Wie frei ist der Mensch und sein Denken und Handeln wirklich?

25 Antworten

Über diese Frage musste ich schon mal eine Hausaufgabe abgeben - es ging jedoch nicht darum wie frei der Mensch in seinem Denken und Handeln ist, sondern wie das Denken das Handeln beeinflusst und das auch in Bezug auf gendergerechte Sprache.

Mein selbstgeschriebener Text:

"Das Denken bestimmt das Handeln – das hört sich so an, als ob man geführt wird bevor man sich bewegen kann. Tatsächlich kann das stimmen. Laut dem Menschen: Bevor man das Handeln ausführen kann muss zuerst der Gedanke dahinter folgen. Diese Gedanken können auch Glaubenssätze sein, die tief im Geist verankert sind und somit für das einzelne Individuum wahr sind. Die Glaubenssätze befinden sich im Sitz unseres Denkens, Fühlens und Handelns. Sie sind das was uns als Menschen ausmachen, wer wir sind wozu wir fähig sind und wonach wir streben. Somit reicht das Denken alleine nicht aus, könnte man sagen – bevor man nicht einen Ansporn gefunden hat um die Gedanken erschaffen zu können. Die Gedanken, die ein Mensch denkt, basieren nämlich auf Glaubenssätze. Zum Beispiel: Wenn man von etwas überzeugt ist, so kann man seine Gedanken nicht wirklich ändern. Hier wird ein positives Denken aufgezwungen, wirksam sind aber die alten Glaubenssätze. Selbsterkenntnis wird hier benötigt, um zu erkennen, woran und an was man wirklich glaubt. Erst dadurch, wird es auch möglich, die Gedanken ändern zu können. In Bezug auf gendergerechte Sprache – Die Sprache und das Denken beeinflussen sich gegenseitig. Sie prägen die Sichtweise von der Welt und wirken sich somit auf die Vorstellungskraft aus. Mithilfe der Sprache kann man das Umfeld positiv und negativ beeinflussen. Je zutreffender und präziser man sich ausdrückt und auf gendergerechte Formulierungen achtet, desto mehr kann man neue Sichtweisen, Berufe und Rollen für alle Geschlechter öffnen. Das schafft somit Chancengleichheit, macht die Fähigkeiten sichtbar, fördert Talente und man fühlt sich wertschätzend und gleichberechtigt behandelt."

Eventuell könnte man auch daraus die Sichtweise nehmen, dass der Mensch ohne seinen freien Willen, seiner geistigen Vorstellungskraft nicht dazu fähig wäre, überhaupt sich bewegen zu können. Denn ohne seine Gedanken die er von seinem Geist erhält, kann er auch nichts bewegen.  

Woher ich das weiß:Recherche

So frei wie es ihm der gesellschaftliche Rahmen erlaubt.

Freiheit... Was ist  schon Freiheit für uns? Wir in Europa kennen die echte Freiheit doch gar nicht mehr, sie dir doch schon selbstverständlich.

<<Die Freiheitsliebe ist eine Kerkerblume, und erst im Gefängnis fühlt man den Wert der Freiheit.>>

Heinrich Heine

Wirklich die Freiheit spüren tut man erst, wenn man weiß wie es ohne sie ist, erst wenn man das Verlangen hat, wirklich frei zu sein. 

<<Die Völker, die daran gewöhnt sind, Herrscher über sich zu haben, können diese nicht mehr entbehren. Sie halten Zügellosigkeit, die der Freiheit entgegengesetzt ist, für Freiheit und geraten durch ihr Aufbegehren fast immer Verführern in die Hände.>>

Jean-Jacques Rousseau

Die wirkliche Freiheit kennt eh niemand, da alle von Gesetzen, von Moral, von Sitten in eine Zwangsjacke gesteckt werden. Aber ohne diese wäre quasi Anarchie, und ist das wirklich die Freiheit, nach der wir uns sehnen? 

Auch das Denken ist von gesellschaftlichen Normen beeinflusst, aber trotzdem bieten die Gedanken immernoch den letzen Zufluchtsort an dem die Freiheit wenigstens eine Illusion, ein in Gedanken aufgebautes Monument, sein kann. 

Hallo,

Deine Frage ist so (allgemein) nicht beantwortbar. Sie braucht genauere Zuordnungen.

Ich kenne nur einen "Bezug", in dem Freiheit weitgehend präsent sein kann, das ist der "Raum" in dem sich Gesinnung gestaltet. Nur dort  "streitet" der Mensch mit sich selbst, lobt und verurteilt sich. Dort ist auch das Gewissen. Nun könnte man sagen, daß auch das Gewissen manipulierbar ist. Dies ist wohl richtig, aber kaum ist das manipulierbar was der der Mensch für sich  als gerecht empfindet. In der Botschaft Jesu steht bei Mt.7,12 die goldene Regel:
Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.
Wenn Jesus dies fordert (als Voraussetzung zum Heil) dann könnte er dies nur, wenn wir auch die Freiheit hätten so zu handeln. Diese haben wir nicht immer, auch weil unserer eigener Egoismus uns oft behindert. Aber dies (frei) erfüllen wollen können wir schon.

Diese Gesinnung ist wohl auch im profanen Bereich "machbar".

Gruß Viktor

Das Problem mit der Willensfreiheit hat zwei Quellen. Erstens, was ist Willen und da gibt es sehr unterschiedliche Definitionen. Zweitens, was ist Freiheit, und da bricht die Weltsicht metaphysisch auseinander. Es gibt grob diejenigen, die Menschen und auch seine geistigen Aktivitäten prinzipiell als Teil einer evolutionären Entwicklung der Natur sehen, die man Monisten nennt. Dagegen stehen die Dualisten, die zwischen Materie und Geist trennen, wobei Geist eine eigene, der Materie überlegene, sie meist auch zeugende Entität ist. Letztere nennt man grob - angelehnt an Platon und seine Ideale - Idealisten. Dazu gehören z.B. alle Vertreter von Religionen, die das Göttlich-geistige als Quelle und ordnende Kraft allen Seins setzen. Die Monisten könnte man auch als empirisch-kritische Naturalisten bezeichnen. Deren Tradition (Epikureismus, Demokrit, wahrscheinlich auch späterer Peripatos) ist mit dem Christentum ausgelöscht worden und wurde, auf der Basis kläglicher Reste der Tradition ab der Renaissance wiederbelebt, aber immer bedroht von der Inquisition (Giordano Bruno 1600 öffentlich verbrannt, Galileo Galilei).

Vor allem das universitätsoffizielle Denken in Deutschland hat sich nie wirklich aus den Denkschemata des Idealismus befreit (der Begriff setzt Realität und nicht umgekehrt, dass sich jeder Begriff an der bezeichneten Realität messen lassen muss). So kommt es immer wieder zu dem Konflikt Willensfreiheit und Natur- wie Gesellschaftsgesetzlichkeit. Grund ist aber die idealistisch geprägte Auffassung von Freiheit, die sozusagen ungebunden (göttergleich) über der Materie steht (für Kant existierte sie nur außerhalb unserer kausal erzeugten Weltvorstellung). An Empirie und Wissenschaft orientierte Denker kippen (geprägt vom Geist des Idealismus) das Kind mit dem Bad aus und behaupten das Gegenteil, alles sei determiniert, ein freier Wille bestehe nicht. Kennzeichen für idealistisches Denken ist auch das Denken in Entweder-Oder-Polaritäten, in klaren Widersprüchen. Wenn wir als Bild dazu eine einseitig beleuchtete Kugel betrachten, gibt es ein kleines, extrem helles Stück und auf der gegenüber liegenden Seite ein total dunkles Stück: Hell oder Dunkel, Tag oder Nacht, Liebe oder Leiden, Lust oder Schmerz, frei oder determiniert … Du merkst, wie oft wir in diesem polaren Schema denken. In Wirklichkeit jedoch ist der größte Teil der Kugel unterschiedlich grau und wenn wir nur in hell oder dunkel denken, entgeht uns die Realität des großen Grauspektrums.

In der realen Welt jedoch gibt es – und das ist meine Auffassung – ganz selten klare Polaritäten, weder nur Lust oder Schmerz, und auch nicht Freiheit oder Determinismus. In der Vielfalt der Realität durchdringen sich beide. Allerdings glaube ich, dass Willensfreiheit für viele nur ein verdeckter Ausdruck für „Göttergleichheit“ ist, einem überzogenen Selbstwertgefühl der Menschen schmeichelt. Diese können nicht ertragen, dass unsere Freiheit nur eine relative ist, eine, die es ohne die Bindung der Verantwortung nicht gibt, weil nahezu alles, was wir tun, Folgen hat, für die wir gerade stehen müssten. Diese Einstellung korreliert mit der Einstellung, die nur von Rechten (Menschenrechten, Verbraucherrechten usw..) spricht und die Kehrseite, die Pflichten, ohne die es keine Rechte gäbe, unter den Tisch fallen lässt. Hier geht es also im Kern nicht um eine Philosophie des Wissens, sondern um eine moralische Einstellung, den Versuch, sich den offensichtlichen Eingebundenheiten zu entziehen. Als Teil der Natur und von Gesellschaften sind wir in Regeln und Notwendigkeiten eingebunden. Darin haben wir dennoch relative Freiheiten der Entscheidung. Das ist das Kernanliegen von Epikur, dass wir uns als Individuen in diesen Eingebundenheiten möglichst viel authentisches Selbstsein bewahren. Notwendigkeiten akzeptieren, damit umgehen lernen und sich dabei und darüber hinaus möglichst viel individuelle Freiheit bewahren, das ist wahre Lebenskunst. Dieses Spiel ist die ständige Herausforderung des Lebens an unsere Kreativität und Lebenskraft. Es ist wie in vielen Spielen. Sie haben bindende Regeln. Doch innerhalb der Regeln ist viel Freiheit für kreative Strategien.