Welche Absicht hat die Schöpfungsgeschichte (Bibel/Christentum)?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo!

Ich musste in der Schule früher mal eine Ausarbeitung zu dem Thema schreiben. Ich bin nicht religiös/gläubig, das sind die Schlüsse, die ich gezogen habe:

Früher mag es unter anderem die Funktion der Schöpfungsgeschichte (gibt übrigens zwei, einmal die Priesterschrift und einmal die jahwistische Schöpfungsgeschicte) gewesen sein, bislang unerklärbare Naturphänomene zu ergründen, aber man sollte sie auch vor allem vor ihrem historischen und gesellschaftlichen Kontext betrachten.

Die Priesterschrift ist im Verlaufe der Deportation des jüdischen Volkes in das babylonische Exil nach dem Untergang Jerusalems 587 v. Chr. entstanden. Zu den Deportierten gehörten auch Priester, welche den Schöpfungsbericht verfassten und sich mit den Schwierigkeiten ihres Volkes auseinandersetzen mussten. Die Priesterschrift sollte so beispielsweise das Volk durch Hoffnung von seiner Depression befreien und im Gegensatz zu dem von Gewalt geprägten babylonischen Schöpfungsmythos das Bild eines friedvollen, mächtigen Schöpfers schaffen, den der Mensch auf der Erde repräsentiert. Die Priesterschrift sollte dem jüdischen Volk im babylonischen Exil in einer scheinbar hoffnungslosen Zeit Hoffnung und Kraft schenken und dem Volk das Bild eines gütigen Schöpfers und Herrschers geben, der mächtiger sei als die babylonischen Götter.

Die Schöpfungsgeschichten der Bibel sollen darüber hinaus die Beziehung des Menschen zu Gott und die Pflichten, die er den Menschen laut der Schöpfungsberichte auferlegte, aufzeigen. 

Das ist das, was ich (als Atheistin) verstanden habe.

Liebe Grüße!

UniverseBeMine 
Fragesteller
 18.05.2022, 19:35

Vielen Dank für die Mühe. Ich finde, dass ihre Antwort die Beste ist :)

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Grundsätzlich dieselbe wie schon vor Jahrtausenden.

Beachte jedoch, dass es sich nur beim ersten Text um einen Schöpfungstext handelt. Das Sechstagewerk (Gen. 1.1 - 2.4) handelt tatsächlich von der Entstehung der gesamten Seinswelt, erkennbar an den Präpositionen, der kollektiven Sprache und nicht zuletzt am inhaltlichen Kontext. Es ist nur logisch, ganz zu Beginn erstmal zu klären, woher und wie alles ins Dasein gekommen ist.

Die darauffolgende Paradiesgeschichte spielt sich hingegen in einem klar umrissenen Ausschnitt der bereits erschaffenen Welt ab (siehe Edenbeschreibung). Es ist die Fortsetzung des Sechstagewerks im lokalmesopotamischen Rahmen. Das Wort erschaffen (hebr. Bara) kommt hier nicht mal vor. Nicht Schöpfung, sondern die aufblühende Landwirtschaft ist das Leitmotiv. Wie die biblischen Stammregister ergeben, lebten Adam und Eva nicht in ungreifbarer Urzeit, sondern vor nur ein paar Jahrtausenden, mitten in der Jungsteinzeit. Sie sind die ersten Personen, die aus der prähistorischen Menschheit der sechsten Schöpfungsperiode in den historischen Vordergrund treten und namentlich erwähnt werden. Nach der biologischen Evolution rückt nun die kulturelle Evolution des Menschen in den Fokus. Zunächst ist es noch einfacher Ackerbau, später kommt die Bearbeitung von Metall dazu (Gen. 4.22).

Kurz gesagt: Das Sechstagewerk ist Vorgeschichte, die Paradiesgeschichte hingegen Geschichtsschreibung im eigentlichen Sinne - damals wie heute. Auch wenn das weiß Gott nicht immer so verstanden wurde und wird.

Woher ich das weiß:Recherche

Den Ursprung des Lebens, und den Sinn unseres Daseins zu erfahren.

Ich denke, dass der biblische Schöpfungsbericht kein naturwissenschaftlicher Bericht ist. Die Intention der Autoren war meiner Ansicht nach eine andere. Man muss den Kontext betrachten, in dem der Schöpfungsbericht entstanden ist. Beim Entstehungszeitpunkt waren vermutlich viele Israeliten im Exil in Babylon. Hier lernten sie andere Religionen kennen, in denen z.B. die Sterne Götter waren. Der biblische Schöpfungsbericht hat nun das Ziel zu zeigen, dass die Sterne vom Gott der Bibel geschaffen wurden und somit keine Götter sein konnten. Das Ziel des Schöpfungsberichts ist damit nicht, eine naturwissenschaftliche Erklärung abzugeben, sondern zu zeigen, dass der Gott der Bibel alles alleine geschaffen hat und die Natur oder die Sterne keine Götter sind.

UniverseBeMine 
Fragesteller
 18.05.2022, 19:43

Vielen Dank für Ihre Antwort und die Mühe, die dahinter steckt. :)

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Sie sollte den Menschen damals erklären, dass die Erde nicht durch Zufall, sondern durch Gottes Wille entstanden ist. Außerdem vermittelt die Schöpfungsgeschichte die Gewissheit, dass Gott die Kontrolle über alles Leben hat.

Ob die Erde 1:1 wie dargestellt auch tatsächlich entstanden ist, spielt für mich im Übrigen keine Rolle. Ich (genau wie die Menschen damals) muss nicht wissen, wie die Erde genau entstanden ist, aber ich weiß, dass nichts durch Zufall passiert ist. Und das ist für mich die Kernbotschaft.