Beweise endosymbiontentheorie?

1 Antwort

Moin,

das sind aber einige...

Und ob ich das alles so einfach erklären kann, wie du dir das wünschst, weiß ich auch nicht. Na, ich versuche es trotzdem einmal...

Mitochondrien und Plastiden (zum Beispiel Chloroplasten) haben zwei Hüllmembranen. Dabei hat die äußere Membran in der Zusammensetzung mehr Ähnlichkeit mit einer Eukaryotenmembran, während die innere Matrixmembran mehr Ähnlichkeit im Aufbau mit einer Prokaryotenmembran hat.

Das passt zu einem Phänomen, das man als Endocytose bezeichnet. Dabei umfließt eine Zelle einen Partikel (oder eine Flüssigkeit) und schnürt ins Zellinnere einen Vesikel (ein Bläschen) ab. In diesem Bläschen befindet sich dann das, was die Zelle aufgenommen hat. Das Bläschen befindet sich in der Zelle. Dabei hat das Bläschen eine Membran, die der Zellmembran entspricht (ist ja auch kein Wunder, da die Zelle das Aufgenommene zuvor mit ihrer Membran umflossen hat).

Das spricht dafür, dass einst eine Eukaryoten-Vorläuferzelle einen Prokaryotenvorläufer (der eine anders gebaute Membran hatte) durch eine Endocytose aufgenommen hat.
Normalerweise passiert das, um das Aufgenommene zu „verdauen”. Aber irgendwie kam es hier nicht dazu. Stattdessen hat die Eukaryoten-Vorläuferzelle „gemerkt”, dass die Prokaryoten-Vorläuferzelle etwas kann, was für die Eukaryoten-Vorläuferzelle nützlich war. Im Falle der heutigen Mitochondrien war das der Umstand, dass die Prokaryoten-Vorläuferzelle Energie in Form von ATP zur Verfügung stellen konnte. Im Falle der Chloroplasten war das der Umstand, dass die Prokaryoten-Vorläuferzelle Fotosynthese betreiben konnte.

Die Eukaryoten-Vorläuferzelle hatte mehr davon, die aufgenommene Prokaryoten-Vorläuferzelle nicht zu verdauen (was ihr nur einmal einen Vorteil in Form von Bausteinen oder Energie gegeben hätte), sondern sie im Gegenteil zu schützen und sie mit entsprechenden Dingen zu Versorgen, um vom ATP beziehungsweise von den Fotosyntheseprodukten öfter zu profitieren.

Ein weiteres Indiz ist, dass sowohl die Mitochondrien als auch die Plastiden über eine eigene DNA verfügen (nicht-chromosomale DNA ohne Zellkern).

Die nicht-chromosomale DNA der Mitochondrien und Plastiden ist zirkulär (ein geschlossener Ring). Ganz so wie Plasmidringe in heutigen Prokaryoten.

Den zirkulären DNA-Ringen fehlen wie heutigen Prokaryoten die Histone (bestimmte Enzyme), wie sie für die chromosomale Eukaryoten-DNA typisch sind.

Die Transkription der mitochondrialen oder Plastiden-DNA lässt sich mit Rifamycinen hemmen. Solche Antibiotika stören Prokaryoten, aber keine Eukaryoten.

Die DNA-Sequenzen der Mitochondrien sind verwandt mit heutigen alpha-Proteobakterien (Prokaryoten), aber nicht mit denen der eigenen Eukaryotenzelle.

Analoges gilt für die Plastiden-DNA-Sequenzen, die verwandt sind mit Cyanobakterien-DNA (andere Prokaryoten), aber nicht mit denen der eigenen Eukaryotenzelle.

Die Ribosomen in den Mitochondrien oder Plastiden gehören dem 70S-Typ an (wie bei heutigen Prokaryoten), während Eukaryoten typischerweise 80S-Ribosomen haben.

Die Mitochondrien haben sogar eine eigene Polymerase (die epsilon-Polymerase), die die mitochondriale DNA ablesen kann.

Außerdem reagieren die Mitochondrien- oder Chloroplasten-Ribosomen auf Chloramphenicol (was auch auf Bakterien zutrifft). Dagegen lassen sie sich von Cycloheximid nicht beeinflussen (wovon aber Eukaryoten-Ribosomen sonst gestört werden).

Und schließlich gibt es in den Plastiden noch ein Fettsäuresynthese-System, das dem von heutigen Prokaryoten entspricht. Es setzt sich aus einzelnen, isolierbaren Enzymen zusammen.
Bei Eukaryoten bildet sich ansonsten ein zusammenhängender Multi-Enzym-Komplex, wenn es ein Fettsäuresynthese-System gibt.

Mitochondrien und Plastiden werden durch Teilung vermehrt. Bei Verlust kann eine Zelle also keine dieser Organellen selbst neu herstellen.

All das spricht dafür, dass die Mitochondrien beziehungsweise die Plastiden auf Prokaryoten-Vorläufer zurückgehen, die einst in einen Eukaryotenzellen-Vorläufer aufgenommen wurden.

Daneben gibt es noch indirekte Hinweise.

Mann kennt heute bei verschiedensten Lebensformen verschiedene Stadien zwischen symbiotischen und endosymbiotischen Beziehungen, so dass man in der Lage ist, modellhaft zu dokumentieren, wie es einst zur Entwicklung von Mitochondrien bzw. Plastiden gekommen sein könnte.

Diese symbiotischen Beziehungen hier alle zu erläutern, ist mir jetzt allerdings zu mühsam. Deshalb zähle ich nur die Lebewesen auf:

  • Viele Korallen und Muscheln, der Wurm Convoluta roscoffensis sowie bestimmte Blattläuse leben in Symbiose mit bestimmten Algen oder Bakterien
  • Pantoffeltierchen und Zoochlorellen (mit Cytosymbiose)
  • Der Süßwasserpolyp Hydra viridissima nimmt durch eine Endocytose Zoochlorellen auf, ohne sie zu verdauen und profitiert von deren Fotosynthese
  • Viele Zooxanthellen (Protisten) leben in einigen anderen Lebewesen endosymbiotisch
  • Leguminosen & stickstofffixierende Knöllchenbakterien
  • Foraminiferen oder Schwämme & bestimmte Rotalgen als Endosymbionten
  • Bei den Dinoflagellaten gibt es unterschiedlich weit entwickelte Stadien
  • Der Pilz Geosiphon pyriforme & Cyanobakterien

Die Algenart Hatena arenicola ist besonders spannend in dieser Hinsicht. Musst du mal nachschlagen...

Somit sprechen sehr viele Indizien für die Endosymbiontentheorie, findest du nicht?

LG von der Waterkant