basso ostinato - basso continuo?

1 Antwort

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Es gibt große Unterschiede, und ein Vergleich ist eigentlich gar nicht richtig möglich, da es sich um zwei kategorial völlig verschiedene Dinge handelt.

Basso Continuo ist das Phänomen des durchgehenden bezifferten Bass in der Barockzeit. Er ist eine kompositorische Herangehensweise in der Musik, die auf Klangfortschreitung beruht und zugleich auch eine aufführungspraktische Spielweise, bei der man am Akkordinstrument die Bassmelodie und die zum Stück dazugehörigen Harmonien spielt. Dabei kann diese Basslinie praktisch alles sein, was die damaligen Regeln der Melodie- und Harmoniebildung zugelassen haben. Basso Continuo beschreibt lediglich das Phänomen des Generalbass an sich.

Ein Ostinato(-Bass) ist eigentlich ein Formbegriff: Eine Figur wiederholt sich stetig und wird aufgrund dieser ständigen Wiederholung zu einem formgebenden Baustein für das ganze Stück oder für den aktuellen Abschnitt des Stücks. Das Ostinato hat seine Ursprünge in der Renaissance und hat sich bis weit über die Barockzeit hinaus gehalten. Typische Ostinatoformen sind z.B. die Chaconne oder, meist etwas freier, die Passacaglia. Andere bekannte Ostinatoformen sind z.B. die Lamento-Arie über einem gleichbleibenden, sich wiederholenden Bassmelodie- und Harmonieschema. Besonders bekannt ist z.B. die Lamentoarie "When I am Laid" aus H. Purcells Dido & Aeneas. Das Ostinato (ab Takt 10) ist hier ein sich ständige wiederholendes, fünfttaktiges Schema über einer schrittweise chromatisch abwärts verlaufenden Basslinie mit Schlusskadenz. Ein weiteres, sehr berühmtes Ostinato ist der Kanon D-Dur von J. Pachelbel. Das Ostinato ist hier die zweitaktige Bass- und Akkordfolge D-A-h-fis-|-G-D-G-A, die ständig wiederholt wird.

Bereits im Barock wurde der Begriff Ostinato zusätzlich aber auch allgemein für sich repetierende Figuren gebräuchlich, selbst dann, wenn diese nicht das Stück und seinen Bau bestimmt haben. So zum Beispiel die schnellen Ostinato-Figuren in den Violinen im Anfangschoral von J. S. Bachs Johannespassion ("Herr, unser Herrscher") oder die Streicher im "Confutatis Maledictis" (unten ab Min 3:43) von W. A. Mozarts Requiem. Es gibt im Übrigen auch "rhythmische Ostinati". Eines der bekanntesten dieser Stücke ist der Bolero von M. Ravel.

https://www.youtube.com/watch?v=uGQq3HcOB0Y

https://www.youtube.com/watch?v=Bm3JNk7pdzk

https://www.youtube.com/watch?v=wKZMyLLysOw

https://www.youtube.com/watch?v=UMwaiA581AQ

https://www.youtube.com/watch?v=gy5Ve3338-E

schpunk74746 
Fragesteller
 25.07.2023, 10:55

Vielen herzlichen Dank für die ausfürhliche Erklärung!

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