Wird in anderen Sprachen auch gegendert?

Dafur  25.03.2023, 09:07

welches Wort?

Radioactiveman5 
Fragesteller
 25.03.2023, 09:17

"gender" ist englisch (vermutlich aber nicht als Verb)

11 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Verb "gendern" kann man sehr unterschiedlich auffassen, das ist eigentlich ein recht schwammiger Begriff. Viele meinen damit Schreibweisen wie Schüler*innen, dabei könnte man auch sagen, dass auch "meine Damen und Herren" oder "Schülerinnen und Schüler" (beides sind traditionelle Formulierungen) "gegenderte" Formen wären.

Die Sache im Deutschen ist ja, dass "Schüler" entweder ein generisches Maskulinum darstellen kann oder ein echter maskuliner Plural sein kann. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Interpretationen hängt vom Kontext ab. Oft liest man, dass "Schüler" immer ein generisches Maskulinum sei, das stimmt so pauschal aber auch nicht. Man braucht ja auch eine Form für den echten maskulinen Plural (und auch diese ist nun mal "Schüler").

Früher hat man es den Leuten zugetraut, diesen Kontext korrekt interpretieren zu können, heute geht der Trend eher dahin, diese Zweideutigkeit ganz zu vermeiden und durch Formulierungen wie "Schüler*innen" oder "Schülerinnen und Schüler" die Sache eindeutig zu machen, wenn man alle Geschlechter meint.

Ein Fan des Sternchens bin ich auch nicht, ich mag lieber die ausgeschriebene Form, auch wenn die etwas länger ist. Aber das ist vielleicht nur eine Geschmacksfrage.

Im Englischen gibt es natürlich auch die Unterscheidung zwischen "his" und "her".

"A defendant should not be required to sacrifice his or her constitutional right (...)"

http://www.kentlaw.edu/academics/lrw/grinker/LwtaGender_Neutral_Language.htm

Auch Englisch ist nicht komplett "genderneutral". Nur Sprachen wie Ungarisch oder Finnisch kennen die Unterscheidung zwischen "he" und "she" und "his" und "her" nicht. Finnisch "hän" = er ODER sie, "hänen" = sein ODER ihr (Possessivpronomen).

Wenn einen das Sternchen stört: es ist gar nicht zwingend notwendig, denke ich. Dennoch ist es so, dass das generische Maskulinum im Deutschen immer eine Interpretationssache ist (weil die Form des echten Maskulinum Plural damit identisch ist).

Im spanischen und französischen gibt es Überlegungen, -e als neutrale Endung zu verwenden anstatt einem generischen Maskulinum. Auch zb bei Pronomen.

Im englischen gibt es die Diskussion nicht, weil englisch maskuline und weibliche Formen schon vor Jahrhunderten abgeschafft hat und fast alle Worte dort neutral sind, außer durch Assoziation. Und in dem Fall geht eine einfache Umformulierung, zb "firefighter" statt "fireman".

Damit übrigens auch der Beweis, dass es weder neumodisch noch 'Unfug' ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin bisexuell und nichtbinär & kenne viele andere 'Queere'.

uhyrius  25.03.2023, 11:15

Neumodisch ist die Genderdiskussion. Man hat sicherlich nicht seinerzeit die weiblichen und männlichen Formen in Englisch aufgrund dieser Diskussion abgeschafft. Außerdem hat diese Abschaffung zu einer Vereinfachung geführt, was heute in Deutsch angestrebt wird, ist dagegen viel komplizierter als zuvor.

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Seraphiel0  25.03.2023, 11:52
@uhyrius

Nope, Gendern ist weniger kompliziert als der vorige Standard der Doppelnennung. Lehrer*innen ist kürzer als Lehrer und Lehrerinnen, und so weiter.

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uhyrius  25.03.2023, 11:56
@Seraphiel0

Lehrer ist noch kürzer. Und wenn man wie in Englisch gar keine zwei Formen hat ist das auch nicht männlich, sondern neutral.

Ganz abgesehen davon: Was ist mit Arztinnen oder doch lieber Ärztinnen? Lieber Frauen (im ersten Fall) "diskriminieren" oder Männer (zweiter Begriff)?

Sonderzeichen und Stotterpausen gehören sowieso nicht in Wörter. Da wäre es noch besser Deutsch komplett mit neuen Endungen zu versehen. Man könnte ja drei gleichlange machen, z.B. Lehrere (Neutralform), Lehrera (weiblich), Lehrero (männlich) und wenn denn nötig auch noch Lehreru (divers). Die Neutralform gleicht übrigens dem von dir erwähnten französischen Vorbild.

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spanferkel14  25.03.2023, 14:41
@Seraphiel0

Klingt komplett bescheuert. Widerspricht allem, was die deutsche (Aus-)Sprache ausmacht - Stotterpausen gehören jedenfalls nicht dazu. Da spreche ich wirklich lieber einen Atemzug länger. So viel Zeit muss sein!

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Radioactiveman5 
Fragesteller
 25.03.2023, 14:53
@uhyrius

(Warum -u für divers? -i wäre auch noch übrig und klingt viel sympathischer.)

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In Türkisch nicht. Da gibt es überhaupt keine Genderendungen. Selbst er/sie/es heißt alles o. Das ist übrigens sehr vorteilhaft beim Lernen - es fallen damit auch die unterschiedlichen Endungen der Adjektive weg, die es in Deutsch gibt.

Was Russisch betrifft, so ist da der gesellschaftliche Trend ein anderer als in Deutschland und Genderthemen sind nicht in Mode - hängt natürlich auch mit den unterschiedlich ausgerichteten Regierungen beider Länder zusammen.

Es gibt Sprachen da ist das generell so.

Englisch ist auch ein gutes Beispiel, weil die ja nicht einmal weibliche oder männliche Artikel haben. Da ist alles "the" ist. Da muss man zu Hilfskonstrunktionen wie "female doctor" greifen, wenn man ein Geschlecht ausdrücken will. Da steht immer "the" und welches Geschlecht man dem zuteilt findet nur im Kopf, aber nicht in der Sprache statt. Englisch ist per se eine gender neutrale Sprache.

Ich finde es auch einen besseren Ansatz alles Geschlechtsneutral zu gestalten, anstatt immer beide Geschlechter krampfhaft einbauen zu wollen. Leider ist die Ausgangssituation bei der deutschen Sprache suboptimal, denn die Leute dazu zu bringen in Zukunft "das Doktor" zu sagen dürfte schwieriger sein als sie dazu zu bringen "Doktor*in" zu schreiben.


uhyrius  25.03.2023, 10:21

Mir würde aber "das Doktor" besser gefallen. Ich könnte mich schon daran gewöhnen. Wenn statt der/die/das nur das bliebe, wäre Deutsch auch viel leichter als Fremdsprache zu lernen.

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Ja, auch in anderen Sprachen wird gegendert. Siehe Antwort von uhyrius.

In Türkisch (nicht). Da gibt es überhaupt keine Genderendungen. Selbst er/sie/es heißt alles o.

Auch das ist Gendersprache. Zu gendern bedeutet nämlich nicht nur, an diverse Wörter ein *innen hinten anzuhängen. Im Türkischen wird daher sehr wohl gegendert.

Weitere genderneutrale Sprachen sind neben Englisch noch etwa finno-ugrische Sprachen wie Estnisch, Finnisch, Ungarisch sowie einige in Russland gesprochene Sprachen/Dialekte wie etwa Udmurtisch.