Warum hat die Kirche die angeblichen Hexen als Ketzer verfolgt?

4 Antworten

Hallo, lieber Peter!

Eine gute Frage, die aber bereits mehrere falsche Annahmen beinhaltet.

1. Ein Ketzer hat nichts mit Hexerei zu tun und umgekehrt.

2. Es war nicht notwendiger Weise die Kirche, welche Hexen verfolgt hat.

So... ich fange mal an :)

- ein Ketzer ist jemand, der von der reinen Lehre ( von mir aus auch offiziellen Lehre) abweicht. Diese Ketzer oder Heräthiker wurden seitens der Kirche durchaus als Bedrohung ihrer Macht gesehen. Aber der Hauptgrund dürfte dennoch ein anderer gewesen sein.

Es ist für uns (westliche) heute kaum vorstellbar, wie sehr der Glaube von Bedeutung war, wir sehr Es den Menschen wichtig war den "richtigen " Weg zu gehen. Schließlich erklärte der Glaube alles und die Menschen waren ganz feste der Ans, dass dir Welt (einschließlich der Ordnung) so gottgewollt war. Wenn nun jemand das Wort Gottes in Frage stellte, beschwor er damit den Zorn Gottes herauf. Zudem konnte er durch seine schlimmen Ansichten andere verleiten ebenfalls vom Glauben abzzfallen. Erinnere dich: diese Menschen waren dann für die Ewigkeit verloren. Und das nicht als ein kleines religiöses Problemchen sondern mit schlimmsten Konsequenzen. Also musste man versuchen , Menschen die diese Irrlehre verkündeten, einzudämmen. Heute würde Youtube ihm den Kanal sperren, damals wurde er gezwungen seine Irrlehre aufzugeben (das war das Hauptziel) und wenn er es nicht tat, musste die göttliche Ordnung unbedingt wieder hergestellt werden.

Bei den Hexen war es ganz anders. Hier hatte die Kirche jahrhunderte lang alles versucht den Hexenglauben des Volkes zu unterdrücken. Den gab es schon lange vor der Christianisierung und galt als eine kleine Ketzerei und somit ein Ärgernis für die Kleriker.

Dies änderte sich erst allmählich und zum Ende des Mittelalters war der Hexenglauben auch in kirchliche Kreise verbreitet.

Meist kamen die Anzeigen aus der Bevölkerung und brachten die Kleriker in Handlungszwang. Die Menschen waren aufgebracht und forderten zB Hexenbestrafungen. Hier hat sich sicher vieles vermischt: echte Angst dass jemand eine Hexe sei, allgemeines Misstrauen oder Hass gegen eine bestimmte Person, der Hexenprozess als Möglichkeit missliebige Personen loszuwerden. Aber man geht davon aus, daß die Menschen ehrlich an Hexen glaubten. Es kam ortsweise sogar zum regelrechten Hexenwahn , in Folge eines Prozesses wurden mehr und mehr Bürger angeklagt die wiederum andere beschuldigten. Nicht immer unter der Folter oder aus Angst davor. Oft konnten zB auch schwere psychische Erkrankungen Ursache sein dass jemand verdächtig wurde oder verdächtiges "beobachtet" hatte.

Jedenfalls waren die Menschen sich sicher, dass Hexerei schlimmer ist als Mord, dementsprechend wurde das bestraft.

VIELE Mechanismen die damals gewirkt haben, funktionieren heute noch ganz genauso.

... sorry das ist alles am Handy und sehr knapp geschrieben. Ich hoffe ich konnte trotzdem etwas weiterhelfen

MaxNoir  29.05.2021, 18:04

Ja, wirklich gute gegenseitge Ergänzung. Es gibt auf YT drei Dokus zu dem Thema (SWR, MDR und WDR) die aus diesem Jahr sind und das Thema sehr gut aufarbeiten.

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Onlinekasper  29.05.2021, 18:08
@MaxNoir

Ja aber ich ärger mich,dass du das Wort Aberglaube benutzt hast.

Und nicht ich ;) Aberglaube wäre bei mir besser gewesen als "kleine Ketzerei"

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MaxNoir  29.05.2021, 18:11
@Onlinekasper

Na ja, also kleine Ketzerei finde ich auch irgendwie gut beschrieben weil zu glauben dass jemand außer Gott Dinge vollbringen kann die man Hexen nachgesagt hat ist natürlich auch irgendwie eine Ketzerei und später, nachdem die Kirche die Hexerei anerkannte, galten Hexen oder aber auch ihre Verwandte als Ketzer bzw. konnten als solche verurteilt und für vogelfrei erklärt werden.

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Tubusleger  29.05.2021, 18:10

Das ist leider nicht korrekt und sehr vereinfacht.

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Viktor1  29.05.2021, 20:25

Ergänzung - der Hexenwahn hat mit der Reformation erst richtig Fahrt aufgenommen. Die "Kirche" ! hat dies nach wie vor abgelehnt, auch wenn in manchen katholischen Regionen auch dieser Wahn betrieben wurde.
In rein katholischen Ländern gab es diesen nicht.

