geschichte (weimarer republik)?

1 Antwort

Das ist Unfug. Da ist nichts umstritten. Die Faktoren haben wie folgt zusammengewirkt: Die Frage der Kabinettsbildung war Anfang 1933 ganz und gar in die Hände von Intriganten ohne jeglichen legitimen Verantwortungsbereich geraten. Am 18. und 22. Januar fanden Gespräche zwischen Papen und Hitler statt diesmal im Hause des Vertreters der Sektfirma Henkell, Joachim von Ribbentrop. Auch Hindenburgs Sohn Oskar war zugegen und es gelang Hitler, diesem beizubringen, dass nur er, Hitler, Reichskanzler werden dürfe. Damit war der damalige Kanzler Schleicher in der unmittelbaren Umgebung des Reichspräsidenten völlig isoliert, und das zeigte sich schon am folgenden Tag. Inzwischen hatte der Ältestenrat den Reichstag für den 31. Januar einberufen, womit der Zeitpunkt für den Sturz Schleichers durch ein Misstrauensvotum praktisch feststand. Dem Reichskanzler blieb nichts anderes mehr übrig, als Hindenburg am 23. Januar den gleichen Plan Papens vorzuschlagen, den er selbst noch am 1. Dezember durchkreuzt hatte: Auflösung des Reichstages und vorläufige Aussetzung von Neuwahlen; Erklärung des Staatsnotstandes und Verbot der NSDAP und KPD. Schleicher begründete sich damit, dass er, anders als Papen, mit einer Duldung des Ausnahmezustandes durch SPD und Gewerkschaften rechnen könne.

Hindenburg verweigerte jedoch den gleichen Maßnahmen, mit denen er noch am 1. Dezember, als Franz von Papen sie ihm vorschlug einverstanden gewesen war, unter dem Hinweis auf die Verfassung, seine Zustimmung und ließ damit Schleicher endgültig fallen. Es war natürlich nicht Verfassungstreue, die Hindenburg bewog, sich von Schleicher zu trennen. Inzwischen hatte die preußische Regierung eine zweite Klage wegen des Staatsstreiches vom 20. Juli 1932 angestrengt, und der Reichspräsident fürchtete, selbst als Angeklagter vor dem Staatsgerichtshof erscheinen zu müssen, eine Befürchtung, die die Nationalsozialisten durch entsprechende Flüsterpropaganda zu verstärken wussten. Hinzu kamen Drohungen mit einem „Osthilfe“-Korruptionsskandal, der Hindenburgs agrarische Freunde in Mitleidenschaft gezogen hätte. Auch die Gerüchte, man wolle Hindenburg mit einer Steuerhinterziehungsklage eindecken - das Gut Neudeck war seinerzeit, um Steuern zu sparen, sogleich auf Hindenburgs Sohn Oskar übertragen worden -, mussten sich beim Präsidenten oder für dessen Umgebung gegen Schleicher auswirken: gegen Schleicher, der es offenbar nicht verstand, Hindenburg vor derlei Ungelegenheiten zu bewahren.

Andererseits war der Reichspräsident, als er Schleicher fallenließ, noch immer nicht bereit, Adolf Hitler als Reichskanzler zu akzeptieren. Vielmehr wünschte er die Wiederkehr seines „Lieblingskanzlers“ Franz von Papen, der in diesen Tagen, während er bei Hindenburg aus und ein ging, Hugenberg und den Stahlhelmführer Franz Seldte davon überzeugen konnte, dass die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler die einzig mögliche Lösung sei. Theodor Düsterberg, der zweite Bundesführer des „Stahlhelms“ berichtete später diesbezüglich:

Am 26. Januar fand eine Besprechung Papens mit Hugenberg, Seldte und mir statt. Diese eröffnete Papen mit einer kurzen Ansprache, in der er auf die zwingende Notwendigkeit einer neuen Regierung unter Adolf Hitler als Reichskanzler hinwies. Er schloß mit der Forderung, daß wir uns alle Hitler zu unterstellen hätten, auch der Stahlhelm. Seldte, dem inzwischen Papen mit Erfolg den von mir abgelehnten Ministerposten angeboten hatte, erklärte seine grundsätzliche Bereitschaft. Ich widersprach und warnte vergeblich vor der Dynamik der hitlerschen Natur und seiner fanatischen Massenbewegung. Hugenberg suchte meine Gedanken mit dem Hinweis zu entkräften, daß ja nichts passieren könne. Hindenburg bliebe Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Papen würde Vizekanzler, er (Hugenberg) übernehme die ganze Wirtschaft, einschließlich der Landwirtschaft, Seldte das Arbeitsministerium. >Wir rahmen den Hitler also ein.<“ (Quelle: Theodor Düsterberg, Der Stahlhelm und Hitler, S 38 f.)

Mit diesem Konzept der „Einrahmung“ Hitlers durch nationale oder konservative „Fachleute“ gelang es schließlich, Hindenburgs Bedenken gegen Hitler zu überwinden. Noch am 27. Januar sagte Hindenburg zu dem Chef der Heeresleitung, General von Hammerstein: „Sie werden mir doch nicht zutrauen, daß ich diesen österreichischen Gefreiten zum Reichskanzler berufe.“ Als einen Tag später Reichskanzler Schleicher den Rücktritt erklärte, beauftragte er mit den Verhandlungen für eine neue Regierung Franz von Papen. Genau das aber bedeutete: Hitler wird Reichskanzler.

Schon am Abend des 29. Januar war das neue „Kabinett der Einrahmung“ zusammengestellt. Entscheidend war hierbei die Besetzung des Reichswehrministeriums, denn falls Schleicher - wie er auch jetzt noch annahm - dieses Ressort behielt, war Hitlers Machtübernahme nur unvollständig. Doch hierfür wurde nun der General Werner von Blomberg präsentiert, der Wehrkreiskommandeur in Ostpreußen, der Deutschland gerade bei der Genfer Abrüstungskonferenz vertrat. Hindenburg kannte ihn persönlich, wusste jedoch nicht, dass er den Nationalsozialisten nahestand und dass vor allem sein Stabschef Oberst von Reichenau ein überzeugter Anhänger Hitlers war, der nun als Chef des Wehrmachtsamtes die wichtigste Position im Reichsministerium übernahm. Mit einer solchen Reichswehrführung war Hitler natürlich gerne einverstanden; und dem Hindenburg wurde sie unter dem Hinweis mundgerecht gemacht, dass Blomberg ein durch und durch unpolitischer Offizier sei.

Am Ende taten Gerüchte das Ihre, um die Kabinettsbildung rasch zum Abschluss zu bringen. Schleicher und Hammerstein, so hiess es, planen einen Putsch um Hitlers Ernennung zum Reichskanzler zu verhindern. Auch wenn sich dies als unzutreffend herausstellte, am 29. Januar bewirkte die allgemeine Furcht vor einem Bürgerkrieg - Hitler hatte die SA in Berlin in Bereitschaft versetzen lassen -, dass Hindenburg seinen Widerstand aufgab.

Am 30. Januar fuhr Hitler einfach vom Hotel Kaiserhof, wo er damals in unmittelbarer Nähe der Reichskanzlei demonstrativ sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, im Triumphzug in die Wilhelmstraße, um vom Reichspräsidenten gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern des neuen Kabinetts die Ernennungsurkunde zu empfangen und einen Amtseid zu leisten. Am Nachmittag erfolgte die amtliche Mitteilung:

„Der Reichspräsident empfing heute Vormittag den Führer der Nationalsozialistischen Partei Hitler sowie Reichskanzler a. D. von Papen zu einer längeren Besprechung. Der Reichspräsident hat Hitler zum Reichskanzler ernannt...“

Darauf folgte die Kabinettsliste der neuernannten Minister. Hier waren die Nationalsozialisten in der Minderheit:

  • Adolf Hitler - NSDAP - Reichskanzler
  • Franz von Papen - parteilos - Vizekanzler
  • Wilhelm Frick - NSDAP - Reichsinnenminister
  • Hermann Göring - NSDAP - Reichsminister, Reichskommissar für Luftverkehr
  • Alfred Hugenberg - DNVP - Reichswirtschaftsminister
  • Franz Gürtner - DNVP - Reichsjustizminister
  • Franz Seldte - parteilos - Reichsarbeitsminister
  • Freiherr von Neurath - parteilos - Reichsaußenminister
  • Werner von Blomberg - parteilos - Reichswehrminister
  • Graf Schwerin von Krosigk - parteilos - Reichsfinanzminister
  • Peter Paul von Eltz-Rübenach - parteilos - Reichspost und -verkehrsminister

Das sah ja ganz danach aus, als sei der Hitler mit nur zwei weiteren Nazis in diesem „Kabinett der nationalen Einigung“ durch eine Mehrheit von acht konservativen Ministern quasi „eingerahmt“ und damit unschädlich gemacht. Zudem sollte Hitler nur im Beisein des Vizekanzlers Papen von Hindenburg empfangen werden. Papen glaubte sogar sich öffentlich damit brüsten zu müssen: „Hitler an der Macht? Nein, dieser Herr wurde nur von und engagiert. Herrschen tun wir!“

In Wirklichkeit war es eine sträfliche und verhängnisvolle Verblendung, denn das Entscheidende war natürlich nicht die zahlenmäßige Verteilung der Ministersitze sondern die machtpolitische Gewichtung. Papens Vizekanzleramt war bedeutungslos, denn Hitler gelang es nun ihn von Hindenburg abzudrängen. Papen wurde auch als Reichskommissar in Preußen nun vollkommen überspielt, indem er Göring mit der Regierung von Preußen über das Innenministerium beauftragte. So verfügte Hitler nun mit Frick und Göring auf den Innenministerposten über die beiden wichtigsten innenpolitischen Machtpositionen. Er hatte damit im Reich und in Preußen die Exekutivgewalt in der Hand. Es konnte also von „Einrahmung“ kaum die Rede sein, was sich bald zeigen sollte:

Noch am Tag seiner Ernennung zum Reichskanzler ging Hitler daran, den kleineren Koalitionsparter, die Deutschnationalen, abzuschütteln, indem er einfach gegen den sich heftig wehrenden Hugenberg, die Auflösung des Reichstages und Neuwahlen durchsetzen konnte, die den Nationalsozialisten die absolute Mehrheit bringen sollte. Das „Kabinett der Einrahmung“ versagte schon am ersten Tag, und wenn bei seiner Bildung die Weimarer Verfassung dem Buchstaben nach eingehalten worden war, so widersprach es doch in Wirklichkeit dem Sinn und Geist dieser Verfassung, dass nun ihr erklärter Feind an die Spitze der Regierung gestellt wurde, der sich sofort daran machte, die Satzung der bürgerlichen Freiheit zu zerstören. Während die vermeintliche „nationale Wiedergeburt“ bei Millionen Deutschen eine Woge der Begeisterung auslöste, wurden die Eckpfeiler der Weimarer Verfassung durch mehrere Notverordnungen, zu denen Hindenburg seine Unterschrift gab, demontiert. Darunter war beispielsweise die „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933. Diese ermöglichte die Abschaffung der Grund- und Freiheitsrechte und eine Welle von Verhaftungen von Sozialdemokraten, Kommunisten, Journalisten, politische Gegner und Schriftsteller.

Nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 verfügte Hitler über die absolute Mehrheit im Parlament, mit der er hätte verfassungsmäßig regieren können - wenn er gewollt hätte. Statt dessen forderte er nun ein „Ermächtigungsgesetz“, um nach der Außerkraftsetzung der Grundrechte auch noch den anderen Grundpfeiler der Weimarer Verfassung , die Kontrolle der Regierung durch das Parlament, zu beseitigen. Am 23. März 1933 beschloss der Reichstag mit dem „Ermächtigungsgesetz“ seine Selbstabdankung:

Ermächtigungsgesetz Artikel 2: Die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze können von der Reichsverfassung abweichen...

Und das war es dann mit der Weimarer Verfassung. Eine Mehrheit von 444 gegen 94 Stimmen bewilligte Hitler am 23. März 1933 diktatorische Vollmachten.


mirnan 
Fragesteller
 06.09.2023, 17:18

danke!!!

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