Kohlensäure Gleichgewicht?

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Moin,

Kohlensäure (H2CO3) ist instabil. Ein Herr Erlenmeyer (ja, genau, der Erfinder des nach ihm benannten Erlenmeyerkolbens) hat dazu die Regel aufgestellt, dass Stoffe, bei denen an ein und dasselbe Kohlenstoffatom zwei Hydroxygruppen (–OH) gebunden sind, instabil werden und unter Wasserabspaltung zerfallen (Erlenmeyer-Regel).

Im Falle der Kohlensäure bedeutet das, dass sich folgendes Gleichgewicht einstellt:

H2CO3 →←← H2O + CO2

Kohlensäure zerfällt in Wasser und Kohlenstoffdioxid (Hinreaktion: →), wird aber auch aus den beiden Stoffen gebildet (Rückreaktion: ←←).

Normalerweise liegt das Gleichgewicht sehr weit auf der Seite des Wassers und des Kohlenstoffdioxids.

Aber weil Kohlensäure eben auch eine (ziemlich schwache) Säure ist, findet zu einem kleinen Teil auch im Wasser eine Protolyse statt:

H2CO3 + H2O →←←← HCO3 + H3O+

Wenn du nun in Mineralwasser einen Universalindikator gibst, färbt sich dieser aufgrund des winzigen Säureanteils in der Lösung zwar nicht rot, aber eben gelblich.

Und wenn du nun die (starke) Natronlauge hinzutropfst, findet folgende Neutralisationsreaktion statt:

H2CO3 + OH → HCO3 + H2O

bzw.

H3O+ + OH → 2 H2O

Das lässt den Universalindikator zunächst nach grün (neutral) und bei weiterer Zugabe eines Tropfens Natronlauge nach blau umschlagen.

Soweit, so klar, hoffentlich.

Aber warum verfärbt sich die Lösung kurz darauf wieder ins Gelbliche?

Nun, durch die Zugabe der Natronlauge störst du die oben angegebenen Gleichgewichtsreaktionen (Prinzip von LeChatelier: Prinzip des kleinsten Zwangs). In dem Gleichgewicht

H2CO3 →← H2O + CO2

entfernst du quasi durch die Zugabe von Hydroxid-Anionen (aus der Natronlauge) die Säure-Komponente (linke Seite), weil es zu besagter Neutralisationsreaktion kommt.

Wenn du aber die Konzentration der Säure verringerst, reagiert das chemische Gleichgewicht in der Weise, dass es Kohlensäure aus Wasser und Kohlenstoffdioxid nachbildet. Das heißt, dass die Rückreaktion verstärkt erfolgt und es so zur Neubildung von (etwas) Kohlensäure kommt. Und die färbt dann die Lösung natürlich wieder so, wie es sich für eine schwach saure Lösung mit Universalindikator gehört, nämlich gelblich...

Das Nachtropfen weiterer Natronlauge wiederholt dann all diese Vorgänge. Das geht so lange, wie genügend Kohlenstoffdioxid zur Neubildung von Kohlensäure in der Lösung noch vorhanden ist. Ist sie verbraucht, kann natürlich auch die Rückreaktion nicht mehr erfolgen und die Lösung bleibt am Ende blau gefärbt.

Alles klar?

Im zweiten Fall gibt es ein anderes chemisches Prinzip, das da lautet, dass eine starke Säure eine schwächere Säure aus ihren Salzen verdrängt.

Kohlensäure ist - wie oben bereits geschrieben wurde - eine schwache Säure. Salzsäure ist dagegen eine sehr starke Säure.
Kalkstein (Calciumcarbonat) ist das Calcium-Salz der schwachen Kohlensäure. Wenn du nun zu diesem Salz die starke Salzsäure gibst, verdrängt sie die schwächere Säure aus diesem Salz:

CaCO3 + 2 HCl → CaCl2 + H2CO3

Die Salzsäure (HCl) überträgt ihre Protonen auf die Carbonationen (CO32–) und macht daraus Kohlensäure. Die frei werdenden Chlorid-Anionen (Cl) übernehmen dafür die Calcium-Kationen (Ca2+); sie drängen die Carbonationen quasi aus dem Salz und bilden stattdessen Calciumchlorid.

Da die sich bildende Kohlensäure aber gemäß der Erlenmeyer-Regel (siehe oben) instabil ist, spaltet sich sofort wieder Wasser ab:

H2CO3 → H2O + CO2

Aber dieses Mal steigt das resultierende Kohlenstoffdioxid als Gas auf (↑) und verlässt den Reaktionsraum. Das ist im Grunde der gleiche Effekt wie beim Mineralwasser am Ende, wenn nicht mehr genügend Kohlenstoffdioxid im Wasser enthalten ist, um noch einmal Kohlensäure bilden zu können.

Deshalb stellt sich beim übergossenen Kalkstein kein Gleichgewicht ein.

Insgesamt geht das mit dem Mineralwasser auch nur, weil in das Mineralwasser mit hohem Druck Kohlenstoffdioxid geblasen wird (Prinzip einer Soda-Club- oder einer Wasser-Max-Maschine...).

Beim Kalkstein verlässt das Kohlenstoffdioxid den Reaktionsraum zu schnell und löst sich nicht stark genug in der zurückbleibenden Salzwasserlösung.

Was fehlt noch? - Ach ja, die Protolysegleichgewichte der Kohlensäure. Die lauten:

1. Protolysegleichgewicht:
H2CO3 + H2O →← H3O+ + HCO3

2. Protolysegleichgewicht:
HCO3 + H2O →← H3O+ + CO32–

oder allgemeiner:

H2O + CO2 →← H2CO3 →← H+ + HCO3 →← 2 H+ + CO32–

LG von der Waterkant