Wofür brauchen wir Flexion - wofür Konjugation und Deklination?

7 Antworten

Man kann besser erkennen, welche Satzteile zusammengehören. In der lateinischen oder griechischen Sprache macht das noch einen viel größeren Unterschied in der Wortbildung. So können zwischen den Formen "Patrum" und "Patrem" des lateinischen Wortes für Vater ("Pater") ganze grammatikalische Welten liegen. Dadurch hängt kann man kompliziertere Sätze bauen und z.B. in der lateinischen Dichtung kann man Satzteile getrennt voneinander schreiben, damit sie ins Metrum passen, und es ist trotzdem klar, was gemeint ist. 

Woher weiß ich auf Anhieb, dass die weiß Wand zum Zimmer gehört?

Ich müsste unnötig überlegen, ob Tom die Wand und das Zimmer rot streicht
oder nur die eine Wand. 

Du beschreibst das Englische einseitig bis falsch:

1. Gerade in der 3. Pers. Sgl. gibt es die Flexion.

2. Das E. arbeitet anstelle des Genitivs in synthetischer Form auf sog. analytische Weise mit der Präpostion of und nicht etwa mit nichts.

Das "Deutsch in einfacher Sprache" des Deutschlandradios arbeitet ähnlich.
Das hört sich dann so an:

"Berlin ist die Hauptstadt von dem Land Deutschland...etc. ..."

(wobei man ja gern noch das Wort Hauptstadt zerlegen würde, aber da ist der Sendeanstalt anscheinend noch nichts eingefallen; ein weiteres Problem für DR und Willibergi nämlich: die zusammengesetzten Wörter im Deutschen).


Diese Erscheinung vernachlässigter Konjugationen, Deklinationen, richtiger Anwendung von Präpositionen oder Artikeln etc. ist so selten nicht, wenn man sich mal umsieht, auch hier auf GF!

Ich wäre dann auch dafür, dass man in den Medien so schreibt und literarische Werke so verfasst.:)

Das hätte sicherlich für manches Land der Welt vorbildhaften Charakter und würde schon mal vorab vor dem allerletzten großen Knall einen Vorgeschmack darauf geben, was es heißt, zurück in der Steinzeit zu sein.

Grunzen, brüllen, fiepsen, gurgeln, kreischen reichen vollkommen aus, um sich verständlich zu machen. Die Sprache bestimmter Gruppen von Jugendlichen ist bereits auf dem besten Wege dahin.
"Was guckst du: Schnauze! Machst du Fliege, sonst tot!"

So in etwa.

Ich hoffen, du Frage meinen nicht ernst.



Das ist nötig zur Klärung, zum einfacheren Verständnis.

Es kommt dabei auch immer auf die Wortstellung an.

Sprachen ohne Fälle brauchen die sture Anordnung Subjekt - Prädikat - Objekt, weil sonst überhaupt nicht klar ist, was was ist. Im Deutschen kann man ja die Satzgieder beliebig vertauschen - so beliebig, daß es die "Verschiebeprobe" gibt. Das zweite Satzglied im Aussagesatz ist übrigens immer das Prädikat.

Tom sein Zimmer Wand weiß streichen - kann bedeuten, daß das Zimmer die Wand streicht.

In der englischen Sprache gibt es kaum Flexion, mit der
Sprachentwicklung hat sich diese einfach aufgelöst. Verständlich ist sie
immer noch und noch viel wichtiger: Einfach.

Nein. Ich lese zur Zeit viele englische Bücher (Romane, einfache Themen aus dem Alltag) - und wie oft muß ich die Sätze mehrfach lesen, weil mir einfach nicht klar ist, was da wohin gehört. Keine Relativpronomen, kein Komma - man merkt gar nicht, daß hier so eine Art Nebensatz beginnt...

Und dann kann fast jedes Wort ein Substantiv, Verb oder gar ein Adjektiv sein. Manchmal lese ich den Satz, denke, ich kenne alle Wörter - und verstehe rein gar nichts. Das hat manchmal mit den Idiomen zu tun, oft aber auch damit, daß ich nicht erkenne, welche Wortart das gerade ist.

Da ist mir das Französische lieber, das ist ordentlich sortiert, und man kann an den Endungen erkennen, welche Person das ist.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass es in der vor Abertausenden von Jahren existierenden Ursprache schon Flexion gab.

Früher gab es noch mehr Fälle. Die Sprache wird immer einfacher, auch hier nimmt die Entropie ab ;-) Die Jugendsprache ist zwar einfacher, aber nicht verständlicher. Und sie ist erst recht nicht in der Lage, Nuancen auszudrücken.

Das späte Latein benutzte anscheinend nur noch den Akkusativ neben der Grundform.

Das Englische hatte früher noch mehr Verbbeugung, das siehst Du z.B. wenn Du Dir mal die King-James-Bible vornimmst - das ist einfacher für Deutsche, weil es den deutschen Konjugationen ähnelt.

Die Artikel im Deutschen haben nur wenige Regeln, aber durch die Beugung weißt Du genau, welches Adjektiv wohin gehört - da gibt es ja bereits Probleme, wenn  manchmal zwei weibliche oder zwei männliche Wörter sich in die Quere kommen.

Je klarer eineSprache strukturiert ist, desto klarer ist auch das Verstehen - und vermutlich auch das Denken.

Deponentiavogel  08.04.2017, 12:54

Das Deutsche ist sehr klar strukturiert, so wie das Lateinische sehr klar strukturiert war und das Englische sehr klar strukturiert ist. Ob es viel oder wenig Flexion gibt, ändert nichts an der Klarheit. Man kann sich halt entscheiden zwischen wenig Morphologie und starrer Syntax oder viel Morphologie und variabler Syntax. 

Für die Muttersprachler ist das eins. Ich habe übrigens nicht solche Probleme mit dem Englischen. Wenn man sowas hat, dann liegt das wohl daran, dass man mit den Satzstrukturen und der Orthographie der fremden Sprache noch nicht vertraut genug ist. Eine Sprache existiert aber eben nicht für die, die sie neu erlernen, sondern für die, die sie sprechen (und schreiben). 

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Hooks  10.04.2017, 15:10
@Deponentiavogel

Naja, nach 7 Jahren Gymnasium und etlichen Büchern und Filmen sollte man langsam vertraut sein damit...

Vielleicht liegt es daran, daß wir in Deutschland sehr über die Grammatik lernen. Also erst einmal lernen, nach richtiger Grammatik die Sätze zusammenzubasteln.

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In natürlichen Sprachen gibt es viel überflüssiges, z.B. die vier Fälle. Eine Grundform und eine Akkusativ-Form wären absolut ausreichend. Oder unsere ganzen Zeitformen. Der schweizer Dialekt kommt mit drei Zeitformen hervorragend klar.

Deshalb gibt es ja auch die Plansprachenansätze wie Esperanto, Ido, Interlingua, Basic English usw.

Hooks  07.04.2017, 16:45

Eine Grundform und eine Akkusativ-Form wären absolut ausreichend.

Dann hast Du noch nichts mit kleinen Kindern zu tun gehabt. Es ist manchmal fast unmöglcih herauszufinden, was sie meinen, wenn sie im "Nur-Akkusativ"-Stadium sind.

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Harlau  07.04.2017, 16:48
@Hooks

Deshalb braucht man ja den Akkusativ und eine Grundform, damit der Bezug klar ist.

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Hooks  07.04.2017, 16:49
@Harlau

Die Grundform beherrschen sie ja zuerst. Dann kommt der Akkusativ - das "nur" bezog sich auf ohne Dativ und ohne Genitiv.

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