Interpretation der Karikatur "Gränzverlegenheit"

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine einheitliche Regelung der deutschen Rechtschreibung hat es erst 1901 gegeben. Das Wort „Grenze ist ein Lehnwort. Mittelhochdeutsch graniza, graenizen, greniz stammt aus altpolnisch granica,* grańca* „Grenzzeichen“, „Grenzlinie“ (polnisch granica), in anderen slawischen Sprachen gibt es Entsprechungen, z. b. tschechisch hranice. Das Wort ist in der deutschen Sprache längere Zeit verschieden geschrieben worden, mit unterschiedlichen regionalen Entwicklungen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Schreibweisen mit „e“ und „ä“ noch ungefähr gleich häufig. Vgl. dazu:

Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch. Greander – Gymnastik. Bearbeitet von Arthur Hübner und Hans Neumann in Verbindung mit der Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuches. Leipzig : Hirzel, 1935, Spalte 125 – 128

In der Karikatur sind Grenzen ein wichtiges Thema. Die Bildunterschrift heißt:

„Sie sehen, Herr Gränzwächter, daß ich nix zu verzolle hab´, denn was hinte auf´ m Wagen ist, hat die Lippi´sche Grenze noch nit überschritten, in der Mitt´ is nix, und was vorn drauf is, ist schon wieder über der Lippischen Gränze drüben."

Die Karikatur "Gränzverlegenheit" erschien in der humoristischen Wochenschrift „Fliegende Blätter“, Band 9, 1848, Nr. 198, S. 45. Abbildung: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/fb9/0049

Die Zeichnung karikiert die vielen Zollgrenzen in Deutschland vor allem in der Zeit vor der Gründung de Deutschen Zollvereins 1834. In übertreibender Zuspitzung reicht ein großer Planwagen vorne und hinten über die Grenzen hinaus. Zwei Grenzposten mit Zollschranken (an Schildern und Schlagbäumen zu bemerken) liegen sehr dicht beieinander. Das Fürstentum Lippe-Schauenburg in Westphalen (Schaumburg-Lippe ist wohl eine häufigere Bezeichnung) war eines der kleinsten deutschen Territorien in der Zeit des Deutschen Bundes.

Ein Schlagbaum kann in der Karikatur des 19. Jahrhundert Rückständigkeit, territoriale Zerstückelung und Behinderungen im Personen- und Warenverkehr symbolisieren. Eine entwicklungshemmende Kleinstaaterei mit störenden Hoheitsrechten wird abgelehnt.

Ich denke, das Wort ist entsprechend des Dialekts des "sprechenden" Fuhrmanns geschrieben. So wie ja der ganze Text im Dialekt steht