Lichtwer das kamel?

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Lichtwer wird von Goethe (Dichtung und Wahrheit) zwischen Gellert und Lessing erwähnt, was seinen Nachruhm gefördert hat.

Zur Aufklärung: sicher ist es ihr Ziel, Bildung zu fördern, aber alles im Zeichen der Nützlichkeit. das gilt für die Fabel in hohem Maße, die nach Gellert ergötzen und belehren (= prodesse et delectare) soll, aber es ist so, dass die Fabel nur dann ergötzen kann, wenn sie auch belehrt. Lessing, bestimmt der größte Fabeldichter der Zeit, geht so weit und schreibt, dass der Schmuck der Fabel schon ihre Nützlichkeit sei (er ist also gegen jedes rhetorische Ornament).

Zur Lichtwer-Fabel:  Sie besteht deutlich aus einer versifizierten Erzählung und einer "applicatio". Das Kamel steht von vorn herein für das Kind.

Dass Tiere für Menschen stehen, ist für die damalige Fabel so selbstverständlich, dass hier kein Widerspruch festgestellt wird, wenn das Tier reden kann.

Anders, wenn Tieren andere, naturwidrige Fähigkeiten zugesprochen werden: Triller, ein Fabeldichter dieser Zeit, sieht zum Beispiel in einem "fliegenden Fuchs" einen Widerspruch, der erkenntnishemmend wirken würde.

Die Botschaft der Fabel ist hier eindeutig (anders bei Lessing, der von einem anderen Wahrheitsbegriff ausgeht): beim Unterricht soll man die momentanen Fähigkeiten des Kindes nicht überschreiten, sonst wird der Unterricht kontraproduktiv, wie man heute sagt, und der (Schein)pädagoge handelt da gegen die Gebote der Vernunft. "Zu viel" ist hier also das Gegenteil des Nützlichen.

Die Pointe der Lichtwer-Fabel besteht darin, dass behauptet wird, das Kamel, also das Kind, wisse selbst, wie viel es "übernehmen" kann:

"Es muckste nicht einmal, bis es bei sich verspürte,
Daß es die volle Ladung führte."

Das gehört zur pädagosichen Debatte der Zeit, hat wohl rousseauistische Hintergründe.