschiedene Republikaner als Jakobiner bezeichnet worden.

Bei der Frage sind wahrscheinlich die Leute der Berg-Partei (Montagnards) gemeint. Diese hatten von Anfang Juni 1793 bis Ende Juli 1794 große Macht und übten eine politische Führung und Vorherrschaft aus.Die Ursachen lagen vor allem in der politischen Entwicklung, die zu verschärften Auseinandersetzungen und Kämpfen führte und eine Radikalisierung bewirkte.

Gründe für die Vorherrschaft der Montagnards in einer Phase der Französischen Revolution sind knapp ausgedrückt:

  • mangelnde Fähigkeit und Bereitschaft des Königs, sich dauerhaft auf eine konstitutionelle Monarchie einzulassen, wodurch Befürwortern der Revolution schließlich die Erichtung einer Republik richtig erschien
  • starke Polarisierung (grundsätzliche Gegensätzlichkeit), z. B. zwischen Revolutionären und Gegenrevolutionären
  • starke Gefährdung Frankreichs und der Revolution durch Krieg und Bürgerkrieg, wodurch entschlossenes und energisches Handeln, auch mit harten Maßnahmen, zur Rettung geboten war
  • ansteigender Rückhalt der Montagnards im Nationalkonvent (Convention nationale), dem Parlament
  • Unterstützung durch die einfache städtische Volksmenge, mit Nutzung deren Aktionen (vor allem ein Aufstand 31. Mai - 2. Juni 1793) zur Ausschaltung der gegnerischen Gruppe der Girondisten, wobei die Montagnards die Sansculotten aber unter ihrer Kontrolle zu halten bestrebt waren
  • Die Bedrängnis und Bedrohung des Staates Frankreich und der Französischen Revolution brachte bei Patrioten/Anhängern der Revolution eine verhältnismäßig hohe Bereitschaft hervor, energische Maßnahmen gutzuheißen, die als für deren Verteidigung und Aufrechterhaltung erforderlich dargestellt wurden. Wer grundsätzlich die Revolution bejahte, konnte nicht gut alles ablehnen, solange nach Recht und Gesetz gehandelt wurde. Ein Bedürfnis war groß, sich gegen äußere und innere Feinde zusammenzuschließen.
  • Es gab Herausforderungen durch Existenzbedrohungen (Krieg und Bürgerkrieg) und Druck durch Schwierigkeiten (schlechte Lage der Wirtschaft, mit teilweisen Versorgungsengpässen.
  • Ein hoher Grad politischer Mobilisierung aufgrund der Revolutionsereignisse (z. B. in Bewegung geratene städtische Volksmengen mit politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen wie den Sansculotten in Paris) war eingetreten
  • .Weltanschaulich gab es eine starke Neigung, Auseinandersetzungen als Kampf zwischen Guten und Bösen zu verstehen.

Die Französische Revolution war zu dieser Zeit sowohl von außen (Erster Koalitionskrieg seit 1792) als auch von innen (Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen, z. B. in der Vendée seit März 1793) von bedroht. Im Sommer 1793 drangen Armeen gegnerischer Monarchen von Norden und Osten vor, Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen hatten 60 von 83 Départements erfaßt, im Westen und Süden gab es britische Angriffe. Außerdem war die Wirtschaftslage sehr schwierig (Inflation mit ansteigenden Preisen, zunehmendes Haushaltsdefizit, Versorgungsprobleme). Ohne energische Maßnahmen und straffe Führung, wie sie 1793 – 1794 vor allem vom Wohlfahrtsausschuss (Comité de salut public) ausgeübt wurde, wäre die Französische Revolution mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in dieser Zeit gescheitert

In der politischen Mitte im Parlament gab es viele, die sich zur Verfassung bekannten, keiner Gruppierung fest zugehörten und in Einzelfragen uneinheitlich und schwankend abstimmten, „Unabhängige“ (Indépendants), „Ebene“ (Plaine) wegen der niedrigeren Sitzposition, „Bauch“ (Ventre), abfällig auch „Sumpf“ (Marais) genannt; mehrheitlich Bürgerliche mit liberaler und patriotischer bzw. republikanischer Einstellung, Bekenntnis zur Revolution 1789 und Wunsch nach Einheit der Patrioten bzw. Republikaner. In einer Phase neigten sie stark dazu, für Vorschläge der Montagnards zu stimmen.

Die Jakobiner haben teilweise den revolutionären Schwung von Aktionen der Sansculotten genutzt, um ihre Ziele durchzusetzen. Ihnen war wichtig, eine Verbindung mit den Volksmassen zu bewahren, aber die Bewegung der Sansculotten möglichst zu kanalisieren und zu kontrollieren. Sie sind einigen sozialpolitischen Wünschen nachgekommen, zum Teil aus Überzeugung, zum Teil als taktisches Zugeständnis. Die Gruppe der Montagnards um Robespierre schränkte im Oktober 1793 das ständige Tagen der Sektionen (Versammlugen auf der unteren Ebene der Verwaltungsbezirke) in Paris ein, auf die sich die Sansculotten stützen. Jakobiner ist Bezeichnung für Mitglieder eines politischen Klubs. Die Bezeichnung wird zum Teil auch für zur Berg-Partei (Montagnards: ganz links oben im Sitzungssaal des Nationalkonvents, auf dem „Berg“ [montagne]) gehörende Politiker verwendet, obwohl eine völlige Gleichsetzung nicht genau zutrifft (z. B. gehörten zur Berg-Partei auch Mitglieder des politischen Klubs der Cordeliers [Mitglieder im Club des Cordeliers, der Société des droits de l'homme et du citoyen – „Gesellschaft der Menschenrechte und der Bürger“]).