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Onlinekasper  29.05.2021, 20:27
@Viktor1

Das ist so nicht richtig. Es gab auch große Hexenverfolgungen in Frankreich, in der Schweiz, Italien, Spanien usw.

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Onlinekasper  29.05.2021, 21:01
@Viktor1

Die Spanische Inquisition war neben der Verfolgung von Ketzern durchaus auch für die Verfolgung von Menschen zuständig, die sich der Magie, Hexerei verschrieben hatten.

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Viktor1  29.05.2021, 21:07
@Onlinekasper
Die Spanische Inquisition war..zuständig

Was du so behauptest. Doch hier zählen die Fakten , keine "Zuständigkeit".
Die katholische Lehre kennt keine Hexen, die der Reformation (durch Luther) schon.

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Onlinekasper  29.05.2021, 22:44
@Viktor1

Ja wenn du das so denkst, dann glaube das ruhig weiter. Immerhin schadet es keinen.

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Das stimmt so nicht ganz, denn diese Fälle wurden getrennt behandelt. Ein Ketzer war ein "Irrlehrer" nach damaliger kirchlicher Vorstellung, also jemand, der eine Lehre verbreitete, die der Lehre der Kirche zuwiderlief.

Einer, der als "Ketzer" bezeichnet wurde, war zum Beispiel Jan Hus.
Jan Hus war Reformator in Böhmen (und ein Gegner der katholischen Kirche).

https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Hus

Bis heute ist Tschechien (im Gegensatz zum Nachbarland Polen) nicht katholisch geprägt (bzw. es gibt nur sehr wenige Katholiken dort).

Eine Hexe oder ein Hexer waren jedoch eine andere Sachlage. Diese Vorwürfe kamen sehr oft aus dem einfachen Volk und wurden oft vor weltlichen Gerichten verhandelt. Ein typischer Fall einer angeblichen "Hexe" war die Mutter des Astronomen Johannes Kepler.

https://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Kepler

Sie wurde von einer anderen Frau nach einem geschäftlichen Streit (womöglich ging es schlicht um Geld?) der Hexerei bezichtigt, und die Anklage führte der Vogt von Leonberg, also kein Kirchenmann.

Dennoch ist auch das etwas komplizierter, es gab auch kirchliche Hexenprozesse, wobei die weltlichen vermutlich überwogen haben. Manche Kirchenleute stellten sich gegen diese Praxis, andere befürworteten sie. Es war also eine Gemengelage.

Die Inquisition befasste sich nicht (oder nur selten) mit Hexen, sondern mit Ketzern (Irrlehrern, Häretikern). Galilei wurde von der Inquisition untersucht, und die Anklage war ja nicht "Hexerei", sondern eben die angebliche "Irrlehre" von der Drehung der Erde um die Sonne.

Damals nahm die Kirche noch an, dass Tag und Nacht durch die Drehung der Sonne um die Erde entstehen würden, was natürlich falsch ist.

Die Hexenverfolgung ist keine Erfindung der Kirche gewesen. Zu Beginn der Hexenverfolgung im 13/14. Jahrhundert hat die Kirche die Hexenverfolgung abgelehnt, weil sie die Hexenkunst als eine Illusion des Teufels einschätzte die auf Aberglauben beruht. Da war die Hexenverfolgung eher eine Methode von lokalen Geistlichen nicht aber von der katholischen Kirche im Vatikan verursacht.

Erst viel später im 16. Jahrhundert erkannte die Katholische Kirche auf Druck der Bevölkerung und vieler lokaler Geistiger die Hexen als Gefahr an und in Europa hat der deutsche Geistliche Heinrich Kramer mit seinem Buch "Der Hexenhammer" eine von der Kirche akzeptierte Anleitung zur Hexenverfolgung geschaffen.

Hintergrund für die Zunahme der Hexenverfolgung war zunächst, dass man nach der Vertreibung von heidnischen und paganistischen Bevölkerungsgruppen nun eben auch neue Gefahren in der Gesellschaft identifzierte. Zu dieser Zeit gab es in Europa die kleine Eiszeit mit Schneefall bis in den Sommer und Ernteausfällen sowie Krankheit und viel Tod. Dies wurde den Hexen angelastet und sie wurden zunehmend verfolgt.

Zu beginn waren es Männer und Frauen die gleichermaßen der Zauberei beschuldigt wurden. Er später - durch die kirchliche Ideologisierung - wurden zunehmend Frauen beschuldigt, da Frauen eine Sucht nach Sex mit dem Teufel und ein schwächerer Glaube nachgesagt wurde.

Onlinekasper  29.05.2021, 18:00

Du ergänzt ziemlich gut was ich geschrieben habe.

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Viele Denunzianten aus dem Volk wollten so an das Vermögen von Personen kommen. Das macht man heute noch so in afrikanischen unterentwickelten Gebieten.