Erste schritte vom Transweg?

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Von Experte loadingInfo bestätigt

Für die Hormontherapie und später die chirurgischen Eingriffe benötigt man in Deutschland in der Praxis ein sogenanntes Indikationsschreiben (nicht verwechseln mit einem Gutachten) von einem Psychotherapeuten oder Psychiater.

Für die Hormontherapie gibt es keine festgelegte Mindestdauer die man in Therapie sein muss - das entscheiden die Theras sehr individuell und verschieden. Die neusten Leitlinien empfehlen mindestens 6 Monate Therapie, es kann aber auch kürzer oder länger dauern und bewegt sich erfahrungsgemäß häufig zwischen 3-12 Monaten. Mit dem Indikationsschreiben für die Hormone geht man zu einem Facharzt, das sind hier meist Endokrinologen oder auch Urologen. Diese klären über die medizinischen Aspekte der Hormontherapie auf und begleiten und verschreiben diese. Wichtig: die Hormontherapie musst du nicht bei der Krankenkasse beantragen. Sie wird wie viele Medikamente einfach über ein Rezept gehandelt.

Für chirurgische Eingriffe ist es ähnlich. Nach einer gewissen Zeit Therapie stellt dir der Therapeut erneut ein Indikationsschreiben aus. Die neusten Leitlinien empfehlen bspw. für die Angleichung der Brust mindestens 6 Monate Therapie. Parallel dazu organisiert man sich eigenständig ein oder mehrere Vorgespräche bei Kliniken, für die man sich interessiert (es gibt mehrere in Deutschland), am Ende des Vorgespräches erhält man einen Arztbrief. Indikationsschreiben, Arztbrief und eventuell noch andere Unterlagen (abhängig von deiner Krankenkasse) werden in einem Antrag auf Kostenübernahme an deine Krankenkasse geschickt. Wenn ein krankheitswertiger Leidensdruck nachgewiesen wird (dafür ist das Indikationsschreiben da) und sonstige Voraussetzungen (alle nötigen Unterlagen eingereicht) gegeben sind, hat man in Deutschland als trans*-Person sozialrechtlich Anspruch darauf, dass die Kosten übernommen werden.

Therapeuten finden: kann sich zunächst schwierig gestalten, da es wenige trans* Therapeuten gibt. Ich würde dir empfehlen dich auf den Seiten oder Facebook Gruppen zu informieren, die ich weiter unten erwähnt habe.

Die amtliche Vornamens- und Personenstandsänderung ist ein wenig kniffliger. Aktuell gilt in Deutschland das Transsexuellengesetz (TSG), bei welchem man bei seinem zuständigen Amtsgericht einen Antrag stellen muss und in dessen Rahmen zwei psychologische Gutachten angefertigt werden müssen. Dies könnte vielleicht in kommender Zeit vereinfacht werden, zumindest möchte das die aktuelle Regierung. Dazu lässt sich aber derzeit nichts sicheres sagen.

Das ist jetzt nur eine sehr skizzierte Darstellung, eine ausführliche Version würde den Rahmen von GuteFrage sprengen. Ich hoffe es ist zumindest ein wenig klarer geworden. Wenn noch Fragen offen sind, versuche ich sie gerne zu beantworten.

Nicht entmutigen lassen: ich kenne das, auf den ersten Blick ist man absolut erschlagen von den ganzen Informationen und Anforderungen. Mit der Zeit arbeitet man sich jedoch etwas ein und findet seinen Weg.

Zwei Tipps: (1) Im Internet gibt es mittlerweile recht viele Informationen. Es gibt teilweise ganze YouTube Videos über die Anträge und Vlogs aus den Krankenhäusern. In Facebook gibt es größere Gruppen (z.B "TGG Transgender Germany" oder "Transgender Deutschland") die unglaublich hilfsbereit sind. Manche trans* Männer haben sehr detaillierte Instagram-Seiten aufgebaut (z.B. "timetobeluke"; "ftmerfahrungen"; "ftmkliniken") und beantworten regelmäßig Fragen. Schau dort unbedingt mal rein. (2) Informier dich, ob es in der Nähe deines Wohnortes vielleicht Beratungsstellen (entweder Fachbertaungsstellen für trans* Personen oder sexualpädagogische Einrichtungen wie ProFamilia), Selbsthilfegruppen oder LGBT Jugendtreffs gibt.