Die Jakobiner waren ein politischer Klub, hervorgegangen als Neubegründung (1790) aus dem am 30. April 1789 gegründeten bretonischen Klub (Club breton). Der Klub nannte sich Gesellschaft der Revolution (Société de la Révolution), dann Gesellschaft der Freunde der Verfassung Club (Société des amis de la Constitution). Nach seinem Tagungsort in einem aufgehobenen Jakobinerkloster in Paris am der Rue Saint-Honoré wurde dieser Klub als Jakobinerklub (Club des Jacobins) bezeichnet.Bei den Jakobinern war zuerst eine große politische Bandbereite vertreten, die für eine Veränderung durch die Revolution eintrat. Nach und nach spalteten sich Teile ab bzw. wurden Leute ausgeschlossen. Erst im Sommer 1791 begann eine bedeutsame Ablehung der Monarchie und ein Eintreten für die (demokratische) Republik. Zum bretonischen Klub gehörte Lafayette (Marie-Joseph Paul Yves Roch Gilbert du Motier, marquis de La Fayette), der später nicht zu den Jakobinern gehörte. Manche Politiker der Girondisten waren zunächst auch Mitglieder in Jakobinerklub, erst später kam es zur deutlichen Trennung. Aber schon vorher waren andere Gruppierungen bei den Jakobinern ausgeschieden.

Die Jakobiner waren egalitär, aber darin nicht so radikal wie die Sansculotten (eine politisch mobilisierte revolutionäre Bewegung der städtischen Volksmenge, eine Massenbewegung des einfachen Volkes). Die Jakobiner hielten am privaten Eigentum fest und wollten eine gewisse Kontrolle und Lenkung der Masse ausüben, die politische Führung behalten und das revolutionäre Geschehen kanalisieren.

Die Jakobiner hatten einigen Besitz und Bildung, gehörten mindestens zur bürgerlichen Mittelschicht. Adlige und Angehörige des Klerus gehören dazu, wenn auch nicht mit einem sehr hohen Anteil an der Gesamtheit der Mitglieder. Die Jakobiner zahlten einen nicht ganz geringen Mitgliedsbeitrag, den Angehörige der Unterschicht finanziell nicht leisten konnten. Frauen durften keine Mitglieder werden.Girondisten ist eine Bezeichnung für eine politische Gruppierung, die in der ab Oktober 1791 tätigen Gesetzgebenden Nationalversammlung (Assemblée nationale législative), dem Parlament, in Erscheinung trat. Da viele führende Abgeordnete dieser Gruppierung aus dem Département (ein Verwaltungsbezirk) Gironde (im Südwesten Frankreichs, mit der Hauptstadt Bordeaux) kamen, werden sie Girondisten genannt. Ursprünglich überwogen Gemeinsamkeiten zwischen Girondisten und Montagnards (Anhänger/Vertreter der Berg-Partei [La Montagne]), von denen Maximilien de Robespierre ein führender Politiker war. Sie traten für eine Einschränkung der Machtbefugnisse des Königs ein und befürworteten ein weitgehend allgemeines und gleiches Wahlrecht. Die Republik war ihr theoretisches Ideal. Die Girondisten standen im politischen Spektrum zuerst (gemäßigt) links.

Politiker beider Richtungen stammten vor allem aus dem mittleren und gehobenen Bürgertum, es gab keine deutlichen sozialen Unterschiede zwischen den politischen Führungspersonen. Die Montagnards waren im Vergleich zu den Girondisten radikaler (weniger gemäßigt) bzw. energischer und konsequenter.

Manche Politiker der Girondisten waren zunächst auch Mitglieder in politischen Klub der Jakobiner, wo zuerst eine große politische Bandbereite vertreten war, die für eine Veränderung Frankreichs durch die Revolution eintrat. Nach und nach spalteten sich Teile ab bzw. wurden Leute ausgeschlossen. Ab dem Oktober 1792 trat ein stärkerer Gegensatz zwischen Girondisten und Montagnards auf.

Die Girondisten waren Anhänger der Französischen Revolution, die aber wegen der weiteren Entwicklung ihre Mäßigung und eine Einschränkung der städtischen Volksmassen beabsichtigten

.Die Girondisten bestimmten ab dem Frühjahr 1792 am stärksten die politische Richtung, bis sie im Sommer 1793 von den Montagnards mit Unterstützung der Sansculotten (eine politisch mobilisierte revolutionäre Bewegung der städtischen Volksmenge) gestürzt wurden. Eine Reihe von ihnen wurde verhaftet und später hingerichtet.Bei Girondisten gab es in der genaueren strategischen und taktischen Zielsetzung individuelle Unterschiede und sie waren verhältnismäßig wenig einheitlich und geschlossen. Die vertretenen Ziele und ihre Entwicklung stehen im Zusammenhang mit dem Verlauf der Revolution und der Entwicklung der Lage. Die Girondisten verloren Rückhalt, weil sie den Eindruck erweckten, zu in der schwierigen Lage erforderlichen energischen Maßnahmen nicht bereit und/oder fähig zu sein.

Ziele der Girondisten:

  • Errungenschaften der Revolution (Menschenrechte- und Bürgerrechte, Verfassung) hochhalten
  • Anhänger einer Republik (aber nicht scharf gegen eine konstitutionelle Monarchie mit einem in seiner Macht deutlich beschränkten König)Neigung zu einem gewissen Föderalismus (gegen ein starkes Übergewicht der Zentrale Paris und für eine Einschränkung der Macht der Kommune [Gemeinde] von Paris mit ihren von den Sansculotten stark beeinflußten Sektionen [Wahlbezirke, in die Paris unterteilt war]; Paris sei nur 1 Département von insgesamt 83 Départements)
  • Krieg im Zeichen patriotischer Einigkeit
  • Hinauszögern des Prozesses gegen den König und Neigung zur Milde (keine Hinrichtung), aber keine einheitliche Haltung in dieser Frage; im Verlauf des Prozesses gegen König Ludwig (Louis) XVI., gegen den Ende 1792/Anfang 1793 bei der „Straße“ von Paris eine Abneigung verbreitet war, verhielten sich die Girondisten stark uneinheitlich, viele schienen zu zögern und mit taktierenden Winkelzügen eine Verurteilung und Hinrichtung zu verhindern oder hinauszuschieben
  • Erhaltung des Privateigentums, ohne grundsätzliche Ablehnung staatlicher Eingriffe, aber z. B. für Freiheit des Getreidehandels bei einer Abstimmung; die Girondisten lehnten staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und das Eigentum zwar nicht grundsätzlich völlig ab, ihnen war aber die Erhaltung des Privateigentums sehr wichtig und sie waren vom Vorzug des Freihandels sehr überzeugt
  • keine weitere Verschärfung der Revolution, sondern Innehalten bei dem Erreichten, entschiedene Eindämmung der Pariser Massenbewegungen im Interesse eines würdigen und gut funktionierenden Staates angesichts einer Radikalisierung und Verrohung der Forderungen und Taten seit dem Herbst 1792

Ziele der Montagnards:

  • Errungenschaften der Revolution (Menschenrechte- und Bürgerrechte, Verfassung) hochhalten
  • Anhänger einer Republik
  • Zentralismus (starke Zentralgewalt, in Paris angesiedelt)
  • Neigung zu Verurteilung und Hinrichtung des Königs
  • enger Zusammenschluss mit den Volksmassen, aber unter eigener Führung und Kontrolle
  • Erhaltung des Privateigentums, aber Entgegenkommen mit staatlichen Eingriffen (Bereitschaft zu Höchstpreisen für Lebensmittel, Garantie von Mindestlöhnen, Beschlagnahmung und Zwangsverteilung gehorteter Vorräte), also eine etwas egalitärere Politik
Albrecht  24.03.2017, 08:06

in Büchern gibt es Darstellungen, denen etwas entnommen werden kann, z. B.:

Axel Kuhn, Die Französische Revolution. 6. Auflage. Stuttgart : Reclam, 2013 (Reclams Universal-Bibliothek ; Nr. 18912 : Reclam-Sachbuch). ISBN 978-3-15-018912-2

Susanne Lachenicht, Die Französische Revolution. 2., aktualisierte Auflage. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2016 (Geschichte kompakt : 19./20. Jahrhundert. WBG - Wissen verbindet). ISBN 978-3-534-26807-8

Rolf Reichhardt, Jakobiner. In: Enzyklopädie der Neuzeit: Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachwissenschaftlern herausgegeben von Friedrich Jaeger. Band 5: Gymnasium - Japanhandel. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2007, Spalte 1178 - 1188

Ernst Schulin, Die Französische Revolution. 5. Auflage. München : Beck, 2013 (Beck's historische Bibliothek). ISBN 978-3-406-65877-8

Hans-Ulrich Thamer, Die Französische Revolution. Originalausgabe. 4., durchgesehene Auflage. München : Beck, 2013 (Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2347). ISBN 978-3-406-50847-9

Johannes Willms, Tugend und Terror : Geschichte der Französischen Revolution. München : Beck, 2014. ISBN 978-3-406-66936-1

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In Frankreich war nach der Revolution ein ziemliches Chaos. Das Durcheinander ließ Raum für einen Machtwechsel. Es achtete niemand auf die Jakobiner. Und so konnten sie schnell und ungehindert viel Macht erlangen